ITB: Bran­che kämpft gegen Betrug

Mit Betrug übers Internet haben auch Algarve-Touristen zunehmend Ärger. Berichtet haben wir bereits, wie Urlauber getäuscht und um ihr Geld gebracht werden. Jetzt schauen wir während der Internationalen Tourismusbörse ITB 2018 in Berlin auf die andere Seite: Wie werden Anbieter von Leistungen getäuscht und betrogen - von Verbrauchern? Lesen Sie hier die interessantesten Ergebnisse unserer Recherchen - zum Beispiel zu betrügerischen Beschwerden durch Kunden.
Betrug übers Internet ist Problem für Algarve-HotelsBetrug übers Internet ist Problem für Algarve-Hotels

Algarve-Hotels kämpfen vermehrt gegen Online-Betrug. Foto: Neonbrand

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Mit Betrug übers Inter­net haben auch Algar­ve-Tou­ris­ten zuneh­mend Ärger. Berich­tet haben wir bereits, wie Urlau­ber getäuscht und um ihr Geld gebracht wer­den. Jetzt schau­en wir wäh­rend der Inter­na­tio­na­len Tou­ris­mus­bör­se ITB 2018 in Ber­lin auf die ande­re Sei­te: Wie wer­den Anbie­ter von Leis­tun­gen getäuscht und betro­gen – von Ver­brau­chern? Lesen Sie hier die inter­es­san­tes­ten Ergeb­nis­se unse­rer Recher­chen – zum Bei­spiel zu betrü­ge­ri­schen Beschwer­den durch Kunden.

40 Pro­zent der Buchun­gen im Algar­ve-Tou­ris­mus gesche­hen übers Inter­net – zehn Pro­zent über Hotel-Web­sei­ten und 30 Pro­zent über Online-Platt­for­men. Der Hotel­ver­band AHETA sieht in die­sem hohen Anteil von direk­ten Buchun­gen durch Tou­ris­ten einen Angriffs­punkt, den mehr und mehr Täter aus­nut­zen. “Die Behör­den wis­sen das, reagie­ren aber in Bezug auf den Schutz der Unter­neh­men und der Tou­ris­ten nur dürf­tig”, klagt AHE­TA-Prä­si­dent Eli­dé­ri­co Vie­gas im Gespräch mit mir.

 

Dunk­le Geschäf­te: Man­cher betrügt übers Inter­net mit Unter­künf­ten, die es gar nicht gibt. Foto: Trent Erwin

 

Die Ver­bands­mit­glie­der sieht Vie­gas “mehr oder weni­ger vor­be­rei­tet” auf Online-Betrü­ge­rei­en. Hin­zu kommt, dass die Zunah­me von Online-Buchun­gen den aus Hote­lier-Sicht unfai­ren Wett­be­werb mit den pri­va­ten Ver­mie­tern von Feri­en-Häu­sern, ‑Appart­ments und ört­li­chen Unter­künf­ten (AL) noch anheizt. "Wäh­rend die Hotels ihre Steu­ern zah­len, ist das bei pri­va­ten Ver­mie­tern nicht gesi­chert", so der AHETA-Präsident.

 

Zwei Fron­ten: Unfai­rer Wett­be­werb und Betrug

 

Das nicht geneh­mig­te Ver­mie­ten von Zim­mern, Woh­nun­gen oder Häu­sern an Tou­ris­ten, egal ob inner­halb oder außer­halb regis­trier­ter Beher­ber­gungs­be­trie­be, birgt zudem auch Sicher­heits­ri­si­ken. Laut Vie­gas wer­den sol­che “schwarz” betrie­be­nen Unter­künf­te stark von extre­mis­ti­schen Grup­pen nachgefragt.

Die Zah­len des Ver­bands spre­chen eine deut­li­che Spra­che: 900.000 Pas­sa­gie­re, also zwei Drit­tel der auf dem Flug­ha­fen Faro ankom­men­den Feri­en­gäs­te, und zwei Mil­lio­nen por­tu­gie­si­sche Urlau­ber wäh­len jeweils Unter­künf­te außer­halb von Hotels. “Sicher, man­che über­nach­ten in eige­nen Immo­bi­li­en, aber wir dür­fen nicht dar­über hin­weg sehen, dass sich hier ein par­al­le­ler Geschäfts­zweig mit pri­va­ten Unter­künf­ten ent­wi­ckelt hat”, sagt Viegas.

310.000 regis­trier­te Hotel-Bet­ten gibt es in Por­tu­gal, aber noch mehr in pri­va­ten Unter­künf­ten. Foto: Sheraton

Nach sei­nen Anga­ben weist die Algar­ve eine Gesamt­ka­pa­zi­tät von rund 765.000 Bet­ten auf. Davon sind 113.000 in ört­li­chen Unter­künf­ten regis­triert – in 22.400 Vil­len und Apart­ments. Es gibt laut Ver­band an der Algar­ve rund 200.000 Zweit­wohn­sit­ze. Die Algar­ve-Hotels ihrer­seits bie­ten der­zeit 116.000 gemel­de­te Bet­ten an. Geschätzt wird, dass die Umsatz­be­deu­tung des pri­va­ten Ver­mie­tungs­mark­tes an der Algar­ve rund 270 Mil­lio­nen Euro pro Jahr beträgt. In ganz Por­tu­gal ste­hen laut Ver­band 310.000 offi­zi­el­len Hotel-Bet­ten sogar 314.000 in ört­li­chen Unter­künf­ten gegen­über. Die­se Ent­wick­lung hat schon Mit­te der 60er Jah­re begon­nen und ist durch sub­ven­tio­nier­te Bil­lig­flug­ge­sell­schaf­ten noch ver­stärkt worden.

Die so genann­te Schwarz­ver­mie­tung von Wohn­raum hat jedoch stark zuge­nom­men, seit­dem es Online-Platt­for­men wie Airbnb, Boo­king oder ande­re gibt. Laut AHETA ent­fal­len zum Bei­spiel auf Airbnb bereits 13 Pro­zent aller Ver­mie­tun­gen an der Algar­ve. Acht Pro­zent fin­den in ört­li­chen Unter­künf­ten oder Pri­vat­häu­sern statt.

Ein beson­de­rer Dorn im Auge der Hote­liers sind bestimm­te Start-ups. “Sie fin­den im Tou­ris­mus den idea­len Bereich für uner­laub­te Geschäf­te, ein­schließ­lich sol­cher, die unter den Begriff ‘Sha­ring Eco­no­my’ fal­len”, kri­ti­siert Vie­gas. Er zitiert eine EU-Stu­die, wonach zwei Drit­tel der 235 Web­sei­ten und Platt­for­men, über die im Inter­net Unter­künfts­mög­lich­kei­ten ver­kauft wer­den, unzu­ver­läs­sig sind.

 

Betrug mit Kon­kur­sen oder fal­schen Kundenbeschwerden

 

Mit Beschwer­den über Erkran­kun­gen nach Hotel-Essen ver­such­ten Gäs­te schon zu betrü­gen. Food-Foto: CHA

Nach wie vor müs­sen sich die Algar­ve-Hotels auch mit betrü­ge­ri­schen Kon­kurs­ver­fah­ren von Rei­se­ver­an­stal­tern und ande­ren Agen­tu­ren pla­gen. Der meis­te Online-Betrug jedoch hängt mit gestoh­le­nen Kre­dit­kar­ten und gefälsch­ten Iden­ti­tä­ten zusammen.

Ihre nega­ti­ven Erfah­run­gen haben Algar­ve-Hotels auch mit betrü­ge­ri­schen Kun­den­be­schwer­den gemacht. AHE­TA-Prä­si­dent Vie­gas ver­weist in die­sem Zusam­men­hang vor allem auf Ver­brau­cher­vor­wür­fe, ihr Hotel- oder Restau­rant-Essen habe angeb­lich zu Erkran­kun­gen geführt: “Fast alle Mit­tel­meer-Desti­na­tio­nen sind betrof­fen, vor allem aber Spa­ni­en, die Algar­ve und Griechenland”.

Exper­ten sehen hin­ter sol­chen betrü­ge­ri­schen Kun­den­be­schwer­den spe­zia­li­sier­te Anwalts­kanz­lei­en als Trei­ber, die oft in Groß­bri­tan­ni­en ansäs­sig sind und dort an hohen Kom­mis­sio­nen ver­die­nen wol­len. Vie­gas: “In Eng­land haben Urlau­ber drei Jah­re Zeit, um sich gege­be­nen­falls zu beschwe­ren. Kürz­lich ende­te eine sol­che Ver­brau­cher­kla­ge mit der Ver­ur­tei­lung eines Paars zu neun Mona­ten Gefäng­nis und zur Zah­lung von 22.000 Euro Stra­fe, weil Betrug vor­ge­le­gen hatte”.

 

Häu­figs­ter Betrug: Unter­kunft exis­tiert gar nicht

 

Vor ver­schlos­se­ner Tür: Im Inter­net abge­bil­de­te Unter­künf­te exis­tie­ren manch­mal gar nicht. Foto: Joan­na Nix

 

Zu den häu­figs­ten Betrugs­fäl­len im Algar­ve-Tou­ris­mus zäh­len Hote­liers die Ver­mie­tung von Feri­en­häu­sern, die gar nicht exis­tie­ren oder in ganz ande­ren Regio­nen oder Län­dern lie­gen. "Es wer­den übers Inter­net man­che Ange­bo­te offe­riert, die es gar nicht gibt, wie etwa Hotel­un­ter­künf­te, Trans­fers, Taxi- und Aus­flugs-Fahr­ten", so Vie­gas. Er hofft auf bal­di­ge Ent­schei­dun­gen der EU zu wirk­sa­men Gegen­maß­nah­men, fügt jedoch hin­zu: “Welt­weit wird im Tou­ris­mus nach wie vor nach der Erfolgs­for­mel gesucht, wie die­se Pro­ble­me im öffent­li­chen Inter­es­se gelöst wer­den kön­nen. Jeder weiß aber: Betrug wird es immer geben.”

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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