Madei­ra-Bus­un­glück: Rei­se­lei­te­rin und Fah­rer äußern sich

Was der Fahrer des Unglücksbusses auf Madeira schon 13 Stunden im Dienst? Er und die Reiseleiterin äußerten sich jetzt erstmals. Hier der neuste Stand der Informationen.
Reiseleiterin des Unglücksbusses auf Madeira äußert sich auf FacebookReiseleiterin des Unglücksbusses auf Madeira äußert sich auf Facebook

Die Reiseleiterin auf der Busfahrt, bei der viele Deutsche auf Madeira ums Leben kamen: Carlota Mendes Gomes

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Die Rei­se­lei­te­rin Car­lo­ta Men­des Gomes und der Fah­rer José Sou­sa, die nach dem tra­gi­schen Bus­un­glück auf Madei­ra bei­de noch im Kran­ken­haus von Fun­chal sind, haben sich öffent­lich geäu­ßert. Es gibt Indi­zi­en, dass der Bus­len­ker zum Zeit­punkt des tra­gi­schen Unfalls wohl bereits eine 13-Stun­den-Schicht hin­ter sich hat­te. Das bestritt aber das Bus­un­ter­neh­men inzwischen.

So mel­de­te sich die jun­ge Rei­se­lei­te­rin (32) am Oster-Wochen­en­de nach dem Unglück, bei dem 29 Men­schen – wohl alles Deut­sche – zu Tode kamen, mit die­sem Ein­trag auf ihrer Face­book-Sei­te (deut­sche Übersetzung):

„Hal­lo zusam­men.… Es tut mir leid, aber ich kann die Nach­rich­ten, die ihr mir geschickt habt, nicht ein­zeln beant­wor­ten. Aber ich kann nicht anders, als euch für die Zunei­gung zu dan­ken, die ich von allen emp­fun­den habe.… Und ich muss auch allen dan­ken, die mir gehol­fen haben, heu­te hier zu sein, um die­se Nach­rich­ten zu beant­wor­ten.… Ich hof­fe, wenn ich mich erholt habe, kann ich euch per­sön­lich mit einer gro­ßen Umar­mung dan­ken. Vie­len Dank für eure Unterstützung."

Die Rei­se­lei­te­rin (rechts) zeigt sich auf Face­book mit Bekann­ten bei einem Jung­ge­sel­lin­nen-Abschied in Cal­hau da Lapa. Foto: Facebook/Carlota Men­des Gomes

Die­sem Ein­trag folg­ten Hun­der­te von "Likes" und Dut­zen­de von Bot­schaf­ten der Unter­stüt­zung, Ermu­ti­gung und Freu­de. So heißt es dort zum Bei­spiel unter ande­rem "Gott sei Dank bist du außer Gefahr", "Erhol‘ dich schnell. Wir müs­sen mal wie­der zum Essen gehen“.

Update: Am Abend des 23. April berich­te­te die 32-Jäh­ri­ge, sie sei erneut ope­riert wor­den. Es han­de­le sich um einen Ein­griff im Rah­men der plas­ti­schen Chir­ur­gie. Car­lo­ta Men­des Gomes dank­te auch den Ortho­pä­den für ihre Pri­mär­in­ter­ven­ti­on sowie den "Engeln" aus Not­auf­nah­me, Ope­ra­ti­ons­saal, Inten­siv­sta­ti­on, Über­druck­kam­mer und Pfle­ge. Eben­so bedank­te sich die Rei­se­lei­te­rin bei Feu­er­wehr und Kata­stro­phen­schutz und gab ihrer Freu­de dar­über Aus­druck, dass sowohl Prä­si­dent Mar­ce­lo Rebe­lo de Sou­sa als auch wei­te­re Reprä­sen­tan­ten aus Poli­tik und Ver­wal­tung sie im Kran­ken­haus auf­ge­sucht hätten.

Die Rei­se­lei­te­rin brach sich beim Unglück ein Bein

Die jun­ge Tou­ris­mus-Exper­tin, die ger­ne taucht (sie­he Bei­trags­bild) hat auf ihrer Sei­te in dem sozia­len Netz­werk auch einen Ein­trag des Hotels geteilt, in dem die aus Deut­schen bestehen­de Rei­se­grup­pe unter­ge­bracht war – das Quin­ta Sple­ndi­da Well­ness & Bota­ni­cal Gar­den. Der letz­te Ein­trag des Hotels auf sei­ner eige­nen Face­book-Sei­te stammt vom 4. April. Über das jüngs­te Bus­un­glück der Gäs­te wird dort kein Wort verloren.

Sprach außer mit der Rei­se­lei­te­rin, dem Fah­rer und den Ver­letz­ten auch mit den Behan­deln­den im Kran­ken­haus und beim Ret­tungs­dienst: Por­tu­gals Prä­si­dent Mar­ce­lo Rebe­lo de Sou­sa. Screen­shot: dnoticias.pt

Auch ein Video zum Kar­ne­val auf Madei­ra pos­te­te die jetzt ver­un­glück­te Rei­se­lei­te­rin am 18. Janu­ar auf Face­book – und vie­le Fotos von Hun­den. Por­tu­gals Prä­si­dent Mar­ce­lo Rebe­lo de Sou­sa lob­te nach sei­ner Visi­te im Kran­ken­haus aus­drück­lich die Stär­ke der jun­gen Frau, die sich bei dem Unglück ein Bein brach.

Ihr Kol­le­ge José Sou­sa, der Bus­fah­rer, ist eben­falls immer noch im Kran­ken­haus Nélio Men­don­ça – zusam­men mit einer Deutschen.

Update 26. April: Inzwi­schen stimm­te der regio­na­le Gesund­heits­dienst Sou­sas Ent­las­sung aus dem Kran­ken­haus zu. Auf sei­nen per­sön­li­chen Wunsch und den der Ange­hö­ri­gen hin wur­de er aber am 24. April in eine Reha-Kli­nik der Luz-Grup­pe auf Madei­ra ver­legt. Dort soll er wei­ter­hin psy­cho­lo­gi­sche und medi­zi­ni­sche Hil­fe "außer­halb der öffent­li­chen Vesor­gung" erhal­ten, wel­che die Berufs­un­fall­ver­si­che­rung trägt, so Medienberichte.

Laut Insel­me­di­um Jorn­al da Madei­ra, das einen Besu­cher des Ver­letz­ten zitier­te, sprach der Bus­len­ker in ers­ten Äuße­run­gen von einem „mecha­ni­schen Defekt“ als Ursa­che. Bis­lang wird ein ein­ge­klemm­tes Gas­pe­dal oder ein Brems­ver­sa­gen vermutet.

Die Behör­den äußer­ten sich zu den lau­fen­den Ermitt­lun­gen vor­erst noch nicht. Der Fah­rer gilt nach Anga­ben por­tu­gie­si­scher Medi­en als erfah­ren und zuver­läs­sig. Ein Alko­hol­test unmit­tel­bar nach dem Unfall war nach amt­li­chen Aus­sa­gen nega­tiv aus­ge­fal­len. Vor dem Absturz den Hang im Dorf Cani­ço bei San­ta Cruz hin­un­ter soll Sou­sa noch ver­sucht haben, das Fahr­zeug auf der abschüs­si­gen, kur­ven­rei­chen Stre­cke zu brem­sen und gegen eine Beton­wand am Stra­ßen­rand zu  steuern.

Fah­rer soll bis 22 Uhr gear­bei­tet haben – um fünf Uhr begann sei­ne neue Schicht

Manu­el Oli­vei­ra, Funk­tio­när der Natio­na­len Fah­rer-Gewerk­schaft, sprach am Oster­sonn­tag im Fern­seh­sen­der SIC die Ver­mu­tung aus, dass der Fah­rer des Unglücks­bus­ses offen­sicht­lich eine aku­te Arbeits­be­las­tung gehabt habe, die „über das gesetz­lich Zuläs­si­ge“ hin­aus­ging. Am Tag vor dem Unfall habe er nach bis­lang unbe­stä­tig­ten Infor­ma­tio­nen bis 22 Uhr gear­bei­tet und am Mitt­woch, dem Unglücks­tag, um fünf Uhr sei­nen Dienst schon wie­der auf­neh­men müs­sen. Der Unfall geschah am spä­ten Nach­mit­tag gegen 18:30 Uhr, so dass der Mann somit wohl 13 Stun­den im Dienst war. Update: In der Zwi­schen­zeit bestritt das Bus­un­ter­neh­men einen Ver­stoß gegen die Arbeitszeit-Vorschriften.

Die deut­sche luthe­ri­sche Theo­lo­gin und Pfar­re­rin auf Madei­ra, Ilse Ever­li­en Berar­do. Screen­shot: ARD

Die Iden­ti­tät der 29 Getö­te­ten konn­te auch nach der Aut­op­sie nicht in jedem Fall geklärt wer­den. Jetzt sol­len aus Deutsch­land ange­for­der­te Datei­en mit Fin­ger­ab­drü­cken und zahn­ärzt­li­chen Bil­dern hel­fen, die end­gül­ti­ge Iden­ti­fi­zie­rung zu ermöglichen.

Die Über­füh­rung der Lei­chen wird wohl bereits in den nächs­ten Tagen nach der abge­schlos­se­nen Iden­ti­fi­zie­rung erfol­gen kön­nen, so Madei­ras Gesund­heits­se­kre­tär Pedro Ramos am Wochen­en­de gegen­über Jour­na­lis­ten. Wie die Iden­ti­fi­zie­rung abläuft, beschreibt ein Bericht auf der Inter­net-Sei­te des WDR in Köln.

Deut­sche über­stan­den Rück­trans­port problemlos

Die von der Luft­waf­fe mit dem MedE­vac-Air­bus A 310 nach Deutsch­land zurück­ge­hol­ten 15 über­le­ben­den Deut­schen über­stan­den die Heim­rei­se offen­bar pro­blem­los. Die ers­ten Pati­en­ten wur­den laut Unfall­kli­nik Köln-Mer­heim noch am Oster­wo­chen­en­de in der Nähe ihrer jewei­li­gen Wohn­or­te verlegt.

Die Ver­letz­ten sol­len aus den Bun­des­län­dern Nord­rhein-West­fa­len, Thü­rin­gen, Sach­sen-Anhalt und Baden-Würt­tem­berg stam­men. Wie die Poli­zei schon am Grün­don­ners­tag bestä­tig­te, kom­men von den Betrof­fe­nen aus Nord­rhein-West­fa­len vie­le aus dem Rhein-Erft-Kreis. Genaue­re Anga­ben mach­ten die Beam­ten nicht; sie ver­wie­sen dar­auf, dass die Anga­ben aus Por­tu­gal immer wie­der kor­ri­giert wor­den sei­en. 51 Rei­sen­de hat­ten den Urlaub bei Trend­tour Tou­ris­tik aus Frank­furt am Main gebucht, zwei bei Schau­ins­land-Rei­sen aus Duisburg.

Öku­me­ni­sche Andacht am 25. April

Am 25. April soll auf der Insel in einer öku­me­ni­schen Andacht der Opfer gedacht wer­den. Sowohl der katho­li­sche Bischof von Fun­chal als auch die Pfar­re­rin der deut­schen evan­ge­li­schen Gemein­de, Ilse Ever­li­en Berar­do, wer­den teil­neh­men. Sie ist die ers­te Frau, die in 500 Jah­ren christ­li­cher Prä­senz auf der Insel Madei­ra dort Pas­to­rin der luthe­ri­schen Kir­che wurde.

Update: Lesen Sie zu dem Gedenk­got­tes­dienst unse­ren Bei­trag "Madei­ra: Über­füll­ter Gedenk­got­tes­dienst für Bus­un­glück-Opfer".

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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