Eva­Po­ro: Wo sich die Algar­ve in Luft auflöst

Der ländliche, dünn besiedelte Westen der Algarve ist Schauplatz der mitreißenden Performance EvaPoro übers Verschwinden. Bald gibt es weitere Aufführungen.
EvaPoro ist eine Performance an der Algarve über das VerschwindenEvaPoro ist eine Performance an der Algarve über das Verschwinden

EvaPoro - eine Performance an der Algarve über das Verschwinden. Foto: Joao Mariano

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Alje­zur an der West-Algar­ve ist gera­de Schau­platz einer außer­ge­wöhn­li­chen Per­for­mance gewor­den: "Eva­Po­ro" ist der Titel. Das Stück befasst sich mit dem abs­trakt wir­ken­den, den­noch all­ge­gen­wär­ti­gen The­ma des Ver­schwin­dens. Erfah­ren Sie mehr dar­über und las­sen Sie sich bei der zwei­ten Auf­füh­rungs­se­rie ab 22. Febru­ar mit­rei­ßen. Mada­le­na Vic­to­ri­no, die künst­le­ri­sche Lei­te­rin, stand im Gespräch mit Algar­ve für Ent­de­cker Rede und Antwort.

Die Schau­spie­le­rin und Tanz­leh­re­rin, in Lis­sa­bon gebo­ren und in Lon­don aus­ge­bil­det, lei­tet eine mit­rei­ßen­de Per­for­mance in Alje­zur und Mon­chi­que. Ihre Arbeit ent­stand im Rah­men des Kunst­pro­jek­tes Lav­rar o Mar, das außer­dem Zirkus‑, Thea­ter, Tanz- und Musik­auf­füh­run­gen orga­ni­siert. Das Groß­pro­jekt, inte­griert ins Kul­tur­pro­gramm 365 Algar­ve, wid­met sich unter Ande­rem dem The­ma Luft. So nahm sich Vic­to­ri­no vor, mit der Idee zu arbei­ten, was pas­siert, wenn Din­ge in der Luft ver­schwin­den – „wie auch Leben und Tod. Denn die Luft gibt uns die Mög­lich­keit zu sehen, was eigent­lich nicht zu sehen ist“, so die Künst­le­rin. Das Ver­schwin­den „in der Welt, in der Natur und auch zwi­schen den Leu­ten“ steht in ihrem neus­ten Werk im Fokus, „wodurch sich wie­der­um auch die Welt ändert".

 

Frei­luft-Per­for­mance über das Ver­schwin­den: Eva­Po­ro. Foto: Joao Mariano

 

Per­for­mance Eva­Po­ro lässt erst Män­ner, dann Frau­en verschwinden

 

Beson­ders deut­lich wird das Ver­schwin­den in den länd­li­chen Gebie­ten auch an der Algar­ve, denn „vie­le Leu­te wan­dern heu­te umher, um ein bes­se­re Leben zu fin­den. Und in unse­rem Tanz und mit unse­rer Musik, spre­chen wir eine bestimm­te Spra­che, mit der wir auf eine abs­trak­te Art zei­gen wol­len, was wir hat­ten und jetzt aber nicht mehr haben“, erläu­tert Vic­to­ri­no. Aller­dings ist es ihr wich­tig, das Ver­schwin­den nicht unbe­dingt als nega­tiv zu erach­ten, "denn ist ein Ding einst ver­schwun­den, wür­de etwas Neu­es auf uns war­ten". Daher gehe es auch um die Zukunft, um das, was das Leben noch für uns bereit hält und was noch alles gesche­hen kann und wird.

Mit Hil­fe männ­li­cher Tän­zer und Jun­gen ver­schie­de­ner Natio­na­li­tä­ten setzt Vic­to­ri­no die­se Ideen um. Die Jun­gen, die Jugend­li­che aus ver­schie­de­nen Schu­len im Raum Alje­zur sind, kann­ten sich zuvor nicht. Aber nun sei­en sie durch das gemein­sa­me Pro­jekt zu Freun­den gewor­den, so Vic­to­ri­no. Und ja, rich­tig gele­sen, die Per­for­mance ist ledig­lich von männ­li­chen Tän­zern insze­niert wor­den, da es um das Ver­schwin­den der Frau­en geht.

Die Arbeit mit aus­schließ­lich männ­li­chen Teil­neh­mern emp­fand Mada­le­na als „sehr schön und ganz anders.“ Im Kon­trast dazu wird es vom 17. bis 19.Mai 2019 in Mon­chi­que und vom 31. Mai bis 1. Juni in Alje­zur eine ähn­li­che Vor­füh­rung geben, in der nur Frau­en Teil der Per­for­mance sein wer­den (EvaPoro#2).

 

Eva­Po­ro stellt die Fra­ge nach dem Zen­trum der Gesellschaft

 

„Wo ist das Zen­trum des Lebens? Ist es in den gro­ßen Städ­ten?“ Das ist eine der Fra­gen, die ange­spro­chen wer­den sol­len. Daher ist die Arbeit auch etwas Pol­ti­sches, da in Fra­ge gestellt wird, wo das Zen­trum unse­rer Gesell­schaft ist. „Ist das Zen­trum in der Peri­phe­rie? Es gibt so vie­le Leu­te, die jetzt her­kom­men, weil sie nicht mehr in gro­ßen Städ­ten leben wol­len, wie Ber­lin, Lon­don oder Lis­sa­bon, son­dern in der Natur. Und das ist ein Zei­chen – back to a style of life that is more human. Es geht auch um die Bezie­hung zwi­schen Men­schen und Tie­ren“, sagt Vic­to­ri­no. Aus die­sem Grund sind nicht nur mensch­li­che Teil­neh­mer in die Per­for­mance invol­viert, son­dern auch Tie­re wie Hund und Pferd.

 

Pferd und Hun­de machen bei der Per­for­mance Eva­Po­ro mit. Foto: Joao Mariano

 

Das Ziel, das Vic­to­ri­no mit der Auf­füh­rung ver­folgt, ist für Mada­le­na ein­fach in Wor­te zu fas­sen: „Wir wol­len, dass die Men­schen ein schö­nes Stück des Con­tem­po­ra­ry Dance sehen. Aber auch, was es in unse­rer Gesell­schaft bedeu­tet, zu ver­schwin­den, was es heißt, dem Wind zuhö­ren, mit Men­schen zu tan­zen, ver­bun­den zu sein mit einem Tier. Es geht um die Ver­bin­dung zwi­schen Kör­per und Welt, uns zu erin­nern, wie schön die­se Welt ist und dass wir sie nicht mis­sen sollten.“

Kör­per­lich­keit von Luft veranschaulichen

Mada­le­na möch­te zudem die Kör­per­lich­keit der Luft ver­an­schau­li­chen, wie sie es for­mu­liert. Und damit erzäh­len, dass alles, was im Moment nicht mehr da ist, in unse­rer Erin­ne­rung wei­ter­lebt und, „dass es etwas gibt, das wir mit uns brin­gen. Und das ist das Land, das Leben mit und in der Natur. Das ist eine Lebens­form die ver­schwin­det, aber viel­leicht ist noch was davon übrig geblieben.“

Anders aus­ge­drückt geht es um die Eva­po­ra­ti­on, um die Ver­duns­tung (eigent­lich von Was­ser), das Ver­schwin­den auf dem Land. Eva­porar ist übri­gens das por­tu­gie­si­sche Wort für ver­damp­fen – so kann nun auch ein Bezug zu dem Titel des Stücks her­ge­stellt wer­den. Da das rura­le The­ma in der Arbeit all­ge­gen­wär­tig ist, such­te Vic­to­ri­no nach einer pas­sen­de Loka­li­tät gesucht. Und fand: Wo wür­de Eva­Po­ro bes­ser auf­ge­führt wer­den kön­nen, als in der wun­der­schö­nen Natur von Alje­zur oder Mon­chi­que?

 

Vil­ar­in­ha bei Bord­ei­ra war für Eva­Po­ro die per­fek­te ers­te Bühne

 

Für die the­ma­ti­sier­te Ver­bun­den­heit zur Natur stell­te sich der soge­nann­te Mon­te Paraí­so nahe der Ort­schaft Vil­ar­in­ha als per­fek­te „Büh­ne“ her­aus. Per­for­mance und Umge­bung inter­agie­ren hier auf eine ganz beson­de­re Art. Vil­ar­in­ha, nicht weit ent­fernt von Bord­ei­ra, befin­det sich in einer Land­schaft, wel­che durch Hügel, Täler und Wald geprägt ist, mit­ten im Natur­park Cos­ta Vicen­ti­na (West­küs­te der Algar­ve). So ver­leiht das länd­li­che Ambi­en­te der Per­for­mance eine ganz eige­ne und authen­ti­sche Stimmung.

 

Das länd­li­che und dünn besie­del­te Gebiet der West-Algar­ve ist Schau­platz der Per­for­mance Eva­Po­ro über das Ver­schwin­den. Foto: Joao Mariano

 

Vic­to­ri­no fin­det es vor allem span­nend, wie sich die zwei­te Auf­füh­rung, die am 22., 23. und 24. Febru­ar 2019 in Mon­chi­que statt­fin­det, von der ers­ten unter­schei­den wird. Denn wir alle wis­sen, wie auch Mada­le­na es erklärt, dass wir uns an unse­re Umge­bung anpas­sen – „wenn ich mit mei­ner Mut­ter rede, ver­hal­te ich mich anders, als wenn ich mit Ihnen rede.“ Und inwie­fern sich dies auf eine der­ar­ti­ge Per­for­mance aus­wir­ken wird, dar­auf ist auch Mada­le­na gespannt.

Die Bot­schaft von Eva­Po­ro ist eigent­lich sehr simpel

„Eigent­lich ist es sehr sim­pel: Es geht nur dar­um, zu leben und mit der Luft zusam­men zu sein. Es geht dar­um, ein­zu­at­men, was die Welt für uns bereit­hält. Es geht dar­um, in der Welt zu sein“, bringt es Vic­to­ri­no auf den Punkt. Es sei nicht ihre Absicht zu sagen, dass das Leben in der Stadt schlecht ist, denn „man kann sich über­all ver­lie­ren. Es ist nur wich­tig, zu atmen und zu leben und zu sehen, was um uns her­um pas­siert. Und es ist wich­tig zu wis­sen, dass es immer noch so schö­ne Plät­ze, Din­ge und Leu­te gibt.“ So abs­trakt die gan­ze Per­for­mance, die Idee und alles dahin­ter auch klin­gen – schluss­end­lich geht es um die Bewe­gung im Leben, die durch das Gehen und Ankom­men von Leu­ten und Din­gen entsteht.

 

Die nächs­ten Auf­füh­run­gen von Eva­Po­ro ste­hen an

 

Sze­ne aus Eva­Po­ro. Foto: Joao Mariano

Algar­ve für Ent­de­cker emp­fiehlt: Las­sen Sie sich ein­fach über­ra­schen und besu­chen die zwei­te Auf­füh­rung von EvaPoro#1. Sie wird in einem ver­las­se­nen Dorf statt­fin­den, das wie­der­um eine ganz ande­re Aus­strah­lung haben wird, als die freie, offe­ne Natur.

Der Treff­punkt wird am 22., 23. und 24. Febru­ar am Hub­schrau­ber­lan­de­platz Heli­por­to in Mon­chi­que sein. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen kön­nen unter ande­rem auf nach­ge­le­sen werden.

EvaPoro#2 wird eben­falls in Mon­chi­que und in Alje­zur auf­ge­führt wer­den (17. bis 19. Mai in Mon­chi­que, 31. Mai bis 2. Juni in Alje­zur). Infor­ma­tio­nen gibt es auch auf .

Da es sich um eine Auf­füh­rung in der frei­en Natur han­delt, ist war­me Klei­dung nötig. Das Min­dest­al­ter der Zuschau­er liegt bei sechs Jahren.

Tickets sind für sie­ben Euro (Per­so­nen ab 12 Jah­ren) bzw. für fünf Euro (Kin­der im Alter von 6–12 Jah­ren) online auf https://lavraromar.bol.pt/Comprar/Bilhetes/72071-eva_poro_1_monchique-heliporto_de_monchique/ zu erwer­ben, aber auch vor Ort in Mon­chi­que (Biblio­te­ca Muni­ci­pal) und in Alje­zur (Casa Lav­rar o Mar, Rua Joao Dias Mendes).

Jana von der Heyde:
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