Chris­tophs Algar­ve-Küche ser­viert: Mee­res­schin­ken Muxama

Start unserer Serie "Christophs Algarve-Küche: Geschichten und Gerichte": Es geht um Rezepte rund um Muxama - Meeresschinken aus Thunfisch von der Ost-Algarve.
Muxama als Meeresschinken aus Thunfisch als persönliches Rezept von Christoph HöverMuxama als Meeresschinken aus Thunfisch als persönliches Rezept von Christoph Höver

Christoph Hövers ganz persönlicher Vorschlag für Muxama

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Muxama de Atum, den Schin­ken aus dem Meer, prä­sen­tie­ren wir heu­te zum Start unse­rer klei­nen Serie "Chris­tophs Algar­ve-Küche: Geschich­ten und Gerich­te" – eine typi­sche Thun­fisch-Vor­spei­se aus der Ost-Algarve.

Von Chris­toph Höver (Text) und Musch Sta­ven­ha­gen (Fotos)

Gehen wir mit Chris­toph Höver auf eine kuli­na­ri­sche Thunfisch-Fahrt.

Mei­ne ers­te Begeg­nung mit dem Muxama de Atum, dem Schin­ken aus dem Meer, war in den 80er Jah­ren. Wir saßen mit eini­gen deut­schen Jugend­li­chen und ihren por­tu­gie­si­schen Freun­den im Schat­ten des Cam­ping­platz­zauns am Hafen­ka­nal von Fuze­ta. Der Orts­na­me wur­de damals noch mit "z" geschrie­ben. Wein und Ziga­ret­ten waren Gemein­gut der Run­de. Nur an den selt­sa­men recht­ecki­gen Schin­ken-ähn­li­chen Klotz „Irgend­was“ , den einer der Fuze­ten­ser aus der Hosen­ta­sche her­vor­ge­zau­bert hat­te, trau­ten sich bloß die Einheimischen.

Nach mehr­fa­cher Auf­for­de­rung, den angeb­li­chen Schin­ken – ohne ver­trau­ten Fett­rand – zu pro­bie­ren, habe ich mich über­re­den und mir mit dem Mes­ser, das Fischer immer in der Tasche haben, eine Schei­be abschnei­den las­sen. Zäh, sal­zig und irgend­wie leicht nach Fisch schme­ckend, stell­te ich irri­tiert fest. Hat­te ich doch einen Schin­ken von einem ibe­ri­schen Schwein oder ähn­li­ches erwar­tet. Der Schluck Rot­wein nahm die ers­te Irri­ta­ti­on und hin­ter­ließ einen ins­ge­samt ange­neh­men Nachgeschmack.

 

Muxama – das ist "Pres­un­to do Mar", aus "Atum"

 

Thun­fisch. Gra­fik: de.wikipedia.org

Ich muss ein ziem­lich ver­wun­der­tes Gesicht gemacht haben. "Pres­un­to do Mar – Atum" (Mee­res­schin­ken, Thun­fisch), wur­de mir lachend erklärt, noch eine Schei­be abge­schnit­ten und das Wein­glas wie­der auf­ge­füllt. Ohne die fal­sche Erwar­tung schmeck­te der Mee­res­schin­ken schon bes­ser. Fan wur­de ich damals aller­dings nicht. Aber Zei­ten und Geschmä­cker ändern sich.

Nach und nach begeis­ter­te ich mich für die archai­sche Art der Her­stel­lung und Kon­ser­vie­rung der Spe­zia­li­tä­ten in der Nach­bar­schaft der Salz­gär­ten und alten Thun­fisch-Fang­ge­bie­te der Ost­al­gar­ve. Salz ist die ein­zi­ge Zutat bei der Bear­bei­tung der Fisch­fi­lets und ande­rer Par­tien zu Muxama (oder Moja­ma, wie er auf der spa­ni­schen Sei­te des Guar­dia­na genannt wird) und zu Estu­pe­ta de Atum. Das sind in hoch­kon­zen­trier­te Salz­la­ke ein­ge­leg­te Thun­fisch­stü­cke, die nach der Salz­ga­re  (Gar­pro­zess ohne Hit­ze­ein­wir­kung) in Salat geges­sen wer­den. Aber dazu kom­me ich spä­ter einmal.

Bei­des fin­det man vor allem im Osten der Algar­ve, von Vila Real San­to Antó­nio bis Olhão und auch auf der spa­ni­schen Sei­te des Grenz­flus­ses Gua­dia­na, bei­spiels­wei­se in Isla Cris­ti­na. Auch hun­der­te Kilo­me­ter wei­ter im Nor­den, bei Avei­ro, gibt es ähn­li­che Bedin­gun­gen und glei­che Pro­duk­te. Der Ursprung der Her­stel­lung soll, je nach Quel­le, bei den Römern und Phö­ni­zi­ern oder bei den Grie­chen lie­gen. Auf jeden Fall ist er sehr alt: min­des­tens über 2.000 Jahre!

 

Hier, an der Ost-Algar­ve, zwi­schen Olhao und Vila Real de San­to Anto­nio, wird Muxama beson­ders geliebt. Gra­fik: Goog­le Maps

 

Mee­res­schin­ken Muxama – so wird er hergestellt

 

Zwei Mus­kel­strei­fen am Filet („Muxama“) wer­den sau­ber abge­trennt, die Strei­fen in gro­bes Salz gewi­ckelt und abwech­selnd über Salz­schich­ten gesta­pelt und mit Holz­bret­tern und schwe­ren Stei­nen gepresst. Nach ca. zwei Tagen wer­den die Stü­cke gewa­schen und geschrubbt, um mög­lichst viel Salz zu entfernen.

Danach folgt, wie bei der klas­si­schen Schin­ken­pro­duk­ti­on, die Trock­nung per Druck­luft und dann an der Luft, was je nach Tem­pe­ra­tur und Luft­feuch­tig­keit ein paar Wochen dau­ern kann.

 

 

Das por­tu­gie­si­sche Zen­trum der Pro­duk­ti­on war die Fir­ma Dâma­so in Vila Real de San­to Antó­nio, die nach dem Tod des Inha­bers vor ein paar Jah­ren und nach­fol­gen­den Erb­strei­tig­kei­ten den Betrieb ein­ge­stellt hat­te. Seit Herbst 2018 hat der Tra­di­ti­ons­be­trieb sei­ne Pro­duk­ti­on wie­der auf­ge­nom­men und bie­tet sei­ne Pro­duk­te (noch mit spa­ni­schem Auf­druck) wie­der im eige­nen Laden im Gewer­be­ge­biet der Stadt an. Die­se Tra­di­ti­on lebt wie­der. Also noch ein Grund, Muxama als typi­sche Ost­al­gar­ve-Vor­spei­se zu genießen.

 

Muxama – eini­ge Rezepte

 

Begin­nen wir mit der tra­di­tio­nel­len Rezep­tur der Fischer. Die ein­fachs­te ist: Eine dün­ne Schei­be Muxama abschnei­den und zu einem Schluck Rot­wein genie­ßen. Für „har­te Män­ner“ sicher kein Pro­blem und der Alko­hol­ka­ter am nächs­ten Mor­gen fällt durch den hohen Salz­ge­nuss nur mäßig aus.

 

Sie sind kein Mann und wenn doch kein ganz so har­ter? Dann hier

Tipp 1: Schnei­den Sie die Muxama mög­lichst dünn und geben sie auf jede Schei­be ein paar Trop­fen Olivenöl.

Tipp 2: Machen Sie sich eine klei­ne Mari­na­de drei Ess­löf­feln Oli­ven­öl, einem Ess­löf­fel gutem Essig (z.B. Bal­sa­mi­co), einer geschäl­ten und gehack­ten Knob­lauch­ze­he (nicht zu klein!), einem Ess­löf­fel gezupf­ter und gehack­ter Kori­an­der­blät­ter und frisch gemah­le­nem schwar­zen Pfef­fer. Die mög­lichst dünn geschnit­te­nen Fisch­schei­ben dar­in min­des­tens eine hal­be Stun­de zie­hen lassen.

Mit Land­brot (Pão Casei­ro) und etwas Fri­schem, z.B. Toma­ten­sa­lat als Petis­co (klei­ne Nasche­rei) oder Vor­spei­se genießen.

 

Muxama auf Schafsmilch-Frischkäse

Eine inter­es­san­te Rezept-Vari­an­te habe ich im Restau­rant Mó de cima in Fuse­ta ser­viert bekommen:

Die per­fekt dünn geschnit­te­nen Mee­res­schin­ken-Schei­ben wur­den auf mil­dem Schafs­milch-Frisch­kä­se ser­viert, mit frisch gehack­tem Knob­lauch und Peter­si­li­en­blät­tern belegt und mit einem „Fäd­chen“ Öli­ven­öl begossen.

Der mil­de Käse nahm der Muxama die agres­si­ve Sal­zig­keit und Knob­lauch muss sowie­so sein! Lecker!

 

Rezept für Bruschet­ta de Muxama

Eben­falls eine inter­es­san­te Zwi­schen­mahl­zeit ist die Bruschet­ta mit Muxama. So geht’s:

  • Klei­ne Brot­schei­ben rös­ten (Toas­ter oder Grill). Es kön­nen schräg auf­ge­schnit­te­ne Baguette‑, Weiß­brot- oder Misch­brot­schei­ben sein, je nach Geschmack.
  • Die Brot­schei­ben noch warm mit einer geschäl­ten Knob­lauch­ze­he abrei­ben und eini­ge Trop­fen Oli­ven­öl aufträufeln.
  • Mit einer dün­nen Schei­be Toma­te bele­gen und mit etwas Ore­ga­no bestreuen
  • Mit ein bis zwei dün­nen Schei­ben Muxama bele­gen und noch etwas Oli­ven­öl dazugeben.
  • Mit ein paar Oli­ven und einem Glas Rot­wein genießen.

 

Etwas auf­wän­di­ger ist mein per­sön­li­cher Rezept­vor­schlag: Muxama de Atum mit Ruco­la-Oran­gen-Salat und Kräu­ter-Vin­ai­gret­te – ein Som­mer­ge­richt! Nicht unter­schät­zen: Die­ser Salat ist schon fast eine kom­plet­te Mahl­zeit. Noch ein Hin­weis: Sie müs­sen das Gericht nicht genau­so nach­ma­chen. Varia­tio­nen nach Ange­bot, Lau­ne, Wet­ter und Expe­ri­men­tier­freu­de sind mög­lich und oft auch sinnvoll.

Hier also die Zuta­ten für eine Plat­te für vier Personen:

Salat

  • Ruco­la sel­va­gem (ersatz­wei­se kann man auch Brun­nen­kres­se nehmen)
  • 2 rei­fe Orangen
  • 1 rote Zwiebel
  • frisch gemah­le­ner schwar­zer Pfeffer
  • schwar­ze Oli­ven (evtl. ohne Stein)
  • wei­ßer Bal­sa­mi­co (1 Esslöffel)
  • Oli­ven­öl (2 Esslöffel)
  • Oran­gen­saft (bei der File­tie­rung auf­ge­fan­gen) 1 Esslöffel
  • Salz, Pfef­fer

 

 

Zube­rei­tung

Chris­toph Hövers ganz per­sön­li­cher Vor­schlag für Muxama
  • Ruco­la waschen, tro­cken­schleu­dern und auf der Anrich­te­plat­te ver­tei­len. Platz für den Mee­res­schin­ken lassen!
  • Oran­gen file­tie­ren (wie in der Bil­der­fol­ge oben gezeigt) und die Filets gleich­mä­ßig auf der Ruco­la ver­tei­len, Saft auffangen.
  • Rote Zwie­bel schä­len, hal­bie­ren und längs in schma­le Strei­fen schnei­den. Über die Oran­gen­fi­lets im Salat verteilen.
  • Oran­gen­fi­lets kräf­tig mit grob gemah­le­nem schwar­zen Pfef­fer bestreuen.
  • Mit einer Pri­se Salz, dem Öl, Essig und Oran­gen­saft übergießen.
  • Eine Hand­voll schwar­ze Oli­ven gleich­mä­ßig auf dem Salat verteilen.
  • Muxama (mind. 150 g) mit einem schar­fen Mes­ser oder der Auf­schnitt­ma­schi­ne in dün­ne Schei­ben schneiden.
  • Eine Kräu­ter­sauce her­stel­len aus: 2 Knob­lauch­ze­hen, 1 hand­voll Kori­an­der­grün, 1 hand­voll Peter­si­lie, Pfef­fer, 1 Pri­se Salz, 1 Ess­löf­fel Oran­gen­saft (aus der File­tier-Akti­on), 2 Ess­löf­fel Oli­ven­öl. Alles mit dem Pürier­stab grob zer­klei­nern und mit einem klei­nen Löf­fel auf den Muxama-Schei­ben verteilen.
  • Abschlie­ßend mit einem fei­nen Faden Öl würzen.
  • Mit Brot servieren.

 

Ser­vier­vor­schlag von Chris­toph Höver

 

Chris­toph Hövers kuli­na­ri­sche Köst­lich­kei­ten bekom­men Sie auch in fol­gen­den Arti­keln auf "Algar­ve für Ent­de­cker" ser­viert:

Neu: Serie für Freun­de lecke­rer Algarve-Spezialitäten

Sar­di­nen genie­ßen wie die Algarvios!

 

Christoph Höver: "Kölsche Jung", Algarve-Fan und kulinarischer Experte bei Algarve für Entdecker
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