EvaPoro: Wo sich die Algarve in Luft auflöst
Aljezur an der West-Algarve ist gerade Schauplatz einer außergewöhnlichen Performance geworden: "EvaPoro" ist der Titel. Das Stück befasst sich mit dem abstrakt wirkenden, dennoch allgegenwärtigen Thema des Verschwindens. Erfahren Sie mehr darüber und lassen Sie sich bei der zweiten Aufführungsserie ab 22. Februar mitreißen. Madalena Victorino, die künstlerische Leiterin, stand im Gespräch mit Algarve für Entdecker Rede und Antwort.
Die Schauspielerin und Tanzlehrerin, in Lissabon geboren und in London ausgebildet, leitet eine mitreißende Performance in Aljezur und Monchique. Ihre Arbeit entstand im Rahmen des Kunstprojektes Lavrar o Mar, das außerdem Zirkus‑, Theater, Tanz- und Musikaufführungen organisiert. Das Großprojekt, integriert ins Kulturprogramm 365 Algarve, widmet sich unter Anderem dem Thema Luft. So nahm sich Victorino vor, mit der Idee zu arbeiten, was passiert, wenn Dinge in der Luft verschwinden – „wie auch Leben und Tod. Denn die Luft gibt uns die Möglichkeit zu sehen, was eigentlich nicht zu sehen ist“, so die Künstlerin. Das Verschwinden „in der Welt, in der Natur und auch zwischen den Leuten“ steht in ihrem neusten Werk im Fokus, „wodurch sich wiederum auch die Welt ändert".
Inhaltsverzeichnis
Performance EvaPoro lässt erst Männer, dann Frauen verschwinden
Besonders deutlich wird das Verschwinden in den ländlichen Gebieten auch an der Algarve, denn „viele Leute wandern heute umher, um ein bessere Leben zu finden. Und in unserem Tanz und mit unserer Musik, sprechen wir eine bestimmte Sprache, mit der wir auf eine abstrakte Art zeigen wollen, was wir hatten und jetzt aber nicht mehr haben“, erläutert Victorino. Allerdings ist es ihr wichtig, das Verschwinden nicht unbedingt als negativ zu erachten, "denn ist ein Ding einst verschwunden, würde etwas Neues auf uns warten". Daher gehe es auch um die Zukunft, um das, was das Leben noch für uns bereit hält und was noch alles geschehen kann und wird.
Mit Hilfe männlicher Tänzer und Jungen verschiedener Nationalitäten setzt Victorino diese Ideen um. Die Jungen, die Jugendliche aus verschiedenen Schulen im Raum Aljezur sind, kannten sich zuvor nicht. Aber nun seien sie durch das gemeinsame Projekt zu Freunden geworden, so Victorino. Und ja, richtig gelesen, die Performance ist lediglich von männlichen Tänzern inszeniert worden, da es um das Verschwinden der Frauen geht.
Die Arbeit mit ausschließlich männlichen Teilnehmern empfand Madalena als „sehr schön und ganz anders.“ Im Kontrast dazu wird es vom 17. bis 19.Mai 2019 in Monchique und vom 31. Mai bis 1. Juni in Aljezur eine ähnliche Vorführung geben, in der nur Frauen Teil der Performance sein werden (EvaPoro#2).
EvaPoro stellt die Frage nach dem Zentrum der Gesellschaft
„Wo ist das Zentrum des Lebens? Ist es in den großen Städten?“ Das ist eine der Fragen, die angesprochen werden sollen. Daher ist die Arbeit auch etwas Poltisches, da in Frage gestellt wird, wo das Zentrum unserer Gesellschaft ist. „Ist das Zentrum in der Peripherie? Es gibt so viele Leute, die jetzt herkommen, weil sie nicht mehr in großen Städten leben wollen, wie Berlin, London oder Lissabon, sondern in der Natur. Und das ist ein Zeichen – back to a style of life that is more human. Es geht auch um die Beziehung zwischen Menschen und Tieren“, sagt Victorino. Aus diesem Grund sind nicht nur menschliche Teilnehmer in die Performance involviert, sondern auch Tiere wie Hund und Pferd.
Das Ziel, das Victorino mit der Aufführung verfolgt, ist für Madalena einfach in Worte zu fassen: „Wir wollen, dass die Menschen ein schönes Stück des Contemporary Dance sehen. Aber auch, was es in unserer Gesellschaft bedeutet, zu verschwinden, was es heißt, dem Wind zuhören, mit Menschen zu tanzen, verbunden zu sein mit einem Tier. Es geht um die Verbindung zwischen Körper und Welt, uns zu erinnern, wie schön diese Welt ist und dass wir sie nicht missen sollten.“
Körperlichkeit von Luft veranschaulichen
Madalena möchte zudem die Körperlichkeit der Luft veranschaulichen, wie sie es formuliert. Und damit erzählen, dass alles, was im Moment nicht mehr da ist, in unserer Erinnerung weiterlebt und, „dass es etwas gibt, das wir mit uns bringen. Und das ist das Land, das Leben mit und in der Natur. Das ist eine Lebensform die verschwindet, aber vielleicht ist noch was davon übrig geblieben.“
Anders ausgedrückt geht es um die Evaporation, um die Verdunstung (eigentlich von Wasser), das Verschwinden auf dem Land. Evaporar ist übrigens das portugiesische Wort für verdampfen – so kann nun auch ein Bezug zu dem Titel des Stücks hergestellt werden. Da das rurale Thema in der Arbeit allgegenwärtig ist, suchte Victorino nach einer passende Lokalität gesucht. Und fand: Wo würde EvaPoro besser aufgeführt werden können, als in der wunderschönen Natur von Aljezur oder Monchique?
Vilarinha bei Bordeira war für EvaPoro die perfekte erste Bühne
Für die thematisierte Verbundenheit zur Natur stellte sich der sogenannte Monte Paraíso nahe der Ortschaft Vilarinha als perfekte „Bühne“ heraus. Performance und Umgebung interagieren hier auf eine ganz besondere Art. Vilarinha, nicht weit entfernt von Bordeira, befindet sich in einer Landschaft, welche durch Hügel, Täler und Wald geprägt ist, mitten im Naturpark Costa Vicentina (Westküste der Algarve). So verleiht das ländliche Ambiente der Performance eine ganz eigene und authentische Stimmung.
Victorino findet es vor allem spannend, wie sich die zweite Aufführung, die am 22., 23. und 24. Februar 2019 in Monchique stattfindet, von der ersten unterscheiden wird. Denn wir alle wissen, wie auch Madalena es erklärt, dass wir uns an unsere Umgebung anpassen – „wenn ich mit meiner Mutter rede, verhalte ich mich anders, als wenn ich mit Ihnen rede.“ Und inwiefern sich dies auf eine derartige Performance auswirken wird, darauf ist auch Madalena gespannt.
Die Botschaft von EvaPoro ist eigentlich sehr simpel
„Eigentlich ist es sehr simpel: Es geht nur darum, zu leben und mit der Luft zusammen zu sein. Es geht darum, einzuatmen, was die Welt für uns bereithält. Es geht darum, in der Welt zu sein“, bringt es Victorino auf den Punkt. Es sei nicht ihre Absicht zu sagen, dass das Leben in der Stadt schlecht ist, denn „man kann sich überall verlieren. Es ist nur wichtig, zu atmen und zu leben und zu sehen, was um uns herum passiert. Und es ist wichtig zu wissen, dass es immer noch so schöne Plätze, Dinge und Leute gibt.“ So abstrakt die ganze Performance, die Idee und alles dahinter auch klingen – schlussendlich geht es um die Bewegung im Leben, die durch das Gehen und Ankommen von Leuten und Dingen entsteht.
Die nächsten Aufführungen von EvaPoro stehen an
Algarve für Entdecker empfiehlt: Lassen Sie sich einfach überraschen und besuchen die zweite Aufführung von EvaPoro#1. Sie wird in einem verlassenen Dorf stattfinden, das wiederum eine ganz andere Ausstrahlung haben wird, als die freie, offene Natur.
Der Treffpunkt wird am 22., 23. und 24. Februar am Hubschrauberlandeplatz Heliporto in Monchique sein. Weitere Informationen können unter anderem auf nachgelesen werden.
EvaPoro#2 wird ebenfalls in Monchique und in Aljezur aufgeführt werden (17. bis 19. Mai in Monchique, 31. Mai bis 2. Juni in Aljezur). Informationen gibt es auch auf .
Da es sich um eine Aufführung in der freien Natur handelt, ist warme Kleidung nötig. Das Mindestalter der Zuschauer liegt bei sechs Jahren.
Tickets sind für sieben Euro (Personen ab 12 Jahren) bzw. für fünf Euro (Kinder im Alter von 6–12 Jahren) online auf https://lavraromar.bol.pt/Comprar/Bilhetes/72071-eva_poro_1_monchique-heliporto_de_monchique/ zu erwerben, aber auch vor Ort in Monchique (Biblioteca Municipal) und in Aljezur (Casa Lavrar o Mar, Rua Joao Dias Mendes).
- Lichtshows verwandeln Algarve-Monumente in Museen – 6. März 2019
- EvaPoro: Wo sich die Algarve in Luft auflöst – 19. Februar 2019