Algar­ve-Lie­be von Gün­ter Grass erleben

Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass (1927 bis 2015) war ein enger Freund der Algarve, besaß ein Haus im Raum Portimão. Das dortige städtische Museum zeigt noch bis 4. März 2018 Aquarelle, Radierungen und Plastiken des Multitalents unter den Literaten. Wir waren dort und sagen Ihnen, ob Sie sich auf die Suche nach den Algarve-Spuren des berühmten deutschen Schriftstellers machen sollten.
Günter Grass Ausstellung im Museum von Portimao über Liebe zur AlgarveGünter Grass Ausstellung im Museum von Portimao über Liebe zur Algarve

Grass-Ausstellung in Portimao. Foto: Hans-Joachim Allgaier

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Lite­ra­tur-Nobel­preis­trä­ger Gün­ter Grass (1927 bis 2015) war ein enger Freund der Algar­ve, besaß ein Haus im Raum Por­timão. Das dor­ti­ge städ­ti­sche Muse­um zeigt noch bis 4. März 2018 Aqua­rel­le, Radie­run­gen und Plas­ti­ken des Mul­ti­ta­lents unter den Lite­ra­ten. Wir waren dort und sagen Ihnen, ob Sie sich auf die Suche nach den Algar­ve-Spu­ren des berühm­ten deut­schen Schrift­stel­lers machen sollten.

Wer wis­sen will, wel­che Bezie­hun­gen Grass tat­säch­lich zu Por­tu­gal pfleg­te und wel­che Wer­ke hier, in der Abge­schie­den­heit und Ruhe der Atlan­tik­küs­te ent­stan­den oder beein­flusst wur­den, soll­te sich, wie ich es gemacht habe, beei­len. Denn die Aus­stel­lung, die Anfang Dezem­ber ihre Tore öff­ne­te, ist nur noch kur­ze Zeit zu sehen. 

Schon im Foy­er des Muse­ums, direkt neben dem bun­ten Pfer­de­fuhr­werk (unser Bei­trags­bild), sto­ße ich auf den Autor, der am 16. Okto­ber 2017 sei­nen 90. Geburts­tag gefei­ert hät­te. Ein groß­for­ma­ti­ges Schwarz­weiß-Foto zeigt den Schnurr­bär­ti­gen auf einem geschwun­ge­nen Sofa sit­zend mit einem Radier­stift in der Hand, ein Bild neben sich. Signa­li­siert wird mir: Gün­ter Grass hat hier sei­ne Hand­schrift hin­ter­las­sen. Sei­ne Signa­tur mit dem kraft­voll geschwun­ge­nen Unter­stri­chen der bei­den Gs prangt neben dem Foto.

 

Grass-Aus­stel­lung in Port­imao. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Begeg­nun­gen mit Gün­ter Grass in Por­timão

 

"Begeg­nun­gen": Aus­stel­lungs- und Lebens­mot­to für Gün­ter Grass. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Ich fra­ge am Emp­fang nach einer Bro­schü­re, nach einem klei­nen Kata­log zur Grass-Aus­stel­lung, erfah­re aber, dass es nichts der­glei­chen gibt. Nun gut, dann stei­ge ich eben unvor­be­rei­tet in die ers­te Eta­ge, den­ke ich. Dort emp­fängt mich ein rie­si­ges, rela­tiv grob­kör­ni­ges Farb­fo­to: Gün­ter Grass steht breit­bei­nig, mit Gum­mi­stie­feln an den Füßen, gebückt am Strand, und malt mit einem Stock etwas in den Sand. In der lin­ken Hand hat er ein Ziga­ril­lo. Die Sze­ne­rie beein­druckt mich. Das Gan­ze hat Atmo­sphä­re, fängt mich ein, ver­bin­det mich mit der Mee­res­küs­te, die nur ein paar hun­dert Meter von hier liegt.

„Encon­tros“, auf Deutsch: Begeg­nun­gen, steht auf einer Wand in der Tie­fe des groß­zü­gi­gen Rau­mes und dar­un­ter nur: Gün­ter Grass. Am meis­ten ste­chen mir die vie­len bun­ten Aqua­rel­le ins Auge. Ich suche nach Bezü­gen zur Algar­ve, nach Erläu­te­run­gen, die mir hel­fen, die Wer­ke und deren Bezug zum Wir­ken des Lite­ra­ten einzuordnen.

Doch da fin­de ich rela­tiv wenig, ein­mal abge­se­hen von der Text­ta­fel direkt am Ein­gang, unter einem Foto, das den Autor neben sei­ner Frau Ute sit­zend vor einer Stein­wand zeigt. Ich lerne:

Die­ses groß­for­ma­ti­ge Aus­stel­lungs-Bild zeigt das Ehe­paar Ute und Gün­ter Grass vor ihrem Haus an der Algar­ve. Repro: Hans-Joa­chim Allgaier
  • Im Mai 1976 kam Grass zum ers­ten Mal nach Por­tu­gal. Es gab eine klei­ne Serie von Lesun­gen, die von klei­nen Aus­stel­lun­gen beglei­tet waren. Auf Ein­la­dung des Goe­the-Insti­tuts äußer­te sich Grass zum The­ma „Schrift­stel­ler und Demokratie“.
  • 1981 unter­nahm Grass ers­te pri­va­te Rei­sen nach Por­tu­gal. Die Algar­ve „begeis­ter­te“ ihn, heißt es lako­nisch im Text. Grün­de nennt er nicht. Das Ehe­paar erwarb ein Haus (wo, wird nicht gesagt), besaß es sie­ben Jah­re, ver­kauf­te es dann und bau­te 1989 neu.
  • Anfangs kam die Groß­fa­mi­lie, ein­schließ­lich Kin­dern und Enkeln, mehr­fach im Jahr nach Por­tu­gal. Spä­ter wur­den zwei Auf­ent­hal­te die Regel – meist im Februar/März und Oktober/November.
  • Wäh­rend die­ser Auf­ent­hal­te sei­en vie­le Zeich­nun­gen und Aqua­rel­le ent­stan­den, lese ich. Eine genaue Zahl wird nicht ver­ra­ten. „Immer wie­der“ habe Grass hier auch Ter­ra­kot­ten geformt.
  • In bei­den Häu­sern habe in Grass‘ Werk­statt ein Steh­pult gestan­den, vor dem der Schrift­stel­ler an Manu­skrip­ten arbei­te­te – mit der Hand oder einer mecha­ni­schen Schreib­ma­schi­ne. Lei­der kann ich weder Pult noch Schreib­ma­schi­ne erspä­hen, nicht ein­mal Bil­der davon.

Doch dann bekom­me ich erläu­tert, was ich dank der bil­den­den Kunst im Raum ohne­hin sehe: „Vie­len Zeich­nun­gen und Tex­ten ist abzu­le­sen, was Grass mit Por­tu­gal ver­band“. Fische, Strand, Küs­te, Vege­ta­ti­on, sei­ne Schu­he und Fund­sa­chen wur­den zu Moti­ven des Künstlers.

Grass schrieb, form­te, mal­te, zeich­ne­te an der Algarve

 

Die Blech­trom­mel darf selbst­ver­ständ­lich auch in der Aus­stel­lung von Port­imao nicht feh­len. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Das ist dann aber auch fast schon alles, was mir die Aus­stel­lungs­ma­cher an Hil­fen bie­ten, um die Algar­ve-Lie­be von Gün­ter Grass nicht nur zu erken­nen, son­dern auch zu ver­ste­hen. An ande­rer Stel­le bekom­me ich unver­mit­telt ein Zitat aus dem berühm­ten Werk „Die Blech­trom­mel“ vor Augen gestellt:

„Das war nicht die sanf­te Ost­see, die mich flaschengrün

und mäd­chen­haft schluch­zend erwar­te­te. Da erprob­te der

Atlan­tik sein uraltes Manö­ver: stürm­te bei Flut vor, zog sich

bei Ebbe zurück.“

Wor­auf genau sich das Blech­trom­mel-Zitat bezieht, bleibt mir hier in der Aus­stel­lung lei­der ein Rät­sel. Das Schlag­in­stru­ment selbst ent­de­cke ich in einer von zwei Glas­vi­tri­nen, zusam­men mit der Pfei­fe und einer lee­ren Tabak­do­se („Dunhill Ear­ly Mor­ning Pipe) sowie Muscheln, Far­be, Pin­sel und Mal­stif­ten sowie der Skulp­tur „Mäd­chen mit Apfel“ aus dem Jahr 1950. Zwei wei­te­re Glas­vi­tri­nen zei­gen aller­hand Bücher des Nobel­preis­trä­gers von 1999, aber auch fünf klei­ne Pri­vat­pho­tos von Strand- und Haus-Sze­nen sowie eine Ter­ra­kot­ta-Krö­te. In der Mit­te des Aus­stel­lungs­rau­mes thront eine beein­dru­cken­de Skulp­tur des Künst­lers: eine Hand, die einen Fisch hält. Doch kein Wort ver­liert die Aus­stel­lung über Grass-Freund José Sara­ma­go, sei­nen por­tu­gie­si­schen Freund und Schrift­stel­ler­kol­le­gen, der ein Jahr vor ihm den Lite­ra­tur-Nobel­preis erhal­ten hat­te. Und ver­ständ­nis­vol­le Wor­te fand, als 2006 bekannt wur­de, dass Grass bis­lang über sei­ne Mit­glied­schaft als 17-jäh­ri­ger Jugend­li­cher in der Waf­fen-SS der Nazis geschwie­gen hatte.

 

Aber, sie­he da, ein wenig Per­sön­li­ches, das mir den Algar­ve-Lieb­ha­ber Grass etwas näher bringt, ist doch noch zu ent­de­cken. Neben dem Bild, das meh­re­re Insek­ten von der Art Got­tes­an­be­te­rin zeigt, lese an einer Schrift­ta­fel zum „Vale das Eiras“ (das liegt, ohne aus­drück­lich erwähnt zu wer­den, in der Nähe von Mexil­hoei­ra Gran­de) mit Datum 8. Janu­ar 1990:

„Ges­tern habe ich aus vier Cho­cos Tin­ten­fi­schen mitt­le­rer Grö­ße eine bei­na­he gefüll­te Drei­vier­tel­li­ter­fla­sche ‚Sepia Natu­ral‘ gewon­nen und damit heu­te, nach einer vom Herbst des letz­ten Jah­res gut in Alko­hol kon­ser­vier­ten Vor­la­ge, einen ‚Tanz der Got­tes­an­be­te­rin­nen‘ gezeichnet.

Jung ist die Natur­tin­te unbe­re­chen­bar in ihrer Schwär­ze, spä­ter wird sie (manch­mal) schwarz­braun kon­sis­tent. Der Vor­gang des Tin­te­ge­win­nens – heu­te gab es die Cho­cos mit Gemü­se gekocht – ist eine Lust. (Zum ers­ten Mal habe ich die­se Tin­te Ender der sech­zi­ger Jah­re in der Bre­ta­gne benutzt, dann erst wie­der seit Mit­te der acht­zi­ger Jah­re, seit­dem ich in Por­tu­gal der Quel­le nahe bin.)“

 

Grass gewann Tin­te aus Fischen

 

Die­ses Foto, das die Zeit­schrift Publi­co einst ver­öf­fent­lich­te, soll das dama­li­ge Haus von Gün­ter Grass an der Algar­ve zei­gen. Foto: Nuno Jesus

Aha, Gün­ter Grass hat Tin­ten­fi­sche, wie sie auch hier gefan­gen wer­den, erst genutzt, um Far­be fürs Malen und Zeich­nen zu „mel­ken“, und sie dann genüss­lich ver­speist. Genau­so, wie er sich auch den Edel­fisch Butt ein­ver­leib­te, ja, ihn so gese­hen ver­in­ner­lich­te. Ein wei­te­res Text­zi­tat aus dem Grass-Werk „Der Butt“ spielt in der Aus­stel­lung dar­auf an.

Und noch ein Text­schnip­sel nimmt Bezug auf die Regi­on hier. In „Unter­wegs von Deutsch­land nach Deutsch­land“ heißt es in einem Ein­trag zum 8. Janu­ar 1991:

„Nach end­li­chem Schlaf (sechs bis sie­ben Stun­den) und bes­se­rem Wet­ter haben wir Pflan­zen gekauft, dar­un­ter einen lang auf­schie­ßen­den, sich weit ver­zwei­gen­den Kak­tus. Pflanz­te ihn zwi­schen drei Rosmarinsetzlinge“.

Kein Wort aber dar­über, dass Grass sein Haus in der Gegend zwi­schen Mexil­hoei­ra Gran­de und Mon­chi­que „Casa Ros­ma­no“ genannt hat­te – weil dort wil­der Ros­ma­rin wuchs.

Hin und wie­der tauch­te also die Algar­ve in den Bil­dern des viel­be­gab­ten Deut­schen auf. War­um sie das aber kaum in sei­nen Büchern tut – dar­über erfährt der Besu­cher der Aus­stel­lung in Por­timão lei­der nichts. Man muss schon man­che Nach­ru­fe nach­le­sen, um mehr über Grass‘ Zunei­gung zum Rand Kon­ti­nen­tal­eu­ro­pas zu erfah­ren, wo er in der Hit­ze pro­blem­los über die ver­eis­te Ost­see schrei­ben konn­te. Und das Grass sei­ne Rede zur Annah­me des Lite­ra­tur-Nobel­prei­ses teil­wei­se in Por­tu­gal geschrie­ben hat, wie Clau­dia Hahn-Rabe berich­tet, die Lei­te­rin des Goe­the-Insti­tuts, bleibt mir als Aus­stel­lungs­be­su­cher eben­falls verborgen.

Die Kak­teen in sei­nem kar­gen, tro­cke­nen por­tu­gie­si­schen Gar­ten habe er geliebt, weil sie Über­le­bens­künst­ler sind. Sein Gärt­ner Manu­el Mar­tins Bar­r­an­ha berich­te­te bei der Aus­stel­lungs­er­öff­nung, Grass habe gepfleg­te Rasen­flä­chen ver­ach­tet. Um sein Haus her­um habe es ein natür­li­ches Wäld­chen und viel Gestrüpp gege­ben. Der Haus­herr habe es geliebt, selbst die Ker­ne aus den Zap­fen der Pini­en zu holen.

 

Grass lieb­te regio­na­le Naturprodukte

 

Grass mal­te an der Algar­ve auch sei­ne Wan­der­schu­he. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Laut sei­nem Freund Damião Sequei­ra, einem ehe­ma­li­gen Deutsch­leh­rer aus Por­timão, ging Grass ger­ne auf den Bau­ern­markt, um regio­na­le Natur­pro­duk­te zu kau­fen. Selbst geba­cke­nes Brot war ihm eben­so eine Gau­men­freu­de wie Zie­gen­milch vom Nach­barn oder auf den Hügeln gesam­mel­te Pil­ze. Auch der hie­si­ge Wald­erd­beer-Schnaps Medron­ho habe ihm gemundet.

Die Kork­ei­chen­wäl­der, aber auch den wei­ten Muschel­strand zwi­schen Alvor und Lagos habe er, der in sei­nen Tex­ten die Fische Geschich­ten erzäh­len ließ, gemocht. Das Gefühl, im wil­den Süd­wes­ten, am Ran­de Euro­pas, zu leben, ohne wirk­lich abge­schie­den zu sein, ver­schaff­te ihm offen­bar Wohl­ge­fühl, lese ich in Artikeln.

Es wird berich­tet, dass Grass deut­sche Zei­tun­gen kauf­te, die hier erst einen Tag spä­ter anka­men, und über Kurz­wel­le Sen­dun­gen der Deut­schen Wel­le hör­te. Auch an den Berg­hän­gen von Mon­chi­que sei der Freund des por­tu­gie­si­schen Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­gers José Sara­ma­go ein Beob­ach­ter mit Wider­spruchs­geist gewe­sen, der sich ein­misch­te, gele­gent­lich sei­nem Zorn Luft ver­schaff­te. Grass bewun­der­te die so genann­te Nel­ken­re­vo­lu­ti­on nach dem 25. April 1974 in Por­tu­gal, den Weg der Por­tu­gie­sen in die Demo­kra­tie, hat­te vor allem die Algar­vi­os und ihre Land­schaft ins Herz geschlossen.

Grass zeich­ne­te den Butt, so lässt sich in einem Lite­ra­tur­ar­chiv nach­le­sen, lan­ge bevor er ihn zu Wort kom­men ließ, als Roman ver­ar­bei­te­te. Die Urfas­sung sei­ner „Unkenrufe“-Kapitel, die er in Por­tu­gal zu Papier zu brin­gen begann, schmück­te er mit dicken Krötentieren.

 

Grass und die Fische: Zeich­nen, zu Wort kom­men las­sen, verspeisen

 

Grass-Werk in der Aus­stel­lung in Port­imao an der Algar­ve. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Nach­dem der Meis­ter­li­te­rat den rosa­far­be­nen Barsch gezeich­net hat­te, rieb er ihn mit Salz ein, grill­te ihn berei­te­te ihn mit einer Soße aus Öl, Knob­lauch und klein geschnit­te­nen Sal­bei­blät­tern zu. Gemein­sam mit sei­ner Frau Ute ver­zehr­te er den Fisch im Frei­en und trank dazu Vin­ho Ver­de. Dann gab Grass der Geschich­te „Der Barsch“ noch einen Epi­log. Eine wei­te­re Zeich­nung zeigt das abge­nag­te Tier vor por­tu­gie­si­scher Land­schaft. Die Grä­ten star­ren den Betrach­ter wie tote Zwei­ge an.

Die fer­ne und fried­li­che Algar­ve – sie war für den berühm­ten Deut­schen genü­gend ein­sa­mer Rück­zugs­ort und Quel­le der Inspi­ra­ti­on, bot ihm aber auch den Raum für süßes und den­noch „kon­zen­trier­tes“ Nichts­tun abseits des beweg­ten Lebens in Deutsch­land. Hier konn­te er inten­siv an neu­en Tex­ten, Bil­dern oder Skulp­tu­ren arbei­ten oder ein­fach fau­len­zen und genießen.

Sei­ne längs­te und sicht­bars­te Ver­bin­dung zur Algar­ve war das Kul­tur­zen­trum von São Lou­ren­ço in Alman­cil. Mit­grün­der der seit 2012 geschlos­se­nen Insti­tu­ti­on waren Marie Huber und ihr Mann Vol­ker. Marie wohn­te der Aus­stel­lungs­er­öff­nung in Por­timão bei. Erstaun­lich fin­de ich, dass die Aus­stel­lung gar nicht dar­auf ein­geht, wo es doch dort, im Kul­tur­zen­trum São Lou­ren­ço, vie­le Buch­vor­stel­lun­gen und Aus­stel­lun­gen gege­ben hat­te. Eben­so stau­ne ich dar­über, dass die Aus­stel­lung kein Wort dar­über ver­liert, dass Grass im Jahr 2010 die Schirm­herr­schaft über die ers­te Aus­ga­be des Inter­na­tio­na­len Lite­ra­tur­fes­ti­vals der Algar­ve in Lagos übernahm.

 

So blickt auf einem Aus­stel­lungs­fo­to Gün­ter Grass auf die Besu­cher der Algar­ve-Aus­stel­lung. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

Grass frag­te nach Medronho

 

Als es sei­nem Lebens­en­de zuging, konn­te Grass aus gesund­heit­li­chen Grün­den nicht mehr an die gelieb­te Algar­ve flüch­ten. 2012 war er ein letz­tes Mal in Alman­cil. Sein Freund Damião Sequei­ra besuch­te den Rekon­va­les­zen­ten Ende März 2015 in Behlenburg.

Auf der Aus­stel­lungs­er­öff­nung in Por­timão berich­te­te Sequei­ra: „Als ich die Kli­nik ver­ließ, hät­te ich nie gedacht, ihn zwei Wochen spä­ter zu ver­lie­ren. Er frag­te mich sogar noch, ob ich Medron­ho mit­ge­bracht hätte…!“

In sei­nem letz­ten Buch „Von­ne End­lich­kait“ fass­te Grass sei­ne Abschieds­ge­füh­le in die­se Worte:

„Ach, mein ver­lo­re­nes Por­tu­gal, wie fehlt mir

Dei­ne süd­west­li­che Küste.“

Algar­ve-Lieb­ha­ber Gün­ter Grass starb am 13. April 2015 in Lübeck.

 

Aus­stel­lung zu Grass: mein per­sön­li­ches Fazit

 

Mein per­sön­li­ches Fazit zur Aus­stel­lung „Encon­tros“: Es ist emp­feh­lens­wert, sie sich noch in Por­timão anzu­schau­en. Wer vie­le per­sön­li­che Ver­bin­dun­gen zwi­schen Grass und der Algar­ve ent­de­cken möch­te, wird aller­dings das Gefühl nicht los, dass dies alles etwas mensch­li­cher, far­bi­ger, authen­ti­scher hät­te prä­sen­tiert wer­den kön­nen. Muse­ums­di­dak­tik emp­fiehlt heut­zu­ta­ge ande­re, bes­se­re Ver­mitt­lungs­for­men, die inspi­rie­ren­der sind.

Das meis­te ist schlicht auf­ge­hängt und hin­ge­stellt, es feh­len erhel­len­de, prä­zi­se Erläu­te­run­gen, die Zusam­men­hän­ge her­stel­len. Vie­les bleibt im All­ge­mei­nen, Unschar­fen. Ver­mut­lich weil die Aus­stel­lung auch noch an ande­ren Orten gezeigt wer­den soll, ist der Algar­ve-Bezug wenig expli­zit, steht gene­rell eher der Por­tu­gal-Freund Grass im Vor­der­grund. Alles in allem jedoch lohnt sich ein Besuch – allein schon des­halb, weil der Besu­cher ein­drucks­voll die künst­le­ri­sche Viel­falt im Schaf­fen des Schrift­stel­lers Gün­ter Grass erlebt.

Die kos­ten­los zu besich­ti­gen­de Aus­stel­lung „Encon­tros“ ist ein Pro­jekt des Goe­the-Insti­tuts Por­tu­gal in Zusam­men­ar­beit mit der Gün­ter und Ute Grass-Stif­tung, dem Gün­ter Grass-Haus in Lübeck sowie dem Muse­um und der Stadt Por­timão. Sie wird unter­stützt von der Deut­schen Bot­schaft in Lis­sa­bon und der Bar­tho­lo­mäus­brü­der­schaft der Deut­schen in Lis­sa­bon und Niepoort.

Museu de Por­timão

Rua D. Car­los – Zona Ribeirinha

8500–607 Por­timão

Öff­nungs­zei­ten: Diens­tags 14:30 bis 18 Uhr, mitt­wochs bis sonn­tags: 10 bis 16:30 Uhr

Tele­fon: +351 282 405 230, E‑Mail: museu@cm-portimao.pt  

www.museudeportimao.pt

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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