Mit Betrug übers Internet haben auch Algarve-Touristen zunehmend Ärger. Berichtet haben wir bereits, wie Urlauber getäuscht und um ihr Geld gebracht werden. Jetzt schauen wir während der Internationalen Tourismusbörse ITB 2018 in Berlin auf die andere Seite: Wie werden Anbieter von Leistungen getäuscht und betrogen – von Verbrauchern? Lesen Sie hier die interessantesten Ergebnisse unserer Recherchen – zum Beispiel zu betrügerischen Beschwerden durch Kunden.
40 Prozent der Buchungen im Algarve-Tourismus geschehen übers Internet – zehn Prozent über Hotel-Webseiten und 30 Prozent über Online-Plattformen. Der Hotelverband AHETA sieht in diesem hohen Anteil von direkten Buchungen durch Touristen einen Angriffspunkt, den mehr und mehr Täter ausnutzen. “Die Behörden wissen das, reagieren aber in Bezug auf den Schutz der Unternehmen und der Touristen nur dürftig”, klagt AHETA-Präsident Elidérico Viegas im Gespräch mit mir.
Die Verbandsmitglieder sieht Viegas “mehr oder weniger vorbereitet” auf Online-Betrügereien. Hinzu kommt, dass die Zunahme von Online-Buchungen den aus Hotelier-Sicht unfairen Wettbewerb mit den privaten Vermietern von Ferien-Häusern, ‑Appartments und örtlichen Unterkünften (AL) noch anheizt. "Während die Hotels ihre Steuern zahlen, ist das bei privaten Vermietern nicht gesichert", so der AHETA-Präsident.
Zwei Fronten: Unfairer Wettbewerb und Betrug
Das nicht genehmigte Vermieten von Zimmern, Wohnungen oder Häusern an Touristen, egal ob innerhalb oder außerhalb registrierter Beherbergungsbetriebe, birgt zudem auch Sicherheitsrisiken. Laut Viegas werden solche “schwarz” betriebenen Unterkünfte stark von extremistischen Gruppen nachgefragt.
Die Zahlen des Verbands sprechen eine deutliche Sprache: 900.000 Passagiere, also zwei Drittel der auf dem Flughafen Faro ankommenden Feriengäste, und zwei Millionen portugiesische Urlauber wählen jeweils Unterkünfte außerhalb von Hotels. “Sicher, manche übernachten in eigenen Immobilien, aber wir dürfen nicht darüber hinweg sehen, dass sich hier ein paralleler Geschäftszweig mit privaten Unterkünften entwickelt hat”, sagt Viegas.
Nach seinen Angaben weist die Algarve eine Gesamtkapazität von rund 765.000 Betten auf. Davon sind 113.000 in örtlichen Unterkünften registriert – in 22.400 Villen und Apartments. Es gibt laut Verband an der Algarve rund 200.000 Zweitwohnsitze. Die Algarve-Hotels ihrerseits bieten derzeit 116.000 gemeldete Betten an. Geschätzt wird, dass die Umsatzbedeutung des privaten Vermietungsmarktes an der Algarve rund 270 Millionen Euro pro Jahr beträgt. In ganz Portugal stehen laut Verband 310.000 offiziellen Hotel-Betten sogar 314.000 in örtlichen Unterkünften gegenüber. Diese Entwicklung hat schon Mitte der 60er Jahre begonnen und ist durch subventionierte Billigfluggesellschaften noch verstärkt worden.
Die so genannte Schwarzvermietung von Wohnraum hat jedoch stark zugenommen, seitdem es Online-Plattformen wie Airbnb, Booking oder andere gibt. Laut AHETA entfallen zum Beispiel auf Airbnb bereits 13 Prozent aller Vermietungen an der Algarve. Acht Prozent finden in örtlichen Unterkünften oder Privathäusern statt.
Ein besonderer Dorn im Auge der Hoteliers sind bestimmte Start-ups. “Sie finden im Tourismus den idealen Bereich für unerlaubte Geschäfte, einschließlich solcher, die unter den Begriff ‘Sharing Economy’ fallen”, kritisiert Viegas. Er zitiert eine EU-Studie, wonach zwei Drittel der 235 Webseiten und Plattformen, über die im Internet Unterkünftsmöglichkeiten verkauft werden, unzuverlässig sind.
Betrug mit Konkursen oder falschen Kundenbeschwerden
Nach wie vor müssen sich die Algarve-Hotels auch mit betrügerischen Konkursverfahren von Reiseveranstaltern und anderen Agenturen plagen. Der meiste Online-Betrug jedoch hängt mit gestohlenen Kreditkarten und gefälschten Identitäten zusammen.
Ihre negativen Erfahrungen haben Algarve-Hotels auch mit betrügerischen Kundenbeschwerden gemacht. AHETA-Präsident Viegas verweist in diesem Zusammenhang vor allem auf Verbrauchervorwürfe, ihr Hotel- oder Restaurant-Essen habe angeblich zu Erkrankungen geführt: “Fast alle Mittelmeer-Destinationen sind betroffen, vor allem aber Spanien, die Algarve und Griechenland”.
Experten sehen hinter solchen betrügerischen Kundenbeschwerden spezialisierte Anwaltskanzleien als Treiber, die oft in Großbritannien ansässig sind und dort an hohen Kommissionen verdienen wollen. Viegas: “In England haben Urlauber drei Jahre Zeit, um sich gegebenenfalls zu beschweren. Kürzlich endete eine solche Verbraucherklage mit der Verurteilung eines Paars zu neun Monaten Gefängnis und zur Zahlung von 22.000 Euro Strafe, weil Betrug vorgelegen hatte”.
Häufigster Betrug: Unterkunft existiert gar nicht
Zu den häufigsten Betrugsfällen im Algarve-Tourismus zählen Hoteliers die Vermietung von Ferienhäusern, die gar nicht existieren oder in ganz anderen Regionen oder Ländern liegen. "Es werden übers Internet manche Angebote offeriert, die es gar nicht gibt, wie etwa Hotelunterkünfte, Transfers, Taxi- und Ausflugs-Fahrten", so Viegas. Er hofft auf baldige Entscheidungen der EU zu wirksamen Gegenmaßnahmen, fügt jedoch hinzu: “Weltweit wird im Tourismus nach wie vor nach der Erfolgsformel gesucht, wie diese Probleme im öffentlichen Interesse gelöst werden können. Jeder weiß aber: Betrug wird es immer geben.”