Oster-Touristen auf Madeira und an Algarve geschockt
Portugals wichtigste Tourismus-Regionen, die Algarve und auf die Insel Madeira, kämpfen kurz vor Ostern mit schlechten Nachrichten. Das Busunglück auf Madeira kostete vielen deutschen Urlaubern das Leben. Und an der Algarve besteht die Besorgnis, dass durch die Benzin- und Diesel-Engpässe wegen des Tankwagenfahrer-Streiks einige Oster-Touristen ihre Ferien absagen könnten. Bislang galt die portugiesische Südküste als ausgebucht übers Fest "Páscoa".
In unserem Report "Madeira-Bustragödie: War eingeklemmtes Gaspedal schuld?" berichten wir aktuell über neuste Informationen zum Busunglück bei Funchal. Auch ein Amateur-Video aus einer Überwachungskamera, die den Unfall aufgenommen hat, ist zu sehen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Treibstoff-Rationierung geplant: Zunächst nur 15 Liter für Oster-Touristen
- 2 Oster-Touristen haben keine Aussicht auf rasche Problem-Lösung
- 3 Oster-Touristen dürfen am Wochenende zumindest auf gutes Wetter hoffen
- 4 Oster-Touristen hätten Algarve im "Alarmzustand" erlebt
- 5 Was machen die Oster-Touristen mit ihren Mietwagen?
- 6 Vorräte im Tankstellen-Netz gehen zur Neige
- 7 Oster-Touristen und andere Urlauber müssen mit weiteren Schwierigkeiten rechnen
Treibstoff-Rationierung geplant: Zunächst nur 15 Liter für Oster-Touristen
In der Nacht musste sich die Behörden aber nicht nur um die Bewältigung der Busunfall-Katastrophe auf Madeira kümmern, sondern auch Wege aus dem Energienotstand suchen. Am Donnerstagmorgen wurde eine Entscheidung verkündigt: Die Mindestversorgung mit Kraftstoffen wird von den Großräumen Lissabon und Porto auf das gesamte Festland ausgedehnt, also auch auf die Algarve. Es sollen, so die Vereinbarung von Regierung, Fernverkehrsverband ANTRAM und Gewerkschaft der Gefahrgut-Fahrer, rund 40 Prozent der normalen Mengen geliefert werden. Für das gesamte Land wurden 310 Tankstellen definiert, die vorrangig versorgt werden. Dort sollen pro Fahrzeug maximal 15 Liter Benzin oder Diesel getankt werden können. Sicherheitskräfte sollen dies gegebenenfalls sicherstellen. Vorrangig sollen hier solche Fahrzeuge versorgt werden: Streitkräfte, Sicherheitskräfte, Katastrophenschutz, medizinischen Notfalldienste und Arzneimittelversorger, Einrichtungen des öffentlichen Dienstes einschließlich öffentlicher Personenverkehr, Müllabfuhr, Stadtreinigung, Wasser‑, Energie- und Telekommunikationsdienste sowie Behindertentransport.
Update 9:45 und 11:00 Uhr: Am Donnerstagmorgen gab die portugiesische Regierung nach einer langen Nachtsitzung nun bekannt, dass sich Gewerkschaft und Arbeitgeber geeinigt hätten und den seit Montag andauernden Streik für zunächst beendet erklärten. Am 29. April sollten die Tarifverhandlungen fortgesetzt und laut Abkommen, dessen Einhaltung die Regierung überwachen will, bis Ende des Jahres abgeschlossen werden. Im ganzen Land werde die Kraftstoff-Versorgung nun wieder normal geregelt. Pedro Nuno Santos, der Minister für Infrastruktur und Wohnungswesen, sagte, dass "alle Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Normalität erfüllt sind". Das werde zwar einige Zeit dauern, aber nun sei die schwierige Zeit vorbei. Laut Gustavo Paulo Duarte, Präsident der Arbeitgebervereinigung ANTRAM, dürfte sich die Situation in Portugal "bis Montag oder Dienstag" normalisieren. Die Entspannung der problematischen Verhältnisse werde also wohl immer noch "zwischen zwei und fünf Tagen" dauern.
Der vorherigen Entscheidung zur Treibstoff-Rationierung war heftige Kritik, vor allem von Vertretern des Tourismus an der Südküste, voraufgegangen. Die Algarve-Hoteliers, die zu Ostern eine stark steigende Nachfrage vor allem von portugiesischen Gästen registriert hatten, seien „sehr besorgt“, so der Präsident ihres Verbands AHETA, Elidérico Viegas. Es könnten wegen des von der Regierung ausgerufenen Energienotstands nun viele Oster-Touristen ihre Pläne für einen Urlaub im Süden aufgeben. Daher könne der Schaden für die Hotellerie, aber auch für die Restaurants und den Handel "enorm" sein, so der Verbandspräsident am Mittwoch. Für seinen Kollegen Vitor Neto, Präsident des Unternehmerverbands NERA, steht "die wirtschaftliche Aktivität der gesamten Region in einer besonders wichtigen Zeit des Jahres auf dem Spiel". Neto forderte die Regierung auf, sich "ihrer Verantwortung" nicht zu entziehen und "alle ihr zur Verfügung stehenden Rechtsmittel zur Verteidigung des gemeinsamen Interesses, der Region und des Landes einzusetzen".
Oster-Touristen haben keine Aussicht auf rasche Problem-Lösung
"Der Streik ist auf unbestimmte Zeit angelegt. Es besteht keine Aussicht auf eine rasche Lösung des Problems. Das wird zu Problemen führen“, räumte Hotelverbands-Chef Viegas am Mittwoch ein. Er habe noch keine konkreten Informationen über Stornierungen von Reservierungen erhalten, aber die Leute seien sehr besorgt und warteten die weitere Entwicklung aufmerksam ab. Der Streik der Gefahrgutfahrer könne letztlich sogar die Ergebnisse des Tourismus in der Region "beeinflussen".
Etwas weniger alarmiert klang João Fernandes, Präsident des regionalen Tourismusverbands RTA. Auch nach seinen Angaben gibt es „derzeit keine signifikanten Berichte über Stornierungen von Reservierungen durch Oster-Touristen". Allerdings sei mit klaren Konsequenzen für die Fremdenverkehrswirtschaft der Südküste zu rechnen, "wenn die Situation nicht gelöst wird und wenn es keine Ausweitung der Kraftstoff-Mindestversorgung auf die Algarve gibt". Aktuell habe die Algarve „gute Bedingungen, um die zu empfangen, die zu uns kommen". Dennoch, warnt Fernandes, werde dies "kein Ostern sein, das dem normalen Reiseaufkommen entspricht".
Oster-Touristen dürfen am Wochenende zumindest auf gutes Wetter hoffen
Von Freitag an rechnet er übrigens mit gutem Wetter fürs Osterfest. Und erinnert daran, dass viele Algarve-Touristen ohnehin gerne im benachbarten Spanien tanken – wegen der dort niedrigeren Benzin- und Diesel-Preise. Der gesamte Bereich der Gesundheits- und Sicherheits-Dienstleistungen sei an der Algarve mit Kraftstoff versorgt, beruhigte der Verbands-Chef. Für die Bedürfnisse der Oster-Touristen werde es wohl keine schwerwiegenden, jedoch aber „peinliche“ Einschränkungen geben, räumte Fernandes ein. Selbst die Mindestversorgung mit Kraftstoff garantiere nur 30 Prozent der Mengen, die normal seien.
Warnung für britische Oster-Touristen
Noch am Mittwoch warnte die britische Regierung Flugpassagiere aus Großbritannien davor, dass "Streikaktionen portugiesischer Tankwagenfahrer seit dem 16. April zu Störungen der Flüge auf den Flughäfen Lissabon und Faro führen könnten". Urlauber aus dem United Kingdom sollten bei den Fluggesellschaften nachfragen, ob sich die Flüge verspäten. Außerdem sei es möglich, dass "Reisen innerhalb Portugals von dem Streik betroffen sein könnten".
Viele Besitzer einer Ferienimmobilie könnten zu denen gehören, die angesichts der streikbedingten Engpässe zu Ostern doch nicht wie geplant in den Urlaub an der Algarve kommen, befürchten Experten der Region. Sie weisen darauf hin, dass über Ostern mehr als eine Million Menschen an die Südküste kommen. Deren Bewegungsmöglichkeiten müssten gesichert werden, fordern sie – gegebenenfalls durch zusätzliche Maßnahmen über die Mindestversorgung hinaus.
Oster-Touristen hätten Algarve im "Alarmzustand" erlebt
Die Regierung hatte am Dienstag den Alarmzustand ausgerufen und Maßnahmen ergriffen, um im Zeichen des Energienotstands die Mindestversorgung mit Kraftstoffen zu sichern – zunächst nur in den Ballungsräumen Lissabon und Porto. Am Mittwoch sprach sich die Katastrophenschutzkommission des Verwaltungsbezirks Faro dafür aus, dass die Sicherung der Mindestversorgung auch auf die Algarve ausgedehnt werden soll.
Jorge Botelho, Präsident des regionalen Städte- und Gemeindebundes AMAL und Bürgermeister von Tavira, sagte: "Wir sind eine Tourismusregion und das Thema sollte in diesem Zusammenhang gesehen werden. Es gibt viele Menschen, die zu dieser Zeit zu Ostern an die Algarve fahren, auch Familien mit bereits reservierten Unterkünften".
Hat Lissabon die Algarve "vergessen"?
Das Thema war am Mittwochmorgen im portugiesischen Parlament behandelt worden. Ministerpräsident António Costa räumte auf Anfrage eines Abgeordneten ein, dass eine entsprechende Ausweitung der Mindestbelieferung „auf andere geografische Gebiete“ geprüft werde. Die Regierung sei dazu in Kontakt mit den Kontrahenten des Tarifkonfliktes. Oppositionelle Algarve-Parlamentarier von der Partei PSD forderten für die Region ebenfalls dieselben Notfall-Versorgungsmaßnahmen wie für Lissabon und Porto. AHETA-Präsident Viegas warf der Regierung vor, die Algarve bei der Festlegung der Mindestversorgung „vergessen“ zu haben.
In verschiedenen Landesteilen eskortieren unterdessen Polizeikräfte Tankwagen, damit diese von den Raffinerien aus schnell und sicher zu den Tankstellen gelangen. Das Lissaboner Innenministerium sprach von 48 nächtlichen Lieferungen für die Flughäfen Lissabon und Faro sowie für die Krankenhäuser Portimão und Olhão.
Was machen die Oster-Touristen mit ihren Mietwagen?
Der vom Streik verursachte Engpass in der Kraftstoff-Versorgung in Portugal stellt ebenso eine „große Belastung“ für die Autovermieter dar, vor allem an der Algarve. Dort ist rund um Ostern die gesamte Flotte an Fahrzeugen fast zu 100 Prozent reserviert. Armando Santana, Präsident des Autovermieter-Verbands der Algarve sagte, seine Mitglieder seien in einer noch nie dagewesenen Situation: "Sie können nicht arbeiten". Wenn Kunden ihre Mietwagen ablieferten, geschehe das ohne Tankfüllung, weil es keine Chance zur Betankung gebe. „Aber wir können doch kein Auto ohne Treibstoff an einen anderen Kunden ausliefern. Diese Situation wird zu großen Unannehmlichkeiten führen", befürchtet der Experte. Abgesehen von wenige multinationalen Unternehmen hätten 95 Prozent der Autovermieter an der Südküste Portugals keine eigenen Kraftstoff-Reserven.
Oster-Touristen verlangen Tankgarantie
Santana hat beobachtet, dass Kunden bei den Vermietern anrufen und Garantien dafür verlangen, dass ihr Auto mit vollem Tank bereitgestellt werde. Er rechnet jetzt weniger mit Vorab-Stornierungen als mit Nichterscheinen am Abholort. Somit könnten keine Dienstleistungen in Rechnung gestellt werden, denn es handele sich um einen Fall höherer Gewalt, an dem weder die Kunden noch die Vermieter Schuld trügen.
Der Kraftstoffkonzern Prio teilte am Mittwoch die Befürchtung mit, dass fast der Hälfte seiner portugiesischen Tankstellen bis zum Ende des Mittwochs der Sprit ausgehen werde. Die Handelskette Jumbo, die auch viele Tankstellen betreibt, berichtete, dass 18 Stationen im Lande bereits geschlossen seien. An 11 Tankstellen seien einige Kraftstoffe nicht mehr verfügbar.
Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa beruhigte mit dem Hinweis, die Regierung versuche, "die Situation zu stabilisieren und zu normalisieren", insbesondere da Familien über die Osterfeiertage nach Hause reisen wollten.
Vorräte im Tankstellen-Netz gehen zur Neige
Der nationale Verband der Treibstoffhändler, ANAREC, schätzte am Mittwoch, dass etwa 40 Prozent der Stationen im portugiesischen Tankstellennetz derzeit nichts mehr verkaufen können oder bereits ihre Reserven angezapft hätten. Es gebe in den kommenden Stunden eine Tendenz, dass der Anteil noch zunehmen werde.
Der portugiesische Verband der Mineralölgesellschaften (APETRO) erklärte am Mittwoch, dass die Versorgung von Tankstellen trotz der Anforderung geeigneter Ersatzfahrer für Tankwagen noch nicht wieder aufgenommen worden sei. Es gebe bereits Anzeichen für "praktisch" erschöpfte Vorräte im Tankstellen-Netz.
Lesen Sie zur Lage auch unsere ausführlichen bisherigen Berichte:
"Kraftstoff-Mangel lähmt Portugal vor Ostern" (17. April 2019)
"Portugals Flughäfen geht der Treibstoff aus" (16. April 2019)
Oster-Touristen und andere Urlauber müssen mit weiteren Schwierigkeiten rechnen
Inzwischen deuten sich für den Tourismus im Süden Europas weitere Belastungen an: Streiks und Ausfälle in Portugal, Spanien und Italien könnten den Flugurlaub vieler Passagiere stören.
Die portugiesische Gewerkschaft der Bodenabfertigungs-Arbeiter, SINTAC, kündigte für die Zeit vom 16. Juni bis 15. Juli Arbeitskampf-Maßnahmen ihrer Mitglieder bei der Fluggesellschaft Ryanair und dem Abfertigungsunternehmen Groundlink an.
Das Sicherheitsteam am Flughafen der spanischen Hauptstadt Madrid, das zur Gewerkschaft ATES gehört, hat am 12. April Arbeitsniederlegungen begonnen. Bei dem unbefristeten Streik geht es um Löhne und mehr Pausenzeiten. Die Abfertigungsteams (Teams zur Bodenunterstützung) der Gewerkschaft Sindical Obrera und des Gewerkschaftbundes General de Trabajadores planen für Ostersonntag, 21. April, und für den 24. April einen Streik.
In Italien streiken derzeit bereits Mitarbeiter der Fluggesellschaft Alitalia 24 Stunden lang, und auch einige Beschäftigte der beiden Mailänder Hauptflughäfen Linate und Malpensa haben ihre Arbeit eingestellt.