Algarve: Säure-Attacke auf TUI-Reiseleiterin geahndet
Ein Gericht in Portimão hat einen 34-jährigen Portugiesen zu 12 Jahren Haft verurteilt. Die Richter fanden ihn für schuldig, Anfang Mai 2017 Urheber einer Säure-Attacke auf seine Ex-Freundin, eine TUI-Reiseleiterin, gewesen zu sein. Ein Mann hatte sie auf offener Straße mit zwei Litern Säure übergossen und schwer verletzt. Die jetzt 30-jährige Britin trug Verbrennungen zweiten und dritten Grades an rund 60 Prozent ihres Körpers davon.
Staatsanwältin Carla Neto hatte in ihrem Schlussplädoyer die portugiesische Höchststrafe von 25 Jahren Haft für das "makabre und abstoßende Verbrechen“ gefordert. Die Richter werteten das Geschehen der Säure-Attacke sowohl als häusliche Gewalt als auch als „homicídio qualificado“, also Totschlag. Sie rechneten die Untersuchungshaft auf das Strafmaß an. Über die Anklage-Erhebung hatten wir in unseren Algarve News vom 9. Dezember 2017 berichtet.
Säure-Attacke nach Tinder-Date
Die Tat geschah am 6. Mai 2017. An diesem Samstagabend war die aus Newport von der Isle of Wight stammende Britin Eleanore Chessell, damals 29 Jahre alt, auf dem Rückweg von der Arbeit. Kurz nach 22 Uhr lief sie von ihrem Arbeitsort, dem 4‑Sterne-Hotel Alvor Baía, Richtung Zentrum des Fischerdorfs Alvor, das zur Hafenstadt Portimão gehört.
„Ellie“, wie sie von Freunden genannt wird, hatte ein Treffen auf der Dating-Plattform Tinder verabredet. Später stellte sich heraus, dass das Profil des Kontakts gefälscht war und sich dahinter ihr früherer Freund Cláudio Gouveia bzw. ein Bekannter verbarg. Von dem 34-Jährigen, der von der Insel Madeira stammt, arbeitslos und bereits vorbestraft ist, hatte sich die Britin zwei Monate zuvor getrennt und war an die Algarve gegangen. Er soll laut Vernehmungsprotokollen ihr immer wieder Rache angedroht haben.
An dem betreffenden Samstagabend trat der 29-Jährigen auf der zu dieser Zeit wenig belebten Straße zwischen Hotel und Intermarché-Supermarkt in Alvor plötzlich ein Mann in den Weg und übergoss die TUI-Reiseleiterin mit zwei Litern Säure. Eleanore Chessell konnte ihr Gesicht bei der Säure-Attacke weitgehend schützen, die ätzende Flüssigkeit verletzte aber Arme, Brust, Bauch und Beine heftig. Die Britin schrie vor Schmerzen, als die Säure ihre Kleidung auflöste und bis zur Haut vordrang. Herbeigeeilte Notärzte und Rettungssanitäter brachten sie in ein Spezialkrankenhaus nach Lissabon. Nur durch die schnelle medizinische Hilfe entging sie dem Tod. Es dauerte vier Wochen, bis die 29-Jährige das Hospital wieder verlassen konnte.
Säure-Attacke mit zwei Litern ätzender Flüssigkeit
Wie der jetzt beendete Gerichtsprozess ergab, hatte offenbar ein Mittäter im Auftrag des Ex-Freunds die Säure-Attacke ausgeführt. Gegen ihn, der im Gefängnis von Silves in Untersuchungshaft ist, läuft ein separates Verfahren. Beide Männer, so die Richter im Verfahren, seien von Madeira aus an die Algarve gereist, nachdem über ein falsches Profil im sozialen Netzwerk Tinder ein Kontakt mit der früheren Freundin von Cláudio Gouveia zustande gekommen sei. Nach der Tat wurde das falsche Social-Media-Profil gelöscht.
Eleanor Chessell berichtete der Polizei, sie habe ihren Angreifer zwar gesehen, ihn in der Dunkelheit aber nicht erkannt. Er habe ihr auf Portugiesisch noch "Entschuldigung" zugeraunt, bevor er sie mit der Säure übergossen habe. An das TUI-Hotel und Resort Alvor Baía in dem Fischerdörfchen hatte sie sich versetzen lassen, weil ihr Ex-Freund sie auch schon an ihrer vorherigen Arbeitsstätte, einem Hotel in Albufeira, aufspürte und dort belästigte. Bis zum Schluss bestritt Chessell’s Ex-Freund, Schuld an der Tat zu sein. Er machte den in Silves in Untersuchungshaft sitzenden Edmundo Fonseca dafür verantwortlich. Dieser aber machte im Prozess gegen Gouveia von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.
Säure-Attacke hat Nachspiel auch in Zivilprozess
In einem Zivilprozess klagt das Opfer der Säure-Attacke vor Gericht in Portimão nun noch auf 5.000 Euro Schmerzensgeld. Damit sollen die Kosten für die einmonatige medizinische Behandlung der britischen TUI-Reiseleiterin in der Lissaboner Spezialklinik und für den Ersatz der bei dem Anschlag vernichten Kleidung abgedeckt werden.