Streik trifft Portugal-Verkehr mitten in den Ferien
Genau in der touristischen Hochsaison trifft ein Streik der Tankwagenfahrer, der am Montag, 12. August, beginnt, den Portugal-Verkehr. Eine bis Samstagabend gesetzte Frist der Gewerkschaft verstrich, ohne dass es ein neues Verhandlungsangebot der Spediteure oder gar eine Einigung gab. Die Regierung rief den Energie-Notstand aus und ordnete eine höhere Mindestversorgung der Tankstellen an, als sie bisher verpflichtend war. Beides soll eine Lähmung des Landes wie kurz vor Ostern verhindern.

Mehrere portugiesische Fernfahrer-Gewerkschaften hatten dem Spediteursverband ANTRAM die Möglichkeit gegeben, noch am Samstag durch geeignete Vorschläge eine Rücknahme des Streikbeschlusses erreichen – gewissermaßen als letzte Chance.
Plenumsversammlungen der Mitglieder fanden dazu über den ganzen Tag verteilt in Leiria, Aveiras de Cima und Olhão (Algarve) statt. Eingeladen hatten die Gefahrgutfahrer-Gewerkschaft SNMMP und die Arbeitnehmervertretung der unabhängigen Handels-Fahrer, SIMM. Bereits am Mittag zeichnete sich ab, dass SIMM gegen eine Aussetzung des Streiks plädieren würde.
Am Abend, gegen 19:30 Uhr Ortszeit, teilte sie nach einer gemeinsamen Plenarsitzung mit der Gewerkschaft der Gefahrgutfahrer in Aveiras de Cima bei Lissabon den endgültigen Entschluss mit: "Der Streik soll stattfinden – für unbestimmte Zeit", formulierte SIMM-Sprecher Anacleto Rodrigues.
Über die sich anbahnende Entwicklung hatten wir in diesen Beiträgen der beiden vergangenen Tage berichtet und Tipps für Urlauber und Residenten gegeben:
Portugal: Tankwagenfahrer-Streik löst Ansturm auf Zapfsäulen aus
Wegen Streiks: Tank-Tipps für Algarve-Fahrer
Portugal-Verkehr soll durch Mindestversorgung mit Treibstoff flüssig bleiben
Am Mittwoch hatte die Regierung die Tarifparteien verpflichet, eine Mindestversorgung des Landes mit Treibstoffen in der Größenordnung zwischen 50 und 100 Prozent sicherzustellen. Bislang hatten niedrigere Werte gegolten. Mit einer Klage gegen die neuerliche Festsetzung vor dem Verwaltungsgericht Lissabon scheiterten die Arbeitnehmervertreter am Freitag, wollen aber Berufung einlegen.
Am Freitag rief das portugiesische Kabinett vorsorglich den Energie-Notstand aus. Er soll bis 21. August gelten und die Energieversorgung gewährleisten „für die Verteidigung, das Funktionieren des Staates und die vorrangigen Sektoren der Wirtschaft sowie die Befriedigung der wesentlichen Dienstleistungen von öffentlichem Interesse und der Grundbedürfnisse der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung“.

Das sind die Konsequenzen für den Portugal-Verkehr
- Es wurde ein Notfall-Netzwerk (REPA) von Tankstellen definiert. Als REPA-SOS gekennzeichnete Tankstellen dienen ausschließlich der prioritären Versorgung von Streitkräften, Sicherheitskräften und für die medizinische Versorgung. Die anderen, „normalen“ REPA-Stationen – mit mehr als 320 Tankstellen in ganz Portugal – dienen der sicheren Belieferung der breiten Öffentlichkeit während des Streiks.
- Die Tankmenge darf pro Vorgang höchstens 15 Liter betragen. Ausgenommen davon ist nur die prioritäre Versorgung (REPA-SOS).
- An Tankstellen, die nicht zum Notfall-Netzwerk REPA gehören, können Personenwagen während des Streiks nur bis zu 25 Liter Kraftstoff und schwerere Fahrzeuge bis zu 100 Liter tanken.
Am Samstagnachmittag verfügten nach Angaben des Fernsehsenders RTP 85 Prozent der fast 3.000 Tankstellen in Portugal über Treibstoff. Am Freitag waren es noch 93 Prozent gewesen. Dennoch begannen sich nach dem seit Mittwoch verzeichneten Ansturm am Freitag die Schlangen vor den Tankstellen wieder zu normalisieren. Der Portugal-Verkehr lief zum Start in das Ferien-Wochenende vergleichsweise flüssig.
Portugal-Verkehr und Alltag vom Streik in Mitleidenschaft gezogen
Noch am Montag hatte die Regierung vorgeschlagen, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten ein Schlichtungsverfahren in Gang zu setzen, das Verhandlungen zwischen den Tarifparteien und einen Verzicht auf Streiks zur Folge hat. Dazu kam es aber nicht.
Update Sonntag, 11. August, 6:30 Uhr: Ministerpräsident António Costa wird sich am Sonntag mit der nationalen Behörde für den Energiesektor (ENSE) und Koordinatoren für die innere Sicherheit beraten. Der Premierminister will sich dabei bestätigen lassen, dass die Kraftstoffreserven im Land garantiert sind. Ferner will Costa prüfen, ob alle Sicherheitsmaßnahmen getroffen sind und ob es gegebenenfalls nötig ist, zivile Tankfahrzeuge und Lkw von staatlicher Seite zu requirieren. Damit würde dann die vorgeschriebene Mindestversorgung der Tankstellen sichergestellt, wenn die Tarifparteien dabei versagten.
Streik im Portugal-Verkehr schon Mitte Juli angekündigt
Die Gewerkschaften der Gefahrgut- und Handels-Fahrer hatten ihren unbefristeten Streik schon am 15. Juli angekündigt. Sie werfen der Arbeitgeberseite vor, die im Mai unterzeichnete Vereinbarung nicht einhalten zu wollen. Nach Vorstellung der Arbeitnehmervertreter soll sich der Grundlohn bis 2022 schrittweise erhöhen – von bislang 630 auf 700 Euro monatlich im Jahr 2020 und um jeweils 100 Euro in den beiden Folgejahren. Das hätte einschließlich Zulagen Monatslöhne von 1.400 Euro im kommenden Jahr, 1.550 Euro im Jahr 2021 und 1.715 Euro im Jahr 2022 zur Folge.

Auch die Gewerkschaft der Straßen- und Stadtverkehrsarbeiter des Nordens (STRUN) kündigte am Samstag an, sich an dem Streik beteiligen zu wollen.
Nach einer Dringlichkeitssitzung des Kabinetts am Samstag räumte Ministerpräsident António Costa ein, dass "dieser Streik den Alltag der Portugiesen nicht unberührt lassen wird". Der Premierminister versicherte, die Regierung werde nicht zögern, ihre "eigenen Befugnisse" auszuüben und andere Maßnahmen zu ergreifen, falls bei einem Streik der Fahrer die Mindestversorgung nicht gewährleistet werde. Die Regierung sei „in der Lage, die mögliche Antwort zu geben" und werde trotz Respektierung des Streikrechts für die Einhaltung des Gesetzes sorgen.
Hans-Joachim Allgaier
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