Algar­ve: Säu­re-Atta­cke auf TUI-Rei­se­lei­te­rin geahndet

Eine TUI-Reiseleiterin (29) erleidet in Alvor an der Algarve bei einer Säure-Attacke schwere Verbrennungen an 60 Prozent des Körpers - jetzt sprachen die Richter in Portimão dieses Urteil.
Säure-Attacke auf Reiseleiterin an Algarve mit 12 Jahren Haft bestraftSäure-Attacke auf Reiseleiterin an Algarve mit 12 Jahren Haft bestraft

Portugiese wegen Säure-Attacke auf britische Ex-Freundin verurteilt. Foto: Sydney Sims

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Ein Gericht in Por­timão hat einen 34-jäh­ri­gen Por­tu­gie­sen zu 12 Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Die Rich­ter fan­den ihn für schul­dig, Anfang Mai 2017 Urhe­ber einer Säu­re-Atta­cke auf sei­ne Ex-Freun­din, eine TUI-Rei­se­lei­te­rin, gewe­sen zu sein. Ein Mann hat­te sie auf offe­ner Stra­ße mit zwei Litern Säu­re über­gos­sen und schwer ver­letzt. Die jetzt 30-jäh­ri­ge Bri­tin trug Ver­bren­nun­gen zwei­ten und drit­ten Gra­des an rund 60 Pro­zent ihres Kör­pers davon.

 

Ele­a­n­o­re Ches­sell und ihr dama­li­ger Freund Cláu­dio Gou­veia auf einem Facebook-Foto

Staats­an­wäl­tin Car­la Neto hat­te in ihrem Schluss­plä­doy­er die por­tu­gie­si­sche Höchst­stra­fe von 25 Jah­ren Haft für das "maka­bre und absto­ßen­de Ver­bre­chen“ gefor­dert. Die Rich­ter wer­te­ten das Gesche­hen der Säu­re-Atta­cke sowohl als häus­li­che Gewalt als auch als „homic­í­dio qua­li­fi­ca­do“, also Tot­schlag. Sie rech­ne­ten die Unter­su­chungs­haft auf das Straf­maß an. Über die Ankla­ge-Erhe­bung hat­ten wir in unse­ren Algar­ve News vom 9. Dezem­ber 2017 berichtet.

 

Säu­re-Atta­cke nach Tinder-Date

 

Die Tat geschah am 6. Mai 2017. An die­sem Sams­tag­abend war die aus New­port von der Isle of Wight stam­men­de Bri­tin Ele­a­n­o­re Ches­sell, damals 29 Jah­re alt, auf dem Rück­weg von der Arbeit. Kurz nach 22 Uhr lief sie von ihrem Arbeits­ort, dem 4‑S­ter­ne-Hotel Alvor Baía, Rich­tung Zen­trum des Fischer­dorfs Alvor, das zur Hafen­stadt Por­timão gehört.

 

Das Hotel und Resort Alvor Baía in der Nähe von Por­timão. Screen­shot: TUI.com

„Ellie“, wie sie von Freun­den genannt wird, hat­te ein Tref­fen auf der Dating-Platt­form Tin­der ver­ab­re­det. Spä­ter stell­te sich her­aus, dass das Pro­fil des Kon­takts gefälscht war und sich dahin­ter ihr frü­he­rer Freund Cláu­dio Gou­veia bzw. ein Bekann­ter ver­barg. Von dem 34-Jäh­ri­gen, der von der Insel Madei­ra stammt, arbeits­los und bereits vor­be­straft ist, hat­te sich die Bri­tin zwei Mona­te zuvor getrennt und war an die Algar­ve gegan­gen. Er soll laut Ver­neh­mungs­pro­to­kol­len ihr immer wie­der Rache ange­droht haben.

An dem betref­fen­den Sams­tag­abend trat der 29-Jäh­ri­gen auf der zu die­ser Zeit wenig beleb­ten Stra­ße zwi­schen Hotel und Interm­ar­ché-Super­markt in Alvor plötz­lich ein Mann in den Weg und über­goss die TUI-Rei­se­lei­te­rin mit zwei Litern Säu­re. Ele­a­n­o­re Ches­sell konn­te ihr Gesicht bei der Säu­re-Atta­cke weit­ge­hend schüt­zen, die ätzen­de Flüs­sig­keit ver­letz­te aber Arme, Brust, Bauch und Bei­ne hef­tig. Die Bri­tin schrie vor Schmer­zen, als die Säu­re ihre Klei­dung auf­lös­te und bis zur Haut vor­drang. Her­bei­ge­eil­te Not­ärz­te und Ret­tungs­sa­ni­tä­ter brach­ten sie in ein Spe­zi­al­kran­ken­haus nach Lis­sa­bon. Nur durch die schnel­le medi­zi­ni­sche Hil­fe ent­ging sie dem Tod. Es dau­er­te vier Wochen, bis die 29-Jäh­ri­ge das Hos­pi­tal wie­der ver­las­sen konnte.

 

Säu­re-Atta­cke mit zwei Litern ätzen­der Flüssigkeit

 

Wie der jetzt been­de­te Gerichts­pro­zess ergab, hat­te offen­bar ein Mit­tä­ter im Auf­trag des Ex-Freunds die Säu­re-Atta­cke aus­ge­führt. Gegen ihn, der im Gefäng­nis von Sil­ves in Unter­su­chungs­haft ist, läuft ein sepa­ra­tes Ver­fah­ren. Bei­de Män­ner, so die Rich­ter im Ver­fah­ren, sei­en von Madei­ra aus an die Algar­ve gereist, nach­dem über ein fal­sches Pro­fil im sozia­len Netz­werk Tin­der ein Kon­takt mit der frü­he­ren Freun­din von Cláu­dio Gou­veia zustan­de gekom­men sei. Nach der Tat wur­de das fal­sche Social-Media-Pro­fil gelöscht.

Ele­a­n­or Ches­sell berich­te­te der Poli­zei, sie habe ihren Angrei­fer zwar gese­hen, ihn in der Dun­kel­heit aber nicht erkannt. Er habe ihr auf Por­tu­gie­sisch noch "Ent­schul­di­gung" zuge­raunt, bevor er sie mit der Säu­re über­gos­sen habe. An das TUI-Hotel und Resort Alvor Baía in dem Fischer­dörf­chen hat­te sie sich ver­set­zen las­sen, weil ihr Ex-Freund sie auch schon an ihrer vor­he­ri­gen Arbeits­stät­te, einem Hotel in Alb­ufei­ra, auf­spür­te und dort beläs­tig­te. Bis zum Schluss bestritt Chessell’s Ex-Freund, Schuld an der Tat zu sein. Er mach­te den in Sil­ves in Unter­su­chungs­haft sit­zen­den Edmun­do Fon­se­ca dafür ver­ant­wort­lich. Die­ser aber mach­te im Pro­zess gegen Gou­veia von sei­nem Aus­sa­ge­ver­wei­ge­rungs­recht Gebrauch.

 

Säu­re-Atta­cke hat Nach­spiel auch in Zivilprozess

Ches­sell beim Ter­min vor Gericht. Foto: CM

In einem Zivil­pro­zess klagt das Opfer der Säu­re-Atta­cke vor Gericht in Por­timão nun noch auf 5.000 Euro Schmer­zens­geld. Damit sol­len die Kos­ten für die ein­mo­na­ti­ge medi­zi­ni­sche Behand­lung der bri­ti­schen TUI-Rei­se­lei­te­rin in der Lis­sa­boner Spe­zi­al­kli­nik und für den Ersatz der bei dem Anschlag ver­nich­ten Klei­dung abge­deckt werden.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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