Arbeits­be­din­gun­gen des Algar­ve-Gast­ge­wer­bes im Visier

Niedrige Bezahlung, mangelhafte Arbeitsbedingungen: An der Algarve rumort es im Hotel- und Gaststättengewerbe. Jetzt macht eine Gewerkschafts-Aktion Druck.
Arbeitsbedingungen im Hotel- und Gaststättengewerbe der Algarve kritisiertArbeitsbedingungen im Hotel- und Gaststättengewerbe der Algarve kritisiert

Ungesunde Arbeitsbedingungen und nicht ausgezahlte Vergütungszuschläge sind Kritikpunkte der Gewerkschaft für das Hotel- und Gaststättengewerbe der Algarve. Foto: Kate Townsend

Anzeige
Mach mit: Tei­le die­sen Bei­trag mit Freunden!

Vie­le hun­dert­tau­sen­de von Tou­ris­ten genie­ßen Jahr für Jahr die Gast­freund­lich­keit der Men­schen an der Algar­ve, zum Bei­spiel in Hotels und Gast­stät­ten. Doch dort lei­den Mit­ar­bei­ter nicht sel­ten unter dürf­ti­gen Arbeits­be­din­gun­gen, sagt die Gewerkschaft.

 

Pro­test­ak­ti­on vor der zustän­di­gen Kon­troll­be­hör­de ACT in Faro. Foto: STIHTRSA

 

Jetzt hat die zustän­di­ge Gewerk­schaft STIHTRSA (SINDICATO DOS TRABALHADORES DA INDÚSTRIA DE HOTELARIA, TURISMO, RESTAURANTES E SIMILARES DO ALGARVE) die Behör­den auf­ge­for­dert, eine "zwin­gen­de­re" Hal­tung gegen­über sol­chen Arbeit­ge­bern ein­zu­neh­men, die ihren Ver­pflich­tun­gen gegen­über den Arbeit­neh­mern nicht nach­kom­men. Die Gewerk­schaft­ler bekla­gen man­geln­de Hand­lungs­fä­hig­keit der für die Kon­trol­le der Arbeits­be­din­gun­gen zustän­di­gen Behör­de ACT. Beim Gene­ral­inspek­tor für Arbeit im Bezirk Faro reich­ten sie des­we­gen eine Beschwer­de ein. Sie über­ga­ben ein ent­spre­chen­des Doku­ment, das fest­ge­stell­te Män­gel auflistet.

 

Gewerk­schaft beklagt Man­gel an Durch­set­zung kor­rek­ter Arbeitsbedingungen

 

STIH­TRSA-Funk­tio­när Tia­go Jac­in­to. Foto: privat

Tia­go Jac­in­to, Funk­tio­när der Gewerk­schaft der Arbei­ter im Gast­ge­wer­be, Tou­ris­mus, Restau­rants und ähn­li­chen Bran­chen an der Algar­ve, sag­te, beson­ders im Hotel­sek­tor gebe es einen Man­gel an effek­ti­ven ACT-Maß­nah­men. Dies sei der Fall, obwohl in den ver­gan­ge­nen Jah­ren meh­re­re Anfra­gen zu ganz unter­schied­li­chen Aspek­ten der Nicht­ein­hal­tung von Rechts- und Ver­trags­vor­schrif­ten durch die Arbeit­ge­ber gestellt wor­den seien.

Laut dem Gewerk­schaft­ler respek­tie­ren Arbeit­ge­ber oft die Arbeits­zei­ten nicht, hal­ten sich nicht an die Tarif­ver­trags­be­stim­mun­gen und zah­len für die Arbeit an Fei­er­ta­gen und bei Über­stun­den fäl­li­gen Zuschlä­ge nicht. „Wir haben um die Inter­ven­ti­on der Behör­de gebe­ten, aber lei­der gibt es ent­we­der kei­ne Ant­wort, oder die Ant­wort, die kommt, ist aus­wei­chend“, monier­te Jac­in­to. Dar­über beschwer­ten sich die Gewerk­schafts­mit­glie­der zunehmend.

Beschwer­den über Arbeits­be­din­gun­gen ad acta gelegt?

Die ein­ge­reich­ten Beschwer­den sei­en offen­bar als erle­dig­te Fäl­le ad acta gelegt wor­den. „Schon ver­gan­ge­nes Jahr baten wir um eine Rück­spra­che beim Gene­ral­inspek­tor für Arbeit, um die ver­schie­de­nen Anträ­ge, die wir gestellt hat­ten, zu erläu­tern. Damals hin­ter­lie­ßen wir eine Über­sicht mit einer Rei­he von unbe­ant­wor­te­ten oder unbe­frie­di­gend beant­wor­te­ten Anfra­gen“, berich­tet der Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter. Jetzt habe man erneut die­se Anfra­gen wie­der­ho­len müs­sen. „Wir haben auch den Arbeits­mi­nis­ter und die Frak­tio­nen im Par­la­ment dar­über infor­miert“, berich­te­te Jac­in­to bei der Über­ga­be der ent­spre­chen­den Lis­te in Faro. Die Situa­ti­on sei so ernst, dass das Ver­hal­ten von ACT nicht so bei­be­hal­ten wer­den könne.

„Als wir das Dos­sier über­ga­ben, sag­te man uns zu, sich damit zu befas­sen. Ein oder zwei Anfra­gen wur­den nach die­ser Sit­zung tat­säch­lich beant­wor­tet. Wir haben aber noch Anfra­gen aus dem Janu­ar 2017, die noch nicht beant­wor­tet wur­den. Da ist ein­fach zu viel Zeit ver­gan­gen“, kri­ti­siert der Gewerkschaftsfunktionär.

Auch in Bars, Bis­tros und Restau­rants müs­sen die Beschäf­tig­ten der Algar­ve oft für wenig Geld lan­ge arbei­ten. Foto: Tay­lor Davidson

 

Schlech­te Arbeits­be­din­gun­gen wegen feh­len­der Zeit­zu­schlä­ge und Gesundheitsproblemen

 

Nach sei­nen Wor­ten war es not­wen­dig, dies offen­zu­le­gen, weil Arbeit­ge­ber die Tarif­ver­trä­ge nicht ein­hal­ten und die Behör­de die­se nicht durch­set­ze: „Die Arbeit­neh­mer wer­den nach wie vor an Fei­er­ta­gen und bei Über­stun­den schlecht bezahlt. Dar­über hin­aus gibt es noch wei­te­re Fra­gen im Zusam­men­hang mit der Gesund­heit der Arbeitnehmer“.

Als Beleg nennt Jac­in­to den Fall, wo Rezep­tio­nis­tin­nen auf Stüh­le ver­zich­ten müs­sen und gezwun­gen sind, acht Stun­den lang im Dienst zu ste­hen. Dies ver­sto­ße gegen grund­le­gen­de Nor­men für Gesund­heit und Sicher­heit am Arbeits­platz. „Bei den Unter­neh­men herrscht offen­bar ein Gefühl, gege­be­nen­falls straf­los davon­zu­kom­men“, hat Jac­in­to beob­ach­tet. Die ACT-Behör­de gebe sich sen­si­bi­li­siert, ergrei­fe aber kei­ne Zwangs­maß­nah­men. „Wenn ein Chef bestraft wird, über­legt er es sich zwei­mal, ob er etwas wie­der­holt", ist sich der Gewerk­schaft­ler sicher.

 

Zu den Arbeits­be­din­gun­gen zählt auch die Bezahlung

 

Die Gewerk­schaft ser­vier­te jetzt erneut eine Män­gel­lis­te zu den Arbeits­be­din­gun­gen in Hotels und Gast­stät­ten. Foto: Bimo Luki

"Alga­ve für Ent­de­cker" hat­te jüngst erst wie­der im Janu­ar auf die Lage der Beschäf­tig­ten im Tou­ris­mus, einer der Haupt­ein­nah­me­quel­len Por­tu­gals, auf­merk­sam gemacht. In unse­rem Bei­trag "Por­tu­gal: So gering sind Löh­ne und Gehäl­ter" waren wir auch auf die Ein­kom­mens­si­tua­ti­on an der Algar­ve ein­ge­gan­gen. Unter Bezug auf eine Ana­ly­se von  Ger­ma­ny Trade & Invest, Deutsch­lands Agen­tur für Außen­wirt­schaft und Stand­ort­mar­ke­ting, berich­te­ten wir unter ande­rem, dass 2017 allein etwa in Por­tu­gals Ener­gie­wirt­schaft die Durch­schnitts­ver­diens­te um das Drei­fa­che höher waren als im Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be, wo der Anteil der Min­dest­lohn-Emp­fän­ger mit 36 Pro­zent sehr hoch ist. Der Durch­schnitts­lohn aller Beschäf­tig­ten in die­ser Bran­che lag danach 2017 bei gut 788 Euro pro Monat. Betrach­tet man nicht nur das Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be, son­dern alle Sek­to­ren der Wirt­schaft, lie­gen die Brut­to-Löh­ne an der Algar­ve im Schnitt unter 950 Euro pro Monat, so die Ana­ly­se. Wie hoch die indi­vi­du­el­le Arbeits­zeit ist, steht noch auf einem ande­ren Blatt…

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
Anzeige
Ähnliche Beiträge
Anzeige