Viele hunderttausende von Touristen genießen Jahr für Jahr die Gastfreundlichkeit der Menschen an der Algarve, zum Beispiel in Hotels und Gaststätten. Doch dort leiden Mitarbeiter nicht selten unter dürftigen Arbeitsbedingungen, sagt die Gewerkschaft.
Jetzt hat die zuständige Gewerkschaft STIHTRSA (SINDICATO DOS TRABALHADORES DA INDÚSTRIA DE HOTELARIA, TURISMO, RESTAURANTES E SIMILARES DO ALGARVE) die Behörden aufgefordert, eine "zwingendere" Haltung gegenüber solchen Arbeitgebern einzunehmen, die ihren Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern nicht nachkommen. Die Gewerkschaftler beklagen mangelnde Handlungsfähigkeit der für die Kontrolle der Arbeitsbedingungen zuständigen Behörde ACT. Beim Generalinspektor für Arbeit im Bezirk Faro reichten sie deswegen eine Beschwerde ein. Sie übergaben ein entsprechendes Dokument, das festgestellte Mängel auflistet.
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Gewerkschaft beklagt Mangel an Durchsetzung korrekter Arbeitsbedingungen
Tiago Jacinto, Funktionär der Gewerkschaft der Arbeiter im Gastgewerbe, Tourismus, Restaurants und ähnlichen Branchen an der Algarve, sagte, besonders im Hotelsektor gebe es einen Mangel an effektiven ACT-Maßnahmen. Dies sei der Fall, obwohl in den vergangenen Jahren mehrere Anfragen zu ganz unterschiedlichen Aspekten der Nichteinhaltung von Rechts- und Vertragsvorschriften durch die Arbeitgeber gestellt worden seien.
Laut dem Gewerkschaftler respektieren Arbeitgeber oft die Arbeitszeiten nicht, halten sich nicht an die Tarifvertragsbestimmungen und zahlen für die Arbeit an Feiertagen und bei Überstunden fälligen Zuschläge nicht. „Wir haben um die Intervention der Behörde gebeten, aber leider gibt es entweder keine Antwort, oder die Antwort, die kommt, ist ausweichend“, monierte Jacinto. Darüber beschwerten sich die Gewerkschaftsmitglieder zunehmend.
Beschwerden über Arbeitsbedingungen ad acta gelegt?
Die eingereichten Beschwerden seien offenbar als erledigte Fälle ad acta gelegt worden. „Schon vergangenes Jahr baten wir um eine Rücksprache beim Generalinspektor für Arbeit, um die verschiedenen Anträge, die wir gestellt hatten, zu erläutern. Damals hinterließen wir eine Übersicht mit einer Reihe von unbeantworteten oder unbefriedigend beantworteten Anfragen“, berichtet der Arbeitnehmervertreter. Jetzt habe man erneut diese Anfragen wiederholen müssen. „Wir haben auch den Arbeitsminister und die Fraktionen im Parlament darüber informiert“, berichtete Jacinto bei der Übergabe der entsprechenden Liste in Faro. Die Situation sei so ernst, dass das Verhalten von ACT nicht so beibehalten werden könne.
„Als wir das Dossier übergaben, sagte man uns zu, sich damit zu befassen. Ein oder zwei Anfragen wurden nach dieser Sitzung tatsächlich beantwortet. Wir haben aber noch Anfragen aus dem Januar 2017, die noch nicht beantwortet wurden. Da ist einfach zu viel Zeit vergangen“, kritisiert der Gewerkschaftsfunktionär.
Schlechte Arbeitsbedingungen wegen fehlender Zeitzuschläge und Gesundheitsproblemen
Nach seinen Worten war es notwendig, dies offenzulegen, weil Arbeitgeber die Tarifverträge nicht einhalten und die Behörde diese nicht durchsetze: „Die Arbeitnehmer werden nach wie vor an Feiertagen und bei Überstunden schlecht bezahlt. Darüber hinaus gibt es noch weitere Fragen im Zusammenhang mit der Gesundheit der Arbeitnehmer“.
Als Beleg nennt Jacinto den Fall, wo Rezeptionistinnen auf Stühle verzichten müssen und gezwungen sind, acht Stunden lang im Dienst zu stehen. Dies verstoße gegen grundlegende Normen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz. „Bei den Unternehmen herrscht offenbar ein Gefühl, gegebenenfalls straflos davonzukommen“, hat Jacinto beobachtet. Die ACT-Behörde gebe sich sensibilisiert, ergreife aber keine Zwangsmaßnahmen. „Wenn ein Chef bestraft wird, überlegt er es sich zweimal, ob er etwas wiederholt", ist sich der Gewerkschaftler sicher.
Zu den Arbeitsbedingungen zählt auch die Bezahlung
"Algave für Entdecker" hatte jüngst erst wieder im Januar auf die Lage der Beschäftigten im Tourismus, einer der Haupteinnahmequellen Portugals, aufmerksam gemacht. In unserem Beitrag "Portugal: So gering sind Löhne und Gehälter" waren wir auch auf die Einkommenssituation an der Algarve eingegangen. Unter Bezug auf eine Analyse von Germany Trade & Invest, Deutschlands Agentur für Außenwirtschaft und Standortmarketing, berichteten wir unter anderem, dass 2017 allein etwa in Portugals Energiewirtschaft die Durchschnittsverdienste um das Dreifache höher waren als im Hotel- und Gaststättengewerbe, wo der Anteil der Mindestlohn-Empfänger mit 36 Prozent sehr hoch ist. Der Durchschnittslohn aller Beschäftigten in dieser Branche lag danach 2017 bei gut 788 Euro pro Monat. Betrachtet man nicht nur das Hotel- und Gaststättengewerbe, sondern alle Sektoren der Wirtschaft, liegen die Brutto-Löhne an der Algarve im Schnitt unter 950 Euro pro Monat, so die Analyse. Wie hoch die individuelle Arbeitszeit ist, steht noch auf einem anderen Blatt…