Melan­cho­li­scher Jür­gen Tar­r­ach singt Fado auf Deutsch

Mitten in der Ferienzeit 2019 präsentiert Schauspieler Jürgen Tarrach (58) sein Debut-Album mit Fado auf Deutsch. Auch ein Duett mit Vidina Popov (27), seiner Assistentin aus den Lissabon-Krimis der ARD ist dabei. Bald drehen sie die nächsten Folgen...
Fado auf Deutsch singen die Schauspieler Jürgen Tarrach und Vidina Popov im DuettFado auf Deutsch singen die Schauspieler Jürgen Tarrach und Vidina Popov im Duett

Deutscher Fado im Duett: Jürgen Tarrach und Vidina Popov. Foto: Sony Music

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Vom 16. August an gibt’s Fado, Por­tu­gals melan­cho­li­sches und tra­di­tio­nel­les Musik­gen­re, nun auch mit deut­schen Tex­ten: Schau­spie­ler Jür­gen Tar­r­ach (58) ver­öf­fent­licht in den Som­mer­fe­ri­en 2019 sein ers­tes Album, auf dem er Fado auf Deutsch singt.

„Zum Glück trau­rig“ heißt der Titel der Samm­lung, die bei Sony Music erscheint. Beglei­tet wird der bekann­te Mime, der unter ande­rem die Rol­le des Anwalts Edu­ar­do Sil­va in den Lis­sa­bon-Kri­mis der ARD spielt, bei sei­nem Debut als Fadista von Pia­no, Cel­lo und Gitar­re. Über die Idee für das Pro­jekt berich­te­ten wir erst­mals in unse­rem Arti­kel "Jür­gen Tar­r­ach sing mit Vidi­na Popov deut­schen Fado im Duett".

 

Melan­cho­li­scher Fado auf Deutsch: Dar­an ver­sucht sich Schau­spie­ler Jür­gen Tar­r­ach, auch mit Kol­le­gin und ARD-Kri­mi­as­sis­ten­tin Vidi­na Popov zusam­men. Foto: Poly­phon Pictures

 

Es sind trau­ri­ge, aber auch hei­te­re Geschich­ten, die der in Pots­dam leben­de Schau­spie­ler besingt. Sie han­deln vom Leben, von der Lie­be. Einer der Song-Höhe­punk­te auf Tarr­achs Album ist ein Duett mit Vidi­na Popov. Sein Titel: „Ein Schrei“. Die jun­ge Ber­li­ner Schau­spie­le­rin (27) tritt in den Don­ners­tags-Kri­mis aus Por­tu­gals Haupt­stadt als Assis­ten­tin Mar­cia Ama­ya auf.

Wir berich­te­ten mehr­fach über die Lis­sa­bon-Kri­mis – in die­sen Beiträgen:

Lis­sa­bon: Jür­gen Tar­r­ach ret­tet Vidi­na Popov aus dem Tejo

Jür­gen Tar­r­ach: Ver­liebt in Lissabon

ARD: Schum­me­lei bei Lissabon-Krimi

Vidi­na Popov lüf­tet Lis­sa­boner Striptease-Geheimnis

ARD: Lis­sa­bon wird Krimi-Hauptstadt

Zwei­ter Lis­sa­bon-Kri­mi abgedreht

 

Fado auf Deutsch ist von Lis­sa­bon inspiriert

 

Jür­gen Tar­r­ach mit sei­ner Crew für das Pro­jekt "Fado auf Deutsch". Foto: Sony Music

 

Tar­r­ach hat bei den Dreh­ar­bei­ten, wie er sagt, jeweils ver­sucht, „in die por­tu­gie­si­sche See­le ein­zu­tau­chen“. Zusam­men mit sei­nem lang­jäh­ri­gen Freund, dem Pia­nis­ten Ing­vo Clau­der, und Tex­ter Antek Krö­nung hat Tar­r­ach, der in der Ver­gan­gen­heit schon klei­ne­re Pro­gram­me fran­zö­si­scher Chan­sons vor­trug, ver­sucht, das por­tu­gie­si­sche Lebens­ge­fühl in zunächst zwölf deut­sche Fado-Songs zu übersetzen.

Clau­der ist bei dem Pro­jekt auch als Kom­po­nist, Arran­geur und Pro­du­zent dabei. Das Spiel der por­tu­gie­si­schen Gitar­re, unver­zicht­bar für authen­ti­schen Fado, liegt in den Hän­den des ein­hei­mi­schen Künst­lers Ber­nar­do Cou­to (39), eines wah­ren Kön­ners sei­nes Fachs: "Mit ihm haben wir einen der bes­ten Fado-Gitar­ris­ten Por­tu­gals gewin­ne kön­nen", freut sich Tarrach.

 

So klingt Fado auf Deutsch

 

Auf You­Tube gibt es bereits den Titel „Ich habe kei­ne Trä­nen“ vor­ab zu hören.

 

 

Am 2. Dezem­ber wird der Schau­spie­ler und Sän­ger das Debut-Album live bei einem Gesangs­abend in der Ber­li­ner Pas­si­ons­kir­che prä­sen­tie­ren. Frü­her ging's nicht, denn Tar­r­ach dreht im Herbst zwei Mona­te lang wie­der neue Fol­gen der Lis­sa­bon-Kri­mis – zusam­men mit Vidi­na Popov. Das bestä­tig­te die ARD auf Anfra­ge von "Algar­ve für Ent­de­cker". Tags dar­auf, am 3. Dezem­ber, ist der Schau­spie­ler und Sän­ger mit dem Pro­gramm in der Laeiszhal­le in Ham­burg zu Gast. Wei­te­re Ter­mi­ne sind für den März 2020 geplant.

 

Jür­gen Tar­r­ach über Melan­cho­lie im Fado auf Deutsch

 

„Am Fado begeis­tert mich die Melan­cho­lie, die als etwas Posi­ti­ves emp­fun­den wird. Ich bin nun Ende 50. Das pas­siert es täg­lich, dass man von irgend­et­was Abschied neh­men muss. Über ver­gan­ge­ne schö­ne Zei­ten ist man ein­fach trau­rig. Aber es hat auch etwas Lust­vol­les, sich an schö­ne Zei­ten zu erin­nern. Man kann die glück­li­chen Momen­te nicht mehr zurück­ho­len; dadurch ent­steht auto­ma­tisch Melan­cho­lie. Aber die Erin­ne­rung hat Bestand. Inso­fern emp­fin­de ich Melan­cho­lie als ein durch­aus schö­nes Gefühl.“ Jür­gen Tarrach

 

Unter­stützt, dass Fado auf Deutsch gesun­gen wird: Por­tu­gals Bot­schaf­ter in Ber­lin, João Mira Gomes, hier mit Jür­gen Tar­r­ach und Vidi­na Popov. Foto: KPRN

 

Tar­r­ach (58) ist nun der zwei­te männ­li­che Fado-Sän­ger Deutsch­lands – nach Tel­mo Pires (46). Des­sen Eltern waren 1974 mit ihm aus einem win­zi­gen nord­por­tu­gie­si­schen Dorf nach Deutsch­land gezo­gen. Mit dem ver­dien­ten Geld woll­ten sie, so berich­tet der Künst­ler, mög­lichst schnell in Por­tu­gal ein Haus bauen.

 

Por­tu­gie­si­scher Fado auf Deutsch, deut­scher Fado auf Portugiesisch

 

Bevor­zugt als Deutsch-Por­tu­gie­se Fado auf Por­tu­gie­sisch: Tel­mo Pires. Foto: Traumton

Pires wächst im Ruhr­ge­biet auf, hält aber übers Radio immer Kon­takt mit der Hei­mat. Als Kind und spä­ter auch als Jugend­li­cher begeis­tern ihn die Stim­men von Ama­lia Rodri­gues und Dul­ce Pon­tes. Der Por­tu­gie­se, zuvor der Rock-Musik zuge­neigt, bringt sich im „Ruhr­pott“ auto­di­dak­tisch die Kunst des Fado-Sin­gens bei. Spä­ter nimmt er Sprech- und Schau­spiel­un­ter­richt, gibt ers­te Kon­zer­te auf inter­na­tio­na­len Büh­nen. 2010 singt er ein­mal spon­tan in einer Lis­sa­boner Fado-Knei­pe. Ein Pro­du­zent, David Zac­ca­ria, der lang­jäh­ri­ge musi­ka­li­sche Lei­ter von Dul­ce Pon­tes, hört ihn, ist ange­tan, nimmt eine CD mit Pires auf. Seit­dem hat Pires ein hal­bes Dut­zend Alben ein­ge­spielt und verkauft.

Der Unter­schied zu Jür­gen Tar­r­ach: Pires, der Deutsch-Por­tu­gie­se, singt die Songs in sei­ner Hei­mat­spra­che Por­tu­gie­sisch. Spä­tes­tens im Novem­ber 2019 kann man den 46-Jäh­ri­gen, der haupt­säch­lich in Lis­sa­bon lebt, live in Ber­lin erle­ben. Er stellt sei­ne neue Pro­duk­ti­on vor.

„Era uma vez“ (Es war ein­mal), pro­du­ziert vom Ber­li­ner Label Traum­ton, ist der Titel-Song des Inter­pre­ten und Song­wri­ters, der durch­aus sati­risch das moder­ne Lis­sa­bon por­trä­tiert – das, in dem Fado-Kol­le­ge Tar­r­ach sei­ne Kri­mis dreht. Es ist das Lis­sa­bon, das von Tou­ris­ten­strö­men geflu­tet wird, wo die Mie­ten und die Grund­stück­prei­se stei­gen und vie­le Ein­woh­ner aus ihren ange­stamm­ten Vier­teln ver­trei­ben, wo Pop-Welt­star Madon­na sogar als neue Stadt­pa­tro­nin gefei­ert wird.

Pires singt davon, dass sich der Hype irgend­wann legen wer­de und man bis dahin wohl durch­hal­ten müs­se. Das ist nicht nur melan­cho­li­scher, son­dern auch aktu­el­ler und zeit­ge­mä­ßer Fado.

 

 

Zwei Fadi­stas sin­gen auf Deutsch und Portugiesisch

 

Man wird hören, wer die Melan­cho­lie als Fadista authen­ti­scher ver­kör­pert – der por­tu­gie­si­sche Musi­ker, der in Deutsch­land zum Fado kam und ihn in sei­ner Hei­mat­spra­che singt, oder der deut­sche Schau­spie­ler, der in Lis­sa­bon zum Gen­re fand und ihn in deut­sche Wor­te fasst.

 

Fado – eine kur­ze Einführung

 

Fado als urba­ne por­tu­gie­si­sche Musik ist in der Zeit zwi­schen 1820 und 1830 in der Haupt­stadt Lis­sa­bon ent­stan­den. Ihre Wur­zeln hat die folk­lo­ris­ti­sche Natio­nal­mu­sik der Por­tu­gie­sen in afro-bra­si­lia­ni­schen Tän­zen, zu denen man, als Bra­si­li­en Kolo­nie war, sang. Fado war zunächst ein Lied der Armen­vier­tel Lis­sa­bons, spä­ter sprang der Fun­ke vor allem auch nach Coim­bra über. In Taver­nen und Bor­del­len wur­de von Lie­be, Eifer­sucht, Schmerz, Leid und Sün­de, aber auch von sozia­len All­tags­pro­ble­men armer Arbei­ter und Flücht­lin­ge gesun­gen. Fado hat­te zu Beginn etwas Unan­stän­di­ges; die unte­re Schicht sang ihn, rauch­te dazu und trank bil­li­gen Rotwein.

 

Fado drückt Welt­schmerz und Melan­cho­lie aus

 

Im Vier­vier­tel-Takt wird im Fado geklagt und gelit­ten, wer­den Welt­schmerz und Melan­cho­lie aus­ge­drückt. Mehr­fach ist der Fado bereits für tot erklärt wor­den, doch neue Gene­ra­tio­nen von Fadi­stas pas­sen ihn immer wie­der an, machen ihn gewis­ser­ma­ßen zur "Welt­mu­sik". Aus den Revue-Thea­tern her­aus ent­wi­ckel­te er sich Anfang des 20. Jahr­hun­derts übers Radio und spä­ter das Fern­se­hen zu hoher Popu­la­ri­tät. Als in den 30er Jah­ren Dik­ta­tor Antó­nio Oli­vei­ra Sala­zar an der Macht war, ließ er all­zu kri­ti­sche Fado-Tex­te ver­bie­ten. Nach dem Krieg geriet die Musik in den Hän­den des Sala­zar-Regimes zum Mit­tel der Pro­pa­gan­da. Als die Nel­ken­re­vo­lu­ti­on die Zeit der Dik­ta­tur been­de­te, Mit­te der 70er Jah­re, galt Fado eine gewis­se Zeit lang als reaktionär.

 

Nach der Nel­ken­re­vo­lu­ti­on begann ein Höhenflug

 

Doch Anfang der 80er Jah­re erleb­te der Fado einen regel­rech­ten neu­en Höhen­flug, wur­de zum wich­tigs­ten kul­tu­rel­len Export­pro­dukt Por­tu­gals – und ein gutes Geschäft. Aller­dings ging es zu jener Zeit mit dem Vier­tel Lis­sa­bons, in dem die meis­ten Fado-Loka­le zu Hau­se waren, dem Bair­ro Alto, immer mehr berg­ab. Erst in den 90er Jah­ren kam der emo­tio­na­le Fado, der jedem ans Herz geht, auch den aus­län­di­schen Besu­chern Por­tu­gals, wie­der in Mode. Seit 2011 gehört die musi­ka­li­sche Visi­ten­kar­te Por­tu­gals zum UNESCO-Weltkulturerbe.

 

Welt­be­kann­tes Gesicht des zeit­ge­nös­si­schen por­tu­gie­si­schen Fados: Mari­za. Foto: CMO

 

Das Bild des Fado im Aus­land hat vor allem Amá­lia Rodri­gues, die 1999 gestor­be­ne "Köni­gin" die­ser Musik­gat­tung, geprägt: Dunk­le Haut, schwar­ze Haa­re, schwarz geklei­det, trau­ri­ge Lie­der mit vie­len Schluch­zern. Aber es gibt auch den fröh­li­chen, kraft­vol­len, leb­haf­ten Fado. Jun­ge Künst­ler fei­ern mit ihm und dem tra­di­tio­nel­len trau­ri­gen Fado im In- und Aus­land gro­ße Erfol­ge. Eini­ge bekann­te­re Inter­pre­ten sind zum Bei­spiel Mari­za, Ana Mou­ra, Dul­ce Pon­tes, Cama­né, Car­min­ho und ande­re. In der Sei­ten­spal­te oben rechts kön­nen Sie aus­ge­wähl­te CDs die­ser Künst­ler sehen.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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