Streik in Portugal: Beschlagnahmte Tankwagen versorgen mit Sprit
Auch beschlagnahmte Tankwagen setzt Portugals Regierung ein, um die vorgeschriebene Mindestversorgung der Tankstellen mit Kraftstoffen am zweiten Streik-Tag der Gefahrgut-Fahrer sicherstellen. Von Polizisten und Soldaten gesteuert, sollen die zivilen Lkw nach und nach die notwendige Belieferung im Lande gewährleisten bzw. ergänzen. Am Montag, dem ersten Tag des unbefristeten Streiks, hatte es im Tourismus-Zentrum Algarve und in der Hauptstadt Lissabon Engpässe gegeben, durch die sich die Regierung mitten in der Urlaubszeit zum Handeln gezwungen sah.
Vor allem der Süden des Landes, also das Tourismus-Gebiet Algarve, und der Flughafen Lissabon seien ab Montagnachmittag nicht wie vorgeschrieben beliefert worden, teilte ein Regierungssprecher zur Begründung mit. Die Gewerkschaft der Gefahrgutfahrer bezeichnete den Schritt als einen „Angriff auf das Streikrecht“. Ein Sprecher versicherte, die Mindestversorgung sei von den Mitgliedern zuvor erbracht wurden. Von Seiten der Arbeitgeber hatte der Spediteursverband ANTRAM die Requirierung von Tankwagen am Nachmittag dringend gefordert.
Vor dem Beschluss hatte Ministerpräsident Antonio Costa Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa über die Entwicklung informiert. Das Staatsoberhaupt appellierte danach an die "Verantwortung aller an diesem Konflikt Beteiligten, nach fairen Lösungen zu suchen, ohne den Portugiesen unverhältnismäßige Opfer abzuverlangen".
Die Fluggesellschaft EasyJet riet ihren Portugal-Passagieren, im Internet den Status ihres Fluges zu überprüfen und in den kommenden Tagen auf den Airports zusätzliche Zeit einzuplanen. Denn Flüge von und nach Portugal könnten sich wegen Tankstopps auf Ausweichflughäfen verzögern.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Update 10:45 Uhr: Algarve und Alentejo am wenigsten beliefert bei Mindestversorgung
- 2 Update 14:30 Uhr: Bootsbetankung im Yachthafen Vilamoury rationiert
- 3 Beschlagnahmte Tankwagen sollen Dienstag zur Normalisierung beitragen
- 4 Beschlagnahmte Tankwagen fahren Benzin und Diesel an die Algarve
- 5 Selbst Tankstellen des Notfall-Netzwerks REPA leergezapft
Update 10:45 Uhr: Algarve und Alentejo am wenigsten beliefert bei Mindestversorgung
Am Dienstagvormittag veröffentlichte die nationale Stelle für den Energiesektor eine aktuelle Statistik zu den Vorräten im Tankstellen-Netz REPA, was gesicherte Mindestversorgung erhalten soll. Danach hatten die Tankstellen in den Bezirken Algarve (Faro) und südliches Alentejo (Beja) nur gut ein Fünftel ihrer Kapazität vorrätig. Deshalb wurden Polizisten eingesetzt, um beschlagnahmte Tankwagen zu fahren und dort die Vorräte aufzufüllen.
Diese Tabelle gibt den Überblick für Dienstag, 8:00 Uhr, in ganz Portugal:
Update 14:30 Uhr: Bootsbetankung im Yachthafen Vilamoury rationiert
Von der Algarve wurde am frühen Dienstagnachmittag bekannt, dass noch immer das Notfall-Tankstellennetz nicht zu 100 Prozent in Betrieb ist. Es gibt mehrere Tanks, die noch durch dafür beschlagnahmte Tankwagen mit Fahrern des öffentlichen Sektors gefüllt werden müssen. Die Direktorin des Yachthafens von Vilamoura an der Südküste berichtete, dass die Tanks im Laufe des Tages leergepumpt zu werden drohen, falls keine neue Lieferung komme – und das im nachfragestärksten Monat August. Schon jetzt sei die Schiffsbetankung vorsorglich auf 200 Liter limitiert worden, so Isolete Correia.
Beschlagnahmte Tankwagen sollen Dienstag zur Normalisierung beitragen
Hier können Sie dank des privat betriebenen Internetportals "Já Não Dá Para Abastecer" auf einer Karte sehen, wo in Portugal laut Mitteilung von Autofahrern welche Tankstellen derzeit nicht volle Versorgung bereitstellen können:
Regierungschef Costa äußerte die Hoffnung, dass sich die Lage durch beschlagnahmte Tankwagen, die eingesetzt werden, schon im Laufe des Dienstags normalisieren werde. Am Montag hatte der portugiesische Flughafenbetreiber ANA das Tempo der Versorgung mit Kerosin in Lissabon als „unzureichend“, da unter dem für die Mindestversorgung vorgeschriebenen Niveau liegend, kritisiert. Flugzeuge hätten schon mit weniger Treibstoff als normal vom Hauptstadt-Flughafen Humberto Delgado starten müssen.
Am Montagabend verließen 14 Tankwagen das Raffinerie-Gelände der Alentejo-Hafenstadt Sines, um Treibstoff an die Algarve zu bringen. Am Steuer saßen Polizisten der Republikanischen Nationalgarde. Streikposten der Gewerkschaft protestierten dagegen.
Beschlagnahmte Tankwagen fahren Benzin und Diesel an die Algarve
An der Algarve war der Flughafen Faro zuletzt am Sonntag mit Kraftstoff versorgt worden. Mindestens drei Tage lang sei hier deshalb wohl nicht mit Einschränkungen zu rechnen, hieß es zunächst. Der Fernsehsender RTP berichtete allerdings, der Transport von Kerosin zum Airport Faro sei am Montag „vom Streik betroffen“ gewesen. Wie genau, blieb unklar. Die Algarve gehöre zu den am meisten von dem Ausstand tangierten Regionen Portugals, berichtete der Sender. Hier fielen am Montag Stationen des Notfallversorgungsnetzes aus – entweder weil sie gar keinen Treibstoff mehr oder nicht alle Arten anbieten konnten. Abhilfe sollen nun beschlagnahmte Tankwagen schaffen, welche mit staatlich bereitgestellten Fahrern in die Regionen fahren.
Die Städte an der Südküste bereiten sich unterdessen darauf vor, dass „es wahrscheinlich ist, dass wesentliche Güter und Dienstleistungen für die Bevölkerung betroffen sein werden“, so zum Beispiel die lokale Zivilschutzkommission der Hafenstadt Portimão.
Sie tagte am späten Montagnachmittag, aktivierte aber nicht den kommunalen Notfallplan. Ein ständiger Unterausschuss soll aber die Lage überwachen und die rechtzeitige Reaktion auf mögliche bevorstehende Einschränkungen sicherstellen. Die Experten warnten vor dem Treibstoff-Hamstern mit Kanistern und erinnerten an das Lagerungsverbot sowie an Begrenzungen der Mengen, die in Privatwagen transportiert werden dürfen.
Ein Teil der Autofahrer an der Algarve wich am Montag zum Tanken ins benachbarte Andalusien aus, wo Benzin und Diesel zudem preiswerter sind. In der Hafenstadt Huelva in der Grenzregion bildeten sich lange Schlangen vor den Tankstellen.
Selbst Tankstellen des Notfall-Netzwerks REPA leergezapft
Der seit Mitte Juli angekündigte und nunmehr unbefristete Streik der Gefahrgut-Fahrer war in Portugal am Montag um null Uhr in Kraft getreten. Schon im Vorfeld gab es wegen Bevorratungsaktionen der Bevölkerung Tankstellen im ganzen Land, die leergezapft waren – darunter auch solche des Notfall-Netzes REPA, das zu 50 bis 100 Prozent beliefert wird. Die Regierung hatte schon vergangenen Freitag vorsorglich den Energie-Notstand ausgerufen und den Sprit rationiert. Die Polizei eskortierte am Montag viele Tanklaster. Dagegen protestierte die Gewerkschaft.
Zu den Mindestversorgungs-Dienstleistungen, welche nach Regierungsangaben die normale Distribution von Kraftstoffen "teilweise oder vollständig" ersetzen kann, gehört auch das Be- und Entladen von Flüssigkraftstoff‑, LPG- und Erdgastankfahrzeugen. Nicht wenige Hotels und Einrichtungen des öffentlichen Dienstes an der Algarve, z.B. Krankenhäuser, haben autonome Flüssiggas-Tanks.
Nützliche Links zu Webseiten:
Nationale Behörde für Notfall- und Katastrophenschutz: www.prociv.pt
Nationale Stelle für den Energiesektor: http://www.ense-epe.pt