Der irische Billigflieger Ryanair hat angekündigt, seine Algarve-Basis am Flughafen Faro im Januar 2020 zu schließen. Antwortet die Airline damit auch auf angekündigte Streiks in diesem Monat? Ungemütlich in Portugals wichtigster Tourismus-Region könnte es auch wegen eines Fernfahrerstreiks ab 12. August werden. Wir zeigen Ihnen die Karte mit allen Notfall-Tankstellen für die Kraftstoff-Versorgung.
Über die Ankündigung der Schließung der Algarve-Basis durch Rynanair informierte die Präsidentin der portugiesischen Flugbegleiter-Gewerkschaft SNPVAC, Luciana Passo in einem Interview mit dem Sender RTP am Dienstagabend. Nach Passos Worten sind die Arbeitsplätze von mindestens etwa 100 Mitarbeitern in Gefahr, wenn Ryanair im Januar kommenden Jahres auf seinem Stützpunkt das Licht ausknipst.
Eine genaue Zahl habe das Management noch nicht genannt, auch nicht, ob Mitarbeiter zu anderen Basen abgeordnet würden. Allerdings beabsichtige die Low Cost-Airline offenbar, Faro auch weiterhin anzufliegen. Weitere portugiesischen Basen betreibt Europas größte Airline in Lissabon, Porto und Ponta Delgada (Azoren). Von dort aus bedienen Ryanair-Flugzeuge Strecken nach Deutschland und anderen Ländern. Die Standorte von Ryanair in Lissabon, Porto und den Azoren stehen dem Vernehmen nach vorerst nicht in Frage. In den nächsten Tagen will der Billigflieger aber die Schließung weiterer Standorte in Europa bekanntgeben.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Angekündigte Schließung der Algarve-Basis: Gewerkschaft sieht Zusammenhang
- 2 Schließung der Algarve-Basis: Politik spricht von "Massenentlassung"
- 3 Tourismusverband zur angekündigten Schließung der Algarve-Basis von Ryanair
- 4 Ryanair kommentiert Schließung seiner Algarve-Basis
- 5 Hotellerie bezeichnet Schließung der Algarve-Basis als "sehr schlechte Nachricht"
- 6 Ryanair hat Personal-Überhang
- 7 Neben Zukunft der Algarve-Basis von Ryanair macht auch Fernfahrer-Streik Sorgen
- 8 Hier gibt es Krafstoff, falls Fernfahrer-Streik Engpässe erzeugt
- 9 Regierung mit Schlichtungsvorschlag
Angekündigte Schließung der Algarve-Basis: Gewerkschaft sieht Zusammenhang
Passo machte darauf aufmerksam, dass die Ankündigung der Schließung der Algarve-Basis zu einem Zeitpunkt in der Hochsaison komme, für den die Gewerkschaft des Ryanair-Kabinenpersonals einen Streik angekündigt habe. Der soll vom 21. bis 25. August dauern. Ryanair versuche offenbar, den Mitarbeitern Angst vor diesem Arbeitsausstand einzujagen, erklärte die Arbeitnehmervertreterin.
Mit dem neuerlichen Ausstand versucht das Ryanair-Kabinenpersonal durchzusetzen, dass vereinbarte Zusagen des Managements aus dem November auch tatsächlich umgesetzt werden. Beispielsweise geht es um die Anwendung portugiesischen Arbeitsrechts auf die Verträge, 22 Tage Mindesturlaub und Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Schließung der Algarve-Basis: Politik spricht von "Massenentlassung"
In ersten Stellungnahmen zeigten sich Politiker der Algarve besorgt und bestürzt über den Arbeitsplatzabbau. Der rechtskonservative Parlamentsabgeordnete Norte meldete sich als erster. Er äußerte die Befürchtung, dass die Massenentlassung auf der Ryanair-Basis in Faro geradezu "ein Loch in die Algarve reißt". Es könne der erste Schritt zum Verlust von Flugrouten sein, vor allem angesichts des bevorstehenden Brexits.
Die Südküste Portugals sei nach wie vor auf zwei oder drei große Fluggesellschaften angewiesen. Wenn sie der Algarve den Rücken kehrten, könne das ein "echtes wirtschaftliches und soziales Beben" verursachen.
Tourismusverband zur angekündigten Schließung der Algarve-Basis von Ryanair
Update 7. August, 11:30 Uhr: Er sei noch nicht sicher, dass die Ryanair-Basis am Flughafen Faro wirklich geschlossen werde, betonte hingegen João Fernandes, Präsident der Tourismusverbände der Algarve, in einer ersten Stellungnahme gegenüber einem regionalen Medium. Zumindest lägen ihm keine offiziellen Hinweise der Fluggesellschaft darauf vor. Fernandes bestätigte allerdings Gespräche zwischen der Flughafengesellschaft und ihrem wichtigsten Kunden Ryanair über die Basis in Faro. Es sei wichtig, dass diese regelmäßigen Kontakte stabil und friedlich verliefen und unnötige Konflikte vermieden würden, so der Interessensvertreter.
Ryanair kommentiert Schließung seiner Algarve-Basis
Upadate 7. August, 13:00 Uhr: Von "Algarve für Entdecker" auf die konkreten Konsequenzen für den Betrieb in Faro angesprochen, teilte ein Unternehmenssprecher lediglich mit:
"Wie am 16. Juli angekündigt werden, da im Winter bis zu 30 Boeing 737 MAX-Flugzeuge verspätet ausgeliefert werden, in diesem Winter eine Reihe von Ryanair-Basen Reduzierungen erleben oder geschlossen. Konsultationen darüber finden derzeit mit unseren Mitarbeitern an den betroffenen Standorten statt. Es sind keine Flugrouten betroffen, da diese ab November, wenn der Winterflugplan beginnt, mit Flügen von anderen Stützpunkten bedient werden."
Die Stellungnahme verweist auf eine Aussage von Mitte Juli. Darin war angekündigt worden: "Wir beginnen eine Reihe von Gesprächen mit unseren Flughäfen, um festzustellen, welche der Basen von Ryanair mit unterdurchschnittlichen Ergebnissen oder Verlusten ab November 2019 unter diese kurzfristigen Kürzungen und/oder Schließungen fallen sollten. Wir werden uns auch mit unseren Mitarbeitern und unseren Gewerkschaften bei der Planung und Umsetzung dieser Maßnahmen beraten, die direkt durch die Lieferverzögerungen beim Programm B737 MAX verursacht werden".
Hotellerie bezeichnet Schließung der Algarve-Basis als "sehr schlechte Nachricht"
Update 7. August, 17:00 Uhr: Im Hotelgewerbe der Algarve wurde die Nachricht von der in Aussicht gestellten Schließung der Algarve-Basis von Ryanair am Flughafen Faro als eine "sehr schlechte Nachricht" und als eine Quelle der "Sorge" für den Tourismus in der Region bezeichnet. Elidérico Viegas, Präsident des Verbands AHETA, mahnte in diesem Zusammenhang, dass die Tourismusbehörden bei der Gewährung von Beihilfen für die Bedienung von Algarve-Strecken künftig "vorsichtiger" sein und Rückzahlungsverpflichtungen vereinbaren müssten. Die Hoteliers befürchteten, dass die Zal der Faro-Flüge "früher oder später" gesenkt werde.
Update 8. August, 12:00 Uhr: Auch João Soares, Vertreter der Algarve im Portugiesischen Hotelverband AHP, zeigte sich "sehr besorgt" über die Schließungsabsicht. Er erinnerte daran, dass nur die Einrichtung einer Basis es Ryanair ab 2010 ermöglicht habe, Spätabends- und Frühmorgens-Flüge anzubieten, also zu ansonsten auslastungsschwachen Zeiten des Flughafens Faro. "Es war sehr schwierig für Faro, die Basis zu erhalten, aber jetzt scheint es so, dass Ryanair sich wirklich entscheidet, sich vom Flughafen der Algarve zurückzuziehen", bedauerte Soares. Bei Schließung der Basis werde es "eine Reihe von Verlusten geben", nicht nur für die Hotellerie, sondern für die gesamte Wirtschaftskette in der Region. Der Hoteliers erinnerte an die an der Wartung und Instandsetzung der Flugzeuge beteiligten Unternehmen "bis hin zu den Ryanair-Mitarbeitern und denjenigen, die von ihnen abhängig sind. Die Besatzungen hätten viele Unterkünfte genutzt, hier ein Zuhause gehabt und ihr Leben an der Algarve eingerichtet, so Soares.
Ende Juli war bekanntgeworden, dass wegen der geringeren Nachfrage durch den Brexit-Beschluss Großbritanniens und des Flugverbots für bestellte Boeing-Mittelstreckenjets vom Typ 737 Max hunderte von Stellen bei Ryanair gefährdet sind. Bis Ende August solle Klarheit über die Zahl der Jobs herrschen, erklärte Unternehmenschef Michael O'Leary laut einer Wirtschaftsnachrichtenagentur. Er wolle versuchen, den Stellenabbau möglichst gering zu halten.
Ryanair hat Personal-Überhang
Ryanair benötige in den kommenden Monaten rund 1.500 weniger Piloten und Flugbegleiter als vorgesehen, meldeten Fachmedien in diesem Zusammenhang. Bereits jetzt verfüge die Fluggesellschaft über 500 Piloten und rund 400 Flugbegleiter zu viel. Weitere 600 Einstellungen, die Ryanair für den Sommerflugplan 2020 vornehmen wollte, dürften nun auf der Kippe stehen. Allerdings soll es zu keiner Streichung von Flugstrecken kommen, welche die Gesellschaft bedient.
21 Prozent weniger Gewinn
Bis zum Sommer kommenden Jahres glaubt die irische Fluglinie nur 30 der georderten 58 Jets von Boeing ausgeliefert zu bekommen. Der US-Flugzeugbauer musste die Produktion drosseln, nachdem im März ein weltweites Flugverbot verhängt wurde aufgrund von zwei tödlichen Abstürzen von 737 Max-Maschinen in Indonesien und Äthiopien. Diese werden mit Software-Probleme in Verbindung gebracht. Am Montag hatte Ryanair berichtet, dass der Gewinn in der ersten Hälfte des Geschäftsjahrs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent auf 243 Millionen Euro gesunken sei.
Neben Zukunft der Algarve-Basis von Ryanair macht auch Fernfahrer-Streik Sorgen
Sorgen machen in der Hauptferienzeit auch der angekündigte unbefristete Streik der Gefahrgut- und anderer Lkw-Fahrer in Portugal ab Montag, 12. August. Der Verband der Autovermieter befürchtet etwa Millionenverluste. Das Fernsehen zeigt bereits Bilder, wie viele Portugiesen bereits Kraftstoff in Plastikkanistern "bunkern", um bei entstehenden Engpässen wie beim Streik kurz vor Ostern gerüstet zu sein. Taxifahrer forderten, das Tankstellennetz nutzen zu dürfen, welches in die Versorgung mit der nationalen Mindestreserve an Treibstoffen eingebunden ist.
An Portugals Südküste gibt es 22 Tankstellen, die auch im Streikfall beliefert werden – eine Zahl, die von den regionalen Hoteliers für zu gering gehalten wird. Hier die Liste der Orte mit mindestens einer solcher belieferten Tankstelle:
- Albufeira (2)
- Aljezur
- Faro (3)
- Lagoa
- Lagos (2)
- Loulé (3)
- Olhão
- Portimão (2)
- Silves (3)
- Tavira (3)
- Vila Real de Santo António
Wo genau sich in diesen Algarve-Städten und im ganzen Land die entsprechenden Tankstellen für Privatautos befinden, kann man auf dieser Internetseite erfahren. Für Fahrzeuge im öffentlichen Dienst ist ein Notfallnetz mit vier anderen dafür reservierten Tankstellen der Algarve vorgesehen, wo diese mit Priorität betankt werden können. Zwei davon liegen in Portimão im Fischereihafen und bei der Fischerei-Behörde Doca Pesca, die beiden anderen im Fischereihafen von Olhão und beim Segelclub von Lagos. Diese Tankstellen sind für den Bedarf der Streitkräfte, Sicherheitskräfte, Katastrophenschutzdienste, Rettungsdienste und Arzneimitteltransporte reserviert.
Hier gibt es Krafstoff, falls Fernfahrer-Streik Engpässe erzeugt
Die Karte zeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Tankstellen direkt an der Küste liegt. In fünf der 16 Kreisstädte gibt es keine solche Notversorgungs-Tankstelle: Vila do Bispo, Monchique, Castro Marim, São Brás de Alportel und Alcoutim. Wenn zum Beispiel den drei Zapfsäulen in Monchique die Benzin- und Diesel-Vorräte ausgehen sollten, müssten die Bewohner knapp 30 Kilometer nach Portimão fahren und darauf hoffen, dass dort Treibstoff verfügbar ist. Das könnte Interessenten an einem Besuch auf dem höchsten Punkt der Algarve, dem Berg Fóia (902 Meter), davon abhalten, der Südküste aufs Dach zu steigen.
Noch schwieriger könnte es für die Einwohner des Kreises Alcoutim werden. Für sie liegt die nächste Tankstelle des Notfallnetzes mehr als 40 Kilometer – in Vila Real de Santo António. Einrichten sollte man sich darauf, dass es wie beim vorhergehenden Streik der Gefahrgutfahrer im April Höchstmengen gibt, welche die Zapfsäulen bei einem Vorgang abgeben dürfen. Vor Ostern waren das 15 Liter gewesen.
Regierung mit Schlichtungsvorschlag
Wenige Tage vor Streikbeginn versucht die portugiesische Regierung, in getrennten Gesprächen mit den Gewerkschaften einerseits und dem Arbeitgeberverband ANTRAM anderseits eine Lösung zu vermitteln. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag für die Inkraftsetzung des gesetzlichen Schlichtungs-Verfahrens. Es würde die Parteien zur Rückkehr an den Verhandlungstisch und zum Abbruch der Streikvorbereitungen verpflichten. Sollte es keine Einigung geben, würde das Kabinett in Lissabon einen Vorschlag für einen Tarifvertrag nach Maßgabe des Gesetzes vorlegen. Damit könnten die Tarifparteien die Verhandlungen "in einem neuen Rechtsrahmen" starten, so Infrastrukturminister Pedro Nuno Santos. Die Kontrahenten zeigten sich aber bisher skeptisch.
Ein Antram-Sprecher begrüßte die Möglichkeit, dass die Regierung das Schlichtungs-Verfahren in Gang setzen will. Er versicherte aber, dass sein Verband der "Erpressung" der Gewerkschaften, wie er es nannte, nicht nachgeben werde. Bis Freitag wollen die Arbeitgeber nun einen eigenen Lösungsvorschlag vorlegen. Am Samstag soll es in einem Plenum der Gewerkschaft eine Urabstimmung darüber geben, ob die Fahrer den Vorschlag dere Arbeitgeber annehmen werden oder nicht. Sollte es bis Freitag, dem Vorabend der Plenarsitzung, keinen Gegenvorschlag für Verhandlungen geben, wollen die Arbeitnehmervertreter am Montag ihren Streik aufnehmen.