Trotz Tankwagenfahrer-Streiks: Portugals Flughäfen mit Kerosin versorgt
In Portugal hat am Montagmorgen um null Uhr ein unbefristeter Streik der Tankwagenfahrer begonnen. Mitten in der Ferienzeit rechnet das Land mit deutlich spürbaren Auswirkungen – vor allem an der Algarve, der wichtigsten Touristen-Region des Landes. Dort verdreifacht sich während des Hochsaison-Monats August die Einwohnerzahl.
Ministerpräsident Antonio Costa sagte am Sonntag, die von der Regierung per Verordnung festgelegte Mindestversorgung der Tankstellen mit 50 bis 100 Prozent der normalen Kraftstoffmengen werde die Folgen des Ausstands mildern, aber nicht völlig beseitigen können. Bei dem Streik geht es um im Mai vereinbarte Lohnerhöhungen für 2020 und gestaffelte weitere Anhebungen für die kommenden zwei Jahre.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Portugals Flughäfen Lissabon und Faro mit Tankwagen versorgt
- 2 Wie funktioniert an Portugals Flughäfen die Treibstoff-Versorgung?
- 3 Update 11 Uhr: Regierung sieht Mindestversorgung als erbracht an
- 4 Update 16:00 Uhr: Zwei Drittel der Tankstellen bieten alles
- 5 Update 21:00 Uhr: Beschlagnahmung von Tankwagen angeordnet
- 6 Portugals Flughäfen haben Priorität, aber ansonsten schwere Streikfolgen im Alltag?
- 7 Lage an Portugals Flughäfen und anderswo: Berichte der vergangenen Tage
Portugals Flughäfen Lissabon und Faro mit Tankwagen versorgt
Die strategische Treibstoffreserve des Landes reiche für 90 Tage, ließ Innenminister Eduardo Cabrita am Sonntag wissen. Ein Problem liegt nach Regierungsangaben aber in der Verteilung. Der Kraftstoff-Verbrauch in den ersten elf Tagen des Augusts ist in Portugal bereits doppelt so hoch gewesen wie normal. Regierungschef Costa hob hervor, dass die Flughäfen Lissabon und Faro mit der vollen Kapazität versorgt würden. Beide Airports verfügen nicht über Kerosinleitungen, die sie mit Raffinerien verbinden, sind also auf Tankwagen-Belieferung angewiesen.
Die Regierung betonte, dass sie das Streikrecht achte und für die Einhaltung sorge. Gleichzeitig betonte sie ihre Option, zivile Tankwagen staatlich requirieren und von Personal des öffentlichen Dienstes steuern lassen zu können, falls die Tarifkontrahenten der Verpflichtung nicht nachkommen sollten, die Mindestversorgung zu garantieren.
Wie funktioniert an Portugals Flughäfen die Treibstoff-Versorgung?
Am Sonntag warf der portugiesische Spediteursverband ANTRAM den beiden streikwilligen Gewerkschaften der Gefahrgut- und Fracht-Lkw-Fahrer vor, nicht ihrer Pflicht nachzukommen und die Liste der Mitglieder vorzulegen, die bis Mitternacht ihren Dienst antreten wollen. Laut Regierungsinformationen forderten die Arbeitgeber daraufhin die Beschäftigten direkt auf, bis 6:30 Uhr zur Arbeit zu erscheinen, um die Mindestversorgung aufzunehmen. Die Gefahrgutfahrer-Gewerkschaft versicherte, ihre Mitglieder seien „bereit, die Mindestleistungen zu erbringen".
Die Regierung will am Montagmorgen prüfen, ob dies in ausreichendem Maße der Fall ist und dann gegebenenfalls staatliches Personal auf beschlagnahmten Tankwagen einzusetzen. „Wir wollen natürlich, dass alles zum Besten ausgeht, aber wir müssen uns auf das Schlimmste vorbereiten", sagte Ministerpräsident Costa. Portugals Flughäfen sollen garantiert mit 100 Prozent der normalen Menge beliefert werden. Eine Polizistengewerkschaft kritisierte die ihrer Meinung nach "arrogante Haltung" des Regierungschefs zu der Frage, ob wenig bis kaum trainierte Polizeibeamte und Soldaten in der Lage seien, Tankwagen zu übernehmen und sicher zu steuern.
Update 11 Uhr: Regierung sieht Mindestversorgung als erbracht an
Ministerpräsident António Costa bekräftigte am späten Montagvormittag nach einem Informationsbesuch im Lagezentrum, dass die Mindestversorgung erbracht werde. Die Regierung werde vorerst nicht mit der Einziehung ziviler Fahrzeuge und Besetzung mit Fahrern des öffentlichen Dienstes fortfahren. Bis auf ein oder zwei konkrete Fälle verlaufe die Versorgung des Landes reibungslos. Costa dankte ausdrücklich den Gewerkschaften für ihre Mitwirkung.
Der Regierungschef lobte ferner die "Gelassenheit und Weisheit", mit der sich die Einwohner auf die einschränkungen infolge des Tankwagenfahrer-Streiks einstellten. Den Tarifkontrahenten, die sich am Vormittag gerneut egenseitig mit Vorwürfen überzogen, riet Costa, "dass beide Parteien die Gelegenheit nutzen, sich wieder an den Tisch zu setzen, um diesen Konflikt zu verhandeln und zu lösen".
Flughafen Faro wurde Sonntag vollgetankt
Der Fernsehsender RTP berichtete aus der Tourismusregion Algarve, dass in Faro eine zum strategischen Notfall-Netz gehörende Tankstelle am Montagvormittag keinen Diesel-Treibstoff mehr anbieten könnten. An der gesamten Südküste, im Moment Urlaubsziel vor allem vieler Portugiesen und Spanier, aber auch Gäste aus anderen Ländern, gebe es drei Tankstellen des REPA-Notfallnetzes, die leergepumpt seien. Auch an den meisten Stationen außerhalb des Netzes gebe es keinen Kraftstoff mehr zu tanken. Die Situation sei aber nicht ernst. Laut RTP wurde der Flughafen Faro am Sonntag betankt, so dass in den nächsten drei Tagen kein Treibstoffmangel zu befürchten sei.
Update 16:00 Uhr: Zwei Drittel der Tankstellen bieten alles
Eine Statistik des Internetportals "Já Não Dá Para Abastecer" (übersetzt etwa: Hier kann nicht mehr getankt werden), das über die Verfügbarkeit von Kraftstoffen an Tankstellen im ganzen Land berichtet, meldete am Montagnachmittag, dass zwei Drittel aller Tankstellen in Portugal derzeit alle Kraftstoffarten anbieten. Jeweils 17 Prozent könnten nur teilweise liefern oder seien wegen ausgebliebenen Nachschubs leergezapft. Danach gab es am Montagnachmittag keinen Diesel-Kraftstoff mehr an 892 von 2.063 überprüften Tankstellen und Benzin nicht mehr an 650 von 2.305 kontrollierten Stationen. Die Zuverlässigkeit der Angaben schwankt, weil sie auf freiwilligen Meldungen von teilnehmenden Autofahrern beruhen. Wie die aktuell von der Plattform Já Não Dá Para Abastecer gemeldete Situation an der Algarve und in anderen Landesteilen aussieht, können Sie sich auf der oben gezeigten Karte ausschauen.
Unterdessen scheinen Autofahrer, die sich im Grenzgebiet zu Spanien bewegen, auf dortige Tankstellen, die den Kraftstoff zudem noch preiswerter anbieten, auszuweichen. So werden etwa aus dem Raum Huelva in Andalusien lange Schlangen vor den Stationen gemeldet.
Update 21:00 Uhr: Beschlagnahmung von Tankwagen angeordnet
Portugals Regierung entschied am Abend, auch beschlagnahmte Tankwagen einzusetzen, um die vorgeschriebene Mindestversorgung der Tankstellen mit Kraftstoffen sicherzustellen. Die zivilen Lkw sollen von Polizisten und Soldaten gesteuert werden. Am ersten Tag des unbefristeten Streiks hatte es vor allem an der Algarve und in der Hauptstadt Lissabon Engpässe in der Belieferung gegeben.
Portugals Flughäfen haben Priorität, aber ansonsten schwere Streikfolgen im Alltag?
Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass sich viele Menschen im Lande in den vergangenen Tagen bevorratet und somit auf Lieferengpässe eingestellt haben. „Wir haben aber nicht die Illusion, dass der Streik keine schweren Folgen für das Leben und das normale Funktionieren der Gesellschaft haben wird", fügte der Regierungschef hinzu.
Sein Kabinett hatte den Energienotstand erklärt. Dieser gilt bis zum 21. August um Mitternacht. Die Treibstoffversorgung eines definierten Notfall-Tankstellennetzes im Lande ist damit gesichert, die Tankmengen sind aber bis auf Ausnahmen für bestimmte Fahrzeuge im Dienst der öffentlichen Versorgung und Sicherheit limitiert.
Lage an Portugals Flughäfen und anderswo: Berichte der vergangenen Tage
Hier erfahren Sie, was wir in der vergangenen Tagen über die Situation berichtet haben:
Sonntag, 11. August: Streik trifft viele Touristen
Samstag, 10. August: Streik trifft Portugal-Verkehr mitten in den Ferien
Freitag, 9. August: Wegen Streiks: Tank-Tipps für Algarve-Fahrer