Algarve leidet im Tankwagen-Streik Portugals weiter
In Portugal gibt es derzeit keine Anzeichen dafür, dass der seit vier Tagen dauernde unbefristete Tankwagen-Streik schnell beendet werden könnte. Die Verfügbarkeit von Kraftstoffen ist im Urlaubsgebiet Algarve sowie im südlichen Alentejo stärker eingeschränkt als im Rest des Landes. Hier die Übersicht für Donnerstag, 15. August.
Die Arbeitgeber lehnten am Mittwoch ein Angebot der Gefahrgut-Fahrer zur Wiederaufnahme der Verhandlungenam Donnerstag ab. Erst müsse der Streik beendet werden, hieß es. Die Gewerkschaft kündigte darauf die Fortsetzung des Ausstands an und beschuldigte die Regierung in Lissabon, den Spediteursverband zu schützen.
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Im Tankwagen-Streik sind die Fronten verhärtet
Die Arbeitgeber schlossen unterdessen mit einer anderen Fahrer-Gewerkschaft als der für Lenker von Gefahrgut-Transportern einen Tarifvertrag ab. Er sieht ab 2020 eine Erhöhung der Mindestlöhne um 120 Euro vor.
Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass sie gegen den Vize-Präsidenten der Gefahrgutfahrer-Gewerkschaft, Pedro Pardal Henriques, Ermittlungen aufgenommen habe. Henriques ist gleichzeitig Anwalt. Genauere Gründe für die Ermittlungen sind derzeit nicht bekannt.
Laut Regierung wird die im Rahmen des bis 21. August verhängten Energie-Notstands angeordnete Mindestversorgung des Tankstellennetzes „im Allgemeinen“ eingehalten. Die Beschlagnahmung von 86 zivilen Tankfahrzeugen für Auslieferungsfahrten durch 186 Polizisten und Soldaten soll zunächst nicht ausgeweitet werden.
Im Tankwagen-Streik Strafen wegen zivilen Ungehorsams angedroht
Obwohl die Fahrer beim Tankwagen-Streik per Gesetz zur Arbeit im Rahmen der begrenzten Mindestversorgung von gut 300 der etwa 3.000 Tankstellen im Lande verpflichtet sind, weigerte sich bislang etwa ein Dutzend. Sie wurden angezeigt. Ihnen drohen wegen zivilen Ungehorsams Gefängnisstrafen bis zu zwei Jahren.
An der für die Algarve-Versorgung wichtigen Raffinerie Sines geht der Streik trotz Requirierung der Tankwagen weiter. Die in die Mindestversorgung einbezogenen Lkw-Fahrer arbeiten aber maximal acht Stunden pro Tag. Normalerweise sind sie bis doppelt so lange tätig.
Tankwagen-Streik: So sieht am Tag 4 die Lage aus
Die Fahrer im portugiesischen Tankwagen-Streik fordern statt bisher 630 Euro künftig 900 Euro Grundlohn im Monat plus Zulagen. Dieser Satz soll ab 2022 gelten. Die Spediteure bezeichneten das als unbezahlbar.
Seit Montag können wegen der Ausnahmesituation in Portugal an regulären Tankstellen nur noch 25 Liter Treibstoff pro Auto und 100 Liter pro Lastwagen verkauft werden. An Stellen des Netzes mit garantierter Mindestversorgung (REPA) sind es 15 Liter pro Tankvorgang.
Die nationale Stelle für den Energiesektor in Portugal veröffentlicht auf ihrer Webseite regelmäßig eigene offizielle Informationen zur Treibstoff-Versorgung im Lande. Momentane Versorgungsengpässe im Süden Portugals veranlassen viele Einwohner und Touristen dort, zum Tanken in die preiswertere spanische Nachbarregion Andalusien auszuweichen. Vor Tankstellen in der Region Huelva, aber auch in den Gebieten Badajoz, Zamora und Salamanca sind lange Autokolonnen mit portugiesischen Kennzeichen zu beobachten.
Südlicher Alentejo bekommt während Tankwagen-Streik noch weniger Sprit als Algarve
Für Portugals wichtigste Tourismusregion, die Algarve, meldeten die Behörden am Mittwochabend Füllstände von 47 Prozent in den Diesel- (Gasóleo-) und 42 Prozent in den Benzin-Tanks (Gasolina) der Tankstellen an der Südküste. Im ganzen Land waren um 17 Uhr die Vorräte zu 59 Prozent (Diesel) bzw. 43 Prozent aufgefüllt. Schlechter als an der Algarve sieht es nur im südlichen Alentjeo (Bezirk Beja) aus. Dort waren am Mittwochabend die Diesel-Tanks nur zu 34 Prozent und die Benzin-Tanks nur zu 30 Prozent gefüllt.
Nach wie vor sind an der Südküste einige Tankstellen phasenweise komplett leergepumpt, andere können nur bestimmte Kraftstoffarten anbieten. Unbeeinträchtig erscheint unterdessen der Wassersport-Betrieb rund um die Yachthäfen der Region. Auch scheint für die Werbebanner an den Stränden vorbeiziehenden Sportflugzeuge genügend Flugbenzin vorrätig zu sein.
Um eine Übersicht über die Verfügbarkeit von Kraftstoffen im gegenwörtigen Tankwagen-Streik bemüht sich die Initiative „Já Não Dá Para Abastecer“ auf ihrer Webseite. Hier kann man sehen, an welchen Tankstellen Autofahrer nichts oder nur bestimmten Treibstoff erhalten.
Am frühen Donnerstagmorgen sah ein zusammenfasssender Überblick, vermittelt nach Freiwilligen-Meldungen durch Nutzer der Navigations-App WAZE so aus: Von knapp 800 angefahrenen Tankstellen in Portugal sind 26 Prozent ohne Diesel und an gut 570 überprüften Stationen gibt es in 19 Prozent der Fälle kein Benzin.
Das Auswärtige Amt in Berlin hatte am Mittwochvormittag den Tankwagen-Streik in Portugal zum Anlass für eine über Twitter verbreitete Kurznachricht genommen. Danach waren zu jener Zeit etwas 15 Prozent der Tankstellen im Land "trocken", das heißt leergepumpt. Reisenden sollten die Bereits an der Algarve beachten, hieß es.
Auswirkungen von Tankwagen-Streik "abscheulich und ungerechtfertigt"
Scharfe Kritik an den Tarifparteien äußerte der Präsident des regionalen Algarve-Tourismusverbands RTA, João Fernandes. Es sei "bedauerlich“, dass trotz aller Einigungs-Bemühungen das Streik-Problem den Tourismus in der Region „abscheulich und ungerechtfertigt“ bestrafe. „Wir hoffen, dass die beiden beteiligten Parteien sich schnell dazu entschließen, die Touristen und die ansässige Bevölkerung zu respektieren", teilte Fernandes in einer schriftlich verbreiteten Stellungnahme mit.
Der Tourismus-Experte verwies darauf, dass sich im August die Zahl der Einwohner an der Algarve verdreifacht. Deshalb sei es notwendig, Ruhe und Sicherheit für die Touristen und Residenten zu gewährleisten, die Entspannung suchten. Laut Fernandes war seine Organisation im Juli als einziger Tourismusverband an den interministeriellen Treffen zur Vorbereitung auf den angekündigten Streik beteiligt.
Mindestversorgung bei Tankwagen-Streik als kritisch angesehen
RTA habe dabei Vorschläge eingereicht, welche sich auf eine Neudefinition des Notfall-Tankstellennetzes REPA bezogen und auf offiziellen Verbrauchsdaten aus dem August 2018 beruhten, so Fernandes. Er habe auf den Tankwagen-Streik blickend klar gemacht, dass er die tatsächliche Gewährleistung der Mindestversorgung als kritischen Punkt ansehe.
Nach Fernandes' Worten haben in der entsprechenden Arbeitsgruppe folgende Institutionen mitgewirkt: Autovermieter-Verband ARAC, Flughafen Faro, Verband der Reisebüros und des Tourismus (APAVT), Verband der Hotel- und Tourismus-Unternehmen der Algarve (AHETA), Verband des Hotel- und Gaststättengewerbes der Algarve (AIHSA), Wirtschaftsverband der Algarve (NERA), Portugiesischer Verband der Freizeithäfen, Verband Turismo de Portugal und Vertreter des Lebensmittelhandels.
Bevorzugung der Algarve erwirkt
Der Interessensvertreter des Algarve-Tourismus verriet, dass er am ersten Streiktag nach Überprüfung der Mindestversorgung die Regierung gebeten haben, die Algarve bei der Belieferung mit Kraftstoffen zu bevorzugen. Deshalb begrüßt Fernandes die rasche Entscheidung zur Requirierung ziviler Tankfahrzeuge und dem Einsatz von Soldaten und Polizisten als Fahrer.