Deutsche Polizisten haben in der vergangenen Woche mit Hilfe von Kollegen der portugiesischen Grenz- und Ausländerbehörde SEF in vier baden-württembergischen Städten Hausdurchsuchungen durchgeführt – im Rahmen einer gemeinsamen Aktion mit belgischen Ordnungshütern. Es geht, wie am Sonntag bekannt wurde, um organisierte Kriminalität rund um Scheinehen.
Wie die SEF mitteilte, unterstützten vier ihrer Inspektoren und ein Europol-Beamter, als deutsche Kollegen in den baden-württembergischen Städten Karlsruhe, Aalen, Freiburg und Mahlberg (Ortenaukreis) Hausdurchsuchungen durchführten. Die Polizisten beschlagnahmten verschiedene Dokumente und Gegenstände, welche die Tätigkeit eines kriminellen Netzwerks belegen sollen, das Scheinehen organisierte. Unter anderem soll es sich um gefälschte Heiratsurkunden, portugiesische Reisepässe, Belege für Reiseaufwendungen, Quittungen für Geldtransfers zwischen den Netzwerk-Mitgliedern sowie Smartphones und Laptops handeln.
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Portugiesinnen für Scheinehen mit Indonesiern rekrutiert
Die Zusammenarbeit habe es ermöglicht, Verbindungen zu einer laufenden SEF-Untersuchung über Scheinehen herzustellen, welche die portugiesischen Beamten seit Januar 2019 unter dem Namen „Amouda“ durchführen. Unterstützt werden sie dabei auch von Europol und Eurojust. Im Zentrum steht ein kriminelles Netzwerk, das inzwischen aufgelöst wurde. Es bediente sich portugiesischer Bürgerinnen, die nach Belgien und Deutschland reisten, um sich dort als Ehefrauen ausländischer Staatsangehöriger auszugeben. Damit wollten die Männer die Legalisierung ihres Aufenthalts in diesen Ländern erreichen, Unternehmen eröffnen und Sozialversicherungsleistungen erhalten.
Für Scheinehen erhielten Portugiesinnen nur 5.000 Euro
Nach Angaben der SEF wurden die Frauen rekrutiert, um ihnen unbekannte Männer indonesischer Herkunft zu heiraten. Für die Scheinehe erhielten die Portugiesinnen lediglich rund 5.000 Euro. Die "verheirateten" Paare reisten dann ins Drittland ein, wo die Männer dank der scheinbaren Heirat mit einer EU-Bürgerin Aufenthaltsrechte erhielten und Sozialleistungen bezogen.
Die Teile des Netzwerks, welche die Portugiesinnen rekrutierten, fälschten die dafür notwendigen Dokumente und organisierten die Ausreisen der Schein-Ehefrauen. Die Frauen wurden vor Ort in Häusern gemeldet, deren offizielle Adresse den Behörden als Schein-Wohnsitz gemeldet wurde. Im Zusammenhang mit der Aktion Amouda gingen der portugiesischen Grenz- und Ausländerpolizei vier Kriminelle ins Netz.
Scheinehen-Problematik schon älter
Im vergangenen Jar hatte bereits die Berliner Polizei eine breit angelegte Betrugsserie mit Scheinehen aufgedeckt. Hier waren Männern aus Nigeria und ebenfalls wieder Frauen aus Portugal im Spiel. Und so funktionierte das betrügerische Vorgehen: Die Nigerianer bezahlten mehrere tausend Euro – wie es heißt wurden im Einzelfall Beträge bis zu 15.000 Euro fällig – an eine Schleuserbande. Ihr Anführer, damals 52 Jahre alt stammte dem Vernehmen nach aus Portugal. Er verwendete nach Medieninformationen mehr als ein Dutzend Aliasnamen. Der Mann rekrutierte Portugiesinnen, die meist aus dem Drogenmilieu stammten, damit diese zum Schein Ehen mit den Männern aus dem afrikanischen Land eingingen. Dort in Nigeria beschafften Komplizen der kriminellen Vereinigung gefälschte Heiratsurkunden.
Die Portugiesinnen wurden dann für einige Tage nach Berlin geflogen und erschienen mit dem nigerianischen "Ehepartner" auf der Ausländerbehörde. Dort beantragten sie für den Mann eine so genannte EU-Aufenthaltskarte. Solche werden meist für eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren ausgestellt und berechtigen auch dazu, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Neben Berlin fahndet auch Baden-Württemberg nach Scheinehen-Betrügern
Ende Mai dieses Jahres hatte die deutsche Polizei bereits 60 Wohnungen, Büros und Gaststätten durchsucht – davon einige in Baden-Württemberg. Acht Männer wurden bei dieser Aktion festgenommen, die sich gegen mutmaßliche Schleuser und Vermittler von Scheinehen richtete. Der Großeinsatz richtete sich vor allem auf den Großraum Stuttgart. Durchsuchungen gab es aber auch damals schon in Karlsruhe, Freiburg und Aalen wie auch in Mannheim, Ludwigsburg, Reutlingen und Tuttlingen. Ebenso wurde im Saarland ermittelt. Mehr als 500 Beamte waren insgesamt im Einsatz.