ITB: Algar­ve-Hote­liers froh und besorgt

In der boomenden Tourismusregion Algarve haben die Hotels 2017 in etwa wieder die profitablen Ergebnisse erzielt, die sie aus der Zeit vor Ausbruch der Finanzkrise kannten. Lesen Sie, wieviel der Umsatz und die durchschnittliche Auslastung zunahmen. In diesem Jahr wollen die Algarve-Hoteliers an der Südküste Portugals die guten Resultate der vergangenen drei bis vier Jahre konsolidieren. Sorgen macht die Vorstellung, dass britische und deutsche Urlauber wieder in die preiswerteren Sonnengebiete Nordafrikas und der Türkei zurückkehren und der Algarve untreu werden. Dazu unmittelbar vor dem Start der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin ein Interview mit Elidérico Viegas, dem Präsidenten des Verbands AHETA der Algarve-Hoteliers.
Algarve-Hoteliers machen sich Sorgen über die Zukunft des GeschäftsAlgarve-Hoteliers machen sich Sorgen über die Zukunft des Geschäfts

Hotelanlage an der Felsalgarve in der Nähe von Carvoeiro. Foto: Hans-Joachim Allgaier

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In der boo­men­den Tou­ris­mus­re­gi­on Algar­ve haben die Hotels 2017 in etwa wie­der die pro­fi­ta­blen Ergeb­nis­se erzielt, die sie aus der Zeit vor Aus­bruch der Finanz­kri­se kann­ten. Der Umsatz nahm um fast zehn Pro­zent zu, die durch­schnitt­li­che Aus­las­tung um fast zwei Pro­zent­punk­te. In die­sem Jahr wol­len die Algar­ve-Hote­liers an der Süd­küs­te Por­tu­gals die guten Resul­ta­te der ver­gan­ge­nen drei bis vier Jah­re kon­so­li­die­ren. Sor­gen macht die Vor­stel­lung, dass bri­ti­sche und deut­sche Urlau­ber wie­der in die preis­wer­te­ren Son­nen­ge­bie­te Nord­afri­kas und der Tür­kei zurück­keh­ren und der Algar­ve untreu wer­den. Ich sprach unmit­tel­bar vor dem Start der Inter­na­tio­na­len Tou­ris­mus­bör­se ITB in Ber­lin dar­über mit Elidéri­co Vie­gas, dem Prä­si­den­ten des Algar­ve-Hotel­ver­bands AHETA.

 

Steht dem AHE­TA-Ver­band der Algar­ve-Hote­liers vor: Eli­der­i­co Vie­gas. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Fra­ge: Von poli­ti­scher Insta­bi­li­tät betrof­fe­ne Regio­nen wie Nord­afri­ka, Ägyp­ten, die Tür­kei und Grie­chen­land sind dabei, sich zu erho­len. Rech­nen Sie damit, dass vie­le Tou­ris­ten, die auf ande­re Desti­na­tio­nen wie die Algar­ve aus­ge­wi­chen waren, dort­hin zurückkehren?

Vie­gas: Das wird haupt­säch­lich bei den Urlau­bern aus Groß­bri­tan­ni­en zu beob­ach­ten sein. Bei den Deut­schen rech­ne ich nicht damit. Schau­en Sie nur ein­mal auf deren Wachs­tums­ra­te in den Algar­ve-Hotels 2017. Die lag bei fast 18 Pro­zent, bei einem gleich­zei­ti­gen Rück­gang bei den Bri­ten um 8,5 Prozent.

Fra­ge: Weil Groß­bri­tan­ni­en Ihr Haupt­markt ist, hat sich der Rück­gang bei den bri­ti­schen Tou­ris­ten sicher stär­ker aus­ge­wirkt, als der Zuwachs bei den deut­schen. Aber wie sieht es auf den ande­ren Märk­ten aus?

 

Algar­ve-Hote­liers: Nicht vie­le deut­sche Urlau­ber keh­ren in Tür­kei zurück

 

Der Ver­band AHETA ver­tritt die Inter­es­sen der Algar­ve-Hote­liers. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Vie­gas: Alle ande­ren klei­ne­ren Märk­te wie Bel­gi­en, Frank­reich, Ita­li­en, Däne­mark, Polen, Schweiz und Schwe­den ent­sand­ten eben­falls mehr Urlau­ber. Wir wis­sen, dass vie­le Deut­schen sich ent­schie­den haben, nicht in ihr frü­he­res Urlaubs­land Tür­kei zurück­zu­keh­ren. Eine gro­ße Zahl derer, die zum ers­ten Mal hier zu uns an die Algar­ve rei­sen, kom­men spä­ter wie­der. Deren Zufrie­den­heit ist näm­lich sehr hoch. Unse­re größ­te Her­aus­for­de­rung ist es, dies zu erhalten.

Fra­ge: Was ist die größ­te Schwä­che des Algarve-Tourismus?

Vie­gas: Das ist die Sai­so­na­li­tät der Nach­fra­ge. Das Pro­blem ist nicht leicht zu lösen, sonst wäre es längst besei­tigt. Zunächst ein­mal ist das Wet­ter im Win­ter ein­fach etwas weni­ger attrak­tiv als im Som­mer. Gewöhn­lich geht man lie­ber an die die Algar­ve, wenn die meis­te Son­ne scheint. Aber es gibt sicher Tech­ni­ken, die Sai­so­na­li­tät zu ver­min­dern. Da müs­sen wir etwas tun. Wir soll­ten mehr Urlau­ber in den weni­ger gefrag­ten Mona­ten anzie­hen. Es muss also als ers­tes ein spe­zi­el­ler Pro­mo­ti­on-Plan her, mit dem die star­ke Kon­zen­tra­ti­on auf die Haupt­sai­son ent­zerrt wird. Da geschieht der­zeit prak­tisch nichts. Zwei­tens soll­ten wir in der Lage sein, spe­zi­ell in der Neben­sai­son zum Bei­spiel Sport- und Kul­tur-Events zu orga­ni­sie­ren, die für vie­le Leu­te attrak­tiv sind. Wenn es Events sind, über die auch die Medi­en berich­ten, bedeu­tet das dann sogar ganz­jäh­ri­ge Pro­mo­ti­on für die Urlaubs­re­gi­on Algarve.

Fra­ge: Was genau stel­len Sie sich da vor?

Vie­gas: Wir brau­chen etwa ein hal­bes Dut­zend gro­ßer Events, die durch ihre schie­re Grö­ße und ihre Aus­strah­lung einer­seits Men­schen an die Algar­ve brin­gen und ande­rer­seits als Image­wer­bung für die Regi­on die­nen. Das dür­fen kei­ne sin­gu­lä­ren Ver­an­stal­tun­gen sein, son­dern da muss es eine Kon­ti­nui­tät von Jahr zu Jahr geben. Die Stra­te­gie soll­te sein: Sol­che gro­ßen Events soll­ten die Algar­ve dau­er­haft im Bewusst­sein der Men­schen verankern.

 

Algar­ve-Hote­liers for­dern medi­en­wirk­sa­me Groß-Events

 

Fra­ge: Aber es gibt doch das neue Kul­tur­pro­gramm „365 Algar­ve“. Reicht das nicht aus?

Vie­gas: Das umfasst doch haupt­säch­lich Ver­an­stal­tun­gen, die es so oder so ähn­lich auch schon zuvor gab. Eini­ge von denen sind sehr inter­es­sant. Aber man kann doch nicht dar­auf set­zen, mit der Viel­zahl von rund 1.000 Ver­an­stal­tun­gen Urlau­ber von weit­her an die Algar­ve locken zu kön­nen. Man kann das in die­ser Brei­te so wei­ter­ma­chen, aber es braucht fünf oder sechs Groß­ver­an­stal­tun­gen, die als inter­na­tio­na­le Anker-Events fun­gie­ren, auch des­halb, um die­se 1.000 klei­nen regio­na­len eben­falls erfolg­rei­cher zu machen.

Fra­ge: Aber es gibt nicht weni­ge aus­län­di­schen Resi­den­ten an der Algar­ve, die die­se klei­nen Kul­tur-Events schät­zen. Soll­te man die vergraulen?

Vie­gas: Aber die meis­ten der aus­län­di­schen Resi­den­ten wis­sen doch nicht ein­mal, dass es die­se klei­nen Ver­an­stal­tun­gen über­haupt gibt. Es wird eine Men­ge Geld in klei­ne­re Ange­bo­te gesteckt, die inter­es­sant sein mögen. Aber wir soll­ten unse­re Kräf­te kon­zen­trie­ren, um ergän­zend dazu ein hal­bes Dut­zend sol­cher inter­na­tio­nal aus­strah­len­der Haupt­at­trak­tio­nen zu schaf­fen, die bei­des schaf­fen: Tou­ris­ten anzie­hen und die Sai­son­ab­hän­gig­keit der Regi­on vermindern.

Fra­ge: Sind die Algar­ve-Hote­liers bereit, sich auf die­sem Feld zu engagieren?

 

Die Algar­ve-Hote­liers for­dern eine hand­voll medi­en­wirk­sa­mer Groß-Events an der Süd­küs­te Por­tu­gals. Foto: Pine Cliffs

 

Vie­gas: Es gibt bereits eini­ge Hotels, die eige­ne gro­ße Som­mer-Par­tys orga­ni­sie­ren. Das sind indi­vi­du­el­le Mög­lich­kei­ten, die sie da nut­zen. Lei­der haben wir noch nicht die Kraft und das Orga­ni­sa­ti­ons­ver­mö­gen auf­ge­bracht, gemein­sa­me Akti­vi­tä­ten auf die Bei­ne zu stel­len. Des­halb soll­ten zunächst ein­mal die offi­zi­el­len Insti­tu­tio­nen vor­an­ge­hen. Wir wer­den aber bereit sein, sol­che Vor­ha­ben so lan­ge zu unter­stüt­zen, bis sie sich wirt­schaft­lich selbst tra­gen. Groß­ver­an­stal­tun­gen auf die Bei­ne zu stel­len, erfor­dert vor­ab hohe Inves­ti­tio­nen. Es soll­te des­halb einen gut struk­tu­rier­ten Plan, eine Stra­te­gie geben, die es für den pri­va­ten Sek­tor attrak­tiv macht mitzuwirken.

 

Algar­ve-Hote­liers neh­men Schul­ter­sai­son ins Visier

 

Fra­ge: Wo wol­len die Algar­ve-Hote­liers beim Kampf gegen die Sai­son­ab­hän­gig­keit haupt­säch­lich ansetzen?

Vie­gas: Wir wol­len vor allem schau­en, was wir in der so genann­ten Schul­ter­sai­son ver­bes­sern kön­nen: April, Mai, Juni, Sep­tem­ber und Okto­ber. Im Juli und August sind unse­re Hotels ohne­hin voll. Aber in den attrak­ti­ven Mona­ten vor­her und nach­her stel­len wir unser Pro­dukt ja eben­falls zur Ver­fü­gung. Da kön­nen wir viel machen. Zum Bei­spiel im April und Mai ist noch erheb­li­che Kapa­zi­tät ver­füg­bar. Die Prei­se dann sind schon bis zu 50 oder 60 Pro­zent nied­ri­ger als in Spit­zen­zei­ten, da kann man nicht mehr viel reduzieren.

 

In der Schul­ter­sai­son kön­nen die Algar­ve-Hotels ihre Aus­las­tung noch ver­bes­sern. Foto: Pestana

 

Fra­ge: Reicht die Wer­bung aus?

Vie­gas: Wir brau­chen vor allem bes­se­re Pro­mo­ti­on. Dar­in liegt das gan­ze Geheim­nis, wenn sie den Ver­kauf ankur­beln wol­len; Sie müs­sen dann ein­fach mehr wer­ben, sonst geht es nicht. Das weiß jeder.

Fra­ge: Müss­te im Win­ter nicht mehr getan wer­den, um wie­der mehr Sport­ver­ei­ne aus deutsch­spra­chi­gen Län­dern zu Trai­nings an die Algar­ve zu holen?

Vie­gas: Das Aus­blei­ben deut­scher Fuß­ball-Bun­des­li­ga­mann­schaf­ten 2017 ist ein guter Hin­weis dar­auf, was man tun soll­te, um die Neben­sai­son attrak­ti­ver zu machen. Es gab eine Zeit, in der die Algar­ve ganz vie­le Fuß­ball- und Leicht­ath­le­tik-Teams im Win­ter zu Besuch hat­te. Aber war­um sind die schließ­lich weg­ge­blie­ben? Weil wir ihnen nicht die rich­ti­gen Bedin­gun­gen gebo­ten haben, um wie­der­zu­kom­men! Wir hät­ten zum Bei­spiel längst eine medi­zi­ni­sche Kli­nik zur Behand­lung von Spit­zen­sport­lern errich­ten sol­len. Dann bräuch­te nie­mand mehr zurück nach Hau­se zu flie­gen, wenn er sich im Win­ter­trai­nings­la­ger hier ver­letzt hat. Auch müss­ten wir in der Lage sein, in der kur­zen Win­ter­pau­se Tur­nie­re und Wett­be­wer­be zu orga­ni­sie­ren für sol­che Mann­schaf­ten, die hier ihr Trai­nings­la­ger ver­an­stal­ten. Dar­aus hät­ten wir pro­ak­tiv unse­ren Vor­teil zie­hen müssen.

Fra­ge: Gilt hier im Prin­zip das glei­che wie für hoch­ka­rä­ti­ge Kulturevents?

Vie­gas: Genau! Zu sol­chen sport­li­chen Anläs­sen rei­sen vie­le Jour­na­lis­ten mit an und berich­ten auch über Land und Leu­te. Man darf nicht jedes Win­ter­trai­nings­la­ger iso­liert sehen, son­dern in Kom­bi­na­ti­on mit den ande­ren. Die ört­li­chen Teams hier ste­cken in ihren natio­na­len Meis­ter­schaf­ten; die sind für Wett­be­wer­be nicht ver­füg­bar. Des­halb müss­ten wir für die sport­li­chen Gäs­te aus dem Aus­land Mann­schafts­tur­nie­re organisieren.

 

Algar­ve-Hote­liers sehen in Golf-Rei­sen ein funk­tio­nie­ren­des Produkt

 

Golf­rei­sen sind ein sehr gut funk­tio­nie­ren­des Pro­dukt für Algar­ve-Hotels. Foto: Pine Cliffs

 

Fra­ge: Wie weit ist die Algar­ve bis­her damit gekom­men, die Kun­den an sol­che Dienst­leis­tun­gen zu gewöh­nen, die als ein attrak­ti­ves Pro­dukt kon­su­miert wer­den können?

Vie­gas: Solch ein Pro­dukt müs­sen wir erst noch schaf­fen. Im Golf hin­ge­gen klappt es. Da haben wir her­vor­ra­gen­des Pro­dukt. Die Hoch­sai­son im Golf fin­det wäh­rend der Neben­sai­son im Bade-Tou­ris­mus statt. Das funk­tio­niert bes­tens. Die Golf­plät­ze der Algar­ve neh­men mehr Green Fees, also Gebüh­ren für Golf­run­den, ein, als jeder ande­re Platz in der Welt: 35.827 Green Fees pro Golf­platz und Jahr. Der inter­na­tio­na­le Durch­schnitt liegt mei­nes Wis­sens nach bei 14.000 oder 15.000 Green­fees. Wir lie­gen also um mehr als das Dop­pel­te dar­über. Die rund 40 Golf­plät­ze an der Algar­ve gehö­ren somit zu unse­ren erfolg­reichs­ten Produkten.

Fra­ge: Ist es beim Bemü­hen um ganz­jäh­ri­ge Attrak­ti­vi­tät der Algar­ve nicht kon­tra­pro­duk­tiv, im Win­ter so vie­le Hotels zu schließen?

 

Von der Zen­tra­le des AHE­TA-Ver­bands blickt Prä­si­dent Eli­der­i­co Vie­gas auf Alb­ufei­ra. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Vie­gas: Im Win­ter sind geschätzt etwa 40 bis 50 Pro­zent der Bet­ten­ka­pa­zi­tät in der Algar­ve nicht ver­füg­bar. Eini­ge der vor­über­ge­hend geschlos­se­nen Hotels, vor allem die klei­ne­ren, öff­nen aber zu beson­de­ren Gele­gen­hei­ten wie Weih­nach­ten, Jah­res­wech­sel und Kar­ne­val. Wie die ande­ren Märk­te funk­tio­niert auch der deut­sche eigent­lich nur in der Haupt­rei­se­zeit zwi­schen April und Okto­ber wirk­lich gut. Für Hotels ist es immer schwie­rig, Rei­se­ver­an­stal­ter davon zu über­zeu­gen, dass sie im Rest des Jah­res Tou­ris­ten für die Algar­ve inter­es­sie­ren kön­nen. Und wenn die Tou­ris­ten nicht kom­men, macht es wenig Sinn, die Hotels offen zu halten.

Fra­ge: Mehr Buchungs­mög­lich­kei­ten im Inter­net, güns­ti­ge Ange­bo­te von Bil­lig­flie­gern: Reicht das alles nicht aus, um die Neben­sai­son attrak­ti­ver zu machen?

Vie­gas: Das hat sicher­lich einen neu­en Markt geschaf­fen, auch für die Neben­sai­son. Wir begrü­ßen das als eine der Lösun­gen, mit denen man die Sai­son­ab­hän­gig­keit bekämp­fen kann. Auch Ange­bo­te in den Berei­chen Rad­fah­ren, Wan­dern, Vogel­be­ob­ach­tung sind ganz nett. Aber das Gan­ze soll­te zu einem attrak­ti­ven Gesamt-Pro­dukt Algar­ve gebün­delt wer­den, um gut bewor­ben wer­den zu kön­nen. Der Kon­su­ment muss mit dem Vor­schlag eines inte­grier­ten Pakets erreicht wer­den, das er ger­ne kauft, um zu uns kommen.

 

Algar­ve-Hote­liers kri­ti­sie­ren "Wer­bung ohne Produkt"

 

Fra­ge: Ein gutes Image von Por­tu­gal und der Algar­ve rei­chen also offen­sicht­lich nicht aus?

Vie­gas: Nur Image­wer­bung für Por­tu­gal zu betrei­ben, ist heut­zu­ta­ge nicht genug. Wenn sie etwas bewer­ben, wol­len sie es ja auch ver­kau­fen. Wenn sie etwas ver­kau­fen wol­len, müs­sen sie ein ent­spre­chen­des Pro­dukt haben. Obwohl Wer­bung und Pro­mo­ti­on in der Ver­ant­wor­tung der Behör­den lie­gen, soll­ten sie mehr und mehr in Part­ner­schaft mit dem pri­va­ten Bereich gesteu­ert wer­den. Der­zeit wer­den Por­tu­gal und die Algar­ve bewor­ben, aber sie kön­nen das Pro­dukt dazu nicht kau­fen, selbst wenn sie es wollen…

Fra­ge: War­um sind die Arbeits­ver­hält­nis­se in der Algar­ve-Hotel­le­rie manch­mal in der Kri­tik und füh­ren zu Streiks?

Vie­gas: Streiks im Hotel­ge­wer­be sind meist nur eine Sache von ein paar Leu­ten. Manch­mal gehö­ren nicht ein­mal die Gewerk­schafts­mit­glie­der zu denen, die in den Arbeits­aus­stand tre­ten. Es ist wahr, dass die Löh­ne sehr nied­rig sind. Aber man muss sie ins Ver­hält­nis zur Pro­duk­ti­vi­tät stel­len und dann sind sie wie­der­um sehr hoch. War­um? Der größ­te Teil der Leu­te hat gar nicht genü­gend Qua­li­fi­ka­ti­on, um sei­nen Job in der Tou­ris­mus­in­dus­trie aus­zu­fül­len. Wir brau­chen mehr Men­schen, die mehr leis­ten kön­nen. Dann kön­nen wir auch mehr zah­len. Gleich­zei­tig man­gelt es gene­rell an ver­füg­ba­ren Arbeits­kräf­ten. Das führt zu noch mehr Ungleich­ge­wicht zwi­schen Bezah­lung und Pro­duk­ti­vi­tät, denn um über­haupt genü­gend Jobs beset­zen zu kön­nen, müs­sen wir schon mehr als ver­tret­bar zahlen.

Fra­ge: Ver­schärft die Abhän­gig­keit von der Spit­zen­sai­son das Pro­blem noch?

Vie­gas: Na klar, denn es ist schwie­rig, Leu­te für nur sechs Beschäf­ti­gungs­mo­na­te zu gewin­nen, wenn sie anschlie­ßend die übri­gen sechs Mona­te zuhau­se blei­ben kön­nen. Was der­zeit pas­siert ist, dass unse­re Beschäf­tig­ten im Som­mer sehr viel län­ger arbei­ten als nur acht Stun­den pro Tag. Aber im Win­ter sind sie nur offi­zi­ell beschäf­tigt und glei­chen viel­mehr die Über­stun­den aus dem Som­mer aus. Die Arbeits­lo­sen­zah­len erschei­nen also gering, weil die Men­schen offi­zi­ell beschäf­tigt blei­ben und ihre Über­stun­den aus dem Som­mer abbau­en. Das ist kei­ne idea­le Situa­ti­on, aber das machen die Hotels so, um den Man­gel an Arbeits­kräf­ten zu besei­ti­gen. Die Mit­ar­bei­ter fin­den das gene­rell auch gut, denn obwohl sie im Som­mer län­ger als nor­mal arbei­ten müs­sen, blei­ben sie im Win­ter offi­zi­ell beschäf­tigt und brau­chen ein paar Mona­te lang nicht zum Dienst zu kom­men. Und die Hotels sichern sich dadurch für den nächs­ten Som­mer eine aus­rei­chen­de Personalkapazität.

Fra­ge: Algar­ve-Hote­liers suchen hän­de­rin­gend nach qua­li­fi­zier­tem Per­so­nal, haben aber Pro­ble­me bei der Beset­zung von Stel­len. Warum?

Vie­gas: Bei den Job­bör­sen der Hotels erschei­nen oft Leu­te, wel­che nicht wirk­lich gebraucht wer­den: Uni-Absol­ven­ten, Büro­kräf­te usw.. Bedarf besteht eher an Küchen­hil­fen, Ser­vie­rern, Putz­hil­fen, Gärt­nern, Haus­meis­tern usw. Es gibt genü­gend spe­zia­li­sier­te Fach­kräf­te, die ver­füg­bar sind, aber davon brau­chen wir nicht so vie­le. Das Land wird sich in die Lage brin­gen müs­sen, für sol­che Jobs mehr Zuwan­de­rer ins Land zu las­sen. Das war frü­her schon ein­mal so, aber durch die Finanz­kri­se von 2008 sind vie­le in ihre Hei­mat­län­der zurück­ge­kehrt. Nun brau­chen wir wie­der solch eine Lösung, nicht nur für den Tou­ris­mus. Es man­gelt über­all an Arbeits­kräf­ten. Des­halb soll­te es wie­der eine mehr oder weni­ger kon­trol­lier­te Zuwan­de­rung geben. In Wirk­lich­keit kann man nicht wirk­lich alles kon­trol­lie­ren, wenn die Gren­zen wie­der offen sind für Immigranten…

 

Ein archi­tek­to­ni­scher Hin­gu­cker ist die Ver­bands­zen­tra­le von AHETA in Alb­ufei­ra. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Algar­ve-Hote­liers ver­lo­ren nach Mon­arch-Plei­te 30 Mil­lio­nen Euro

 

Fra­ge: 2017 ging die bri­ti­sche Bil­lig­flug­ge­sell­schaft Mon­arch ging plei­te, in Deutsch­land wur­de Air Ber­lin insol­vent. Wie hat das die Algar­ve-Hote­liers beeinflusst?

Vie­gas: Es wird sicher auch noch ande­re Luft­ver­kehrs­un­ter­neh­men tref­fen, eben­so Rei­se­ver­an­stal­ter. So funk­tio­niert eben unser Wirt­schafts­sys­tem. Wenn ein Rei­se­ver­an­stal­ter zah­lungs­un­fä­hig wird, ver­lie­ren die Hotels natür­lich Geld. Die Mon­arch-Plei­te hat uns durch die ver­bun­de­nen Tour Ope­ra­tors rund sie­ben Mil­lio­nen Euro an Ver­lus­ten aus nicht bezahl­ten Auf­ent­hal­ten beschert. Nicht ein­ge­rech­net ist der Weg­fall künf­ti­ger Buchun­gen. Wenn man das addiert, kommt man auf 30 Mil­lio­nen Euro. Här­ter trifft es bei Insol­ven­zen von Flug­li­ni­en die Airports.

Fra­ge: Wie soll­te nach Mei­nung des Ver­bands der Algar­ve-Hote­liers die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur der Regi­on ver­bes­sert werden?

Vie­gas: Das Eisen­bahn­sys­tem und das Ver­kehrs­netz der Algar­ve sind ein gutes Bei­spiel dafür, wie die zen­tra­le Regie­rung in Lis­sa­bon mit unse­rer Regi­on umgeht. Das Gefühl der Leu­te hier ist, dass Lis­sa­bon die Bewoh­ner der Algar­ve nicht gut behan­delt. Obwohl unser Bei­trag zur Wirt­schaft des Lan­des hoch ist, wird die Algar­ve gewis­ser­ma­ßen ver­ges­sen, wenn man sich die Infra­struk­tur anschaut. Nie­mand glaubt, dass eine Eisen­bahn-End­sta­ti­on mehr als einen Kilo­me­ter vom Air­port ent­fernt eine gute Idee sein kann. Es könn­te sein, dass wir einer der weni­gen Flug­hä­fen der Welt sind, der kei­ne unmit­tel­ba­re Zug­an­bin­dung hat. Und war­um ist die Algar­ve-Linie noch immer nicht elek­tri­fi­ziert wor­den? Es ist nicht zu akzep­tie­ren, dass die Algar­ve die ein­zi­ge Regi­on des Lan­des ohne Zug­ver­kehr mit E‑Loks ist.

 

Algar­ve-Hote­liers: Regie­rung inves­tiert kaum in Verkehrs-Infrastruktur

 

Es ist höchs­te Zeit, den Zug­ver­kehr in Faro bis zum Air­port zu füh­ren, sagt der Hote­lier-Ver­band AHETA. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Fra­ge: Die Algar­ve ist gewis­ser­ma­ßen das schi­cke Wohn­zim­mer Por­tu­gals, aber war­um inves­tiert die Regie­rung hier so wenig – auch in Sachen Straßenverkehr?

Vie­gas: Was zum Bei­spiel mit der N 125 pas­siert bzw. nicht pas­siert, ist unglaub­lich. Übri­gens hät­te auch ein neu­es Zen­tral­kran­ken­haus der Algar­ve schon seit Jah­ren gebaut wer­den müs­sen. Aber nichts ist gesche­hen, es gab nur Ver­spre­chen. Zurück zum Ver­kehr. Wir haben es in Por­tu­gal geschafft, das kom­pli­zier­tes­te Maut­sys­tem auf der Erde zu erfin­den. Unglaub­lich! Es ist wirk­lich für alle sehr kom­pli­ziert… Die Algar­ve hat wegen der kri­ti­schen Medi­en­be­richt­erstat­tung über die Maut sehr viel an Renom­mee eingebüßt.

Fra­ge: Was hal­ten die Algar­ve-Hote­liers von den Ölbohr-Plä­nen der Regierung?

Vie­gas: Es gibt noch ein übrig­ge­blie­be­nes Pro­jekt vor der Küs­te von Alje­zur, aber das ist kein wich­ti­ges. Schluss­end­lich wird auch die­ses abge­sagt wer­den müs­sen. Denn die ande­ren sind eben­falls schon gestoppt. Für die Gesell­schaft, wel­che die Explo­ra­ti­ons-Lizenz erteilt bekom­men hat, rech­net es sich doch nicht, nur auf einem ein­zi­gen Feld nach Öl und Gas zu suchen. Anders wäre das gewe­sen, wenn alle Lizen­zen ent­lang der Küs­te und im Bin­nen­land zum Tra­gen gekom­men wären. Allein das Pro­jekt vor Alje­zur vor­an­zu­trei­ben, dürf­te nicht pro­fi­ta­bel sein. Letzt­end­lich wird die Regie­rung ver­mut­lich die Lizenz ent­zie­hen, weil die Betrei­ber­ge­sell­schaft nicht das Erfor­der­li­che tut, um die Geneh­mi­gung auf­recht­zu­er­hal­ten. Ich bin fast sicher, dass dies bald vor­bei ist.

 

Hin­weis der Redak­ti­on: Wir haben bereits an ande­rer Stel­le dar­über berich­tet, wie sich die Hotel­prei­se 2017 an der Algar­ve ent­wi­ckelt haben.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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