Por­tu­gal: So gering sind Löh­ne und Gehälter

Löhne und Gehälter sind in Portugal die niedrigsten in Westeuropa. Wir zeigen Ihnen an mehreren Beispielen, wie viel bzw. wenig man in einigen Jobs erhält.
Löhne und Gehälter von Frauen in Portugal sind die niedrigsten in WesteuropaLöhne und Gehälter von Frauen in Portugal sind die niedrigsten in Westeuropa

Auch in Portugal gibt es starke Unterschiede in den Einkommen zwischen Frauen und Männern. Foto: Claudio Hirschberger

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In Por­tu­gal ist die Arbeits­lo­sen­ra­te 2018 unter den Durch­schnitt des Euro­raums gefal­len. Doch die Löh­ne und Gehäl­ter bewe­gen sich nur lang­sam nach oben. Sie blei­ben die nied­rigs­ten in West­eu­ro­pa. An der Algar­ve lie­gen die Brut­to-Löh­ne im Schnitt unter 950 Euro im Monat…

Wie Ger­ma­ny Trade & Invest, Deutsch­lands Agen­tur für Außen­wirt­schaft und Stand­ort­mar­ke­ting, jetzt berich­tet, ran­gier­ten die durch­schnitt­li­chen Arbeits­kos­ten (Lohn- und Lohn­ne­ben­kos­ten) 2017 in Por­tu­gal mit 14,10 Euro pro Stun­de deut­lich unter dem EU-Durch­schnitt von 26,80 Euro. Sie sind seit 2012 nur um 0,80 Euro gestie­gen, wobei ein deut­li­che­rer Auf­wärts­trend eigent­lich erst ab 2015 ein­setz­te. Aus­ge­nom­men aus die­sen Daten sind ledig­lich Land­wirt­schaft und öffent­li­che Verwaltung,

 

Indus­trie-Löh­ne in Por­tu­gal fast 16 Euro unter EU-Durchschnitt

 

In der Indus­trie fie­len pro gear­bei­te­te Voll­zeit­stun­de durch­schnitt­lich 11,60 Euro an. Das waren 15,80 Euro weni­ger als im Schnitt der EU. Im Bau­ge­wer­be waren es 12, im Dienst­leis­tungs­sek­tor 14,50 Euro. Der Betrag für Löh­ne und Gehäl­ter betrug 11,30 Euro, die Lohn­ne­ben­kos­ten 2,80 Euro.

 

Im Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be Por­tu­gals erhal­ten 36 Pro­zent der Mit­ar­bei­ter ledig­lich den Min­dest­lohn. Foto: Nick Karvounis

 

Löh­ne nah­men weni­ger stark zu als in Eurozone

 

Nach Anga­ben der Por­tu­gie­si­schen Zen­tral­bank haben die Löh­ne pro Arbeit­neh­mer 2017 wei­ter zuge­nom­men – um 1,1 Pro­zent gegen­über 2016. Das war weni­ger stark als in der Euro­zo­ne, wo es 1,6 Pro­zent waren. Die por­tu­gie­si­sche Pro­duk­ti­vi­tät zeig­te 2017 leicht nach unten (-0,6 Pro­zent). Die Lohn­stück­kos­ten nah­men um 1,7 Pro­zent zu.

Grund­sätz­lich liegt die Arbeits­pro­duk­ti­vi­tät in den 6.455 Filia­len aus­län­di­scher Unter­neh­men, die in Por­tu­gal nicht im Finanz­be­reich arbei­ten, höher als in den natio­na­len. Laut Sta­tis­tik­be­hör­de INE war sie 2017 mit 45.205 Euro um 18.100 Euro grö­ßer. Auch die durch­schnitt­li­che monat­li­che Ent­loh­nung hat in den Nie­der­las­sun­gen aus­län­di­scher Unter­neh­men mit 1.351 Euro ein höhe­res Niveau gegen­über 943 Euro.

Nur 208 ver­öf­fent­lich­te Tarif­ver­trä­ge – vor der Kri­se waren es fast 300

Im Jahr 2017 ver­zeich­ne­te das Zen­trum für Arbeits­be­zie­hun­gen 208 ver­öf­fent­lich­te Tarif­ver­trä­ge (kol­lek­ti­ve und/oder unter­neh­mens­in­ter­ne), die poten­zi­ell 1,3 Mil­lio­nen Arbeit­neh­mer erfass­ten. Ihre Zahl ist gegen­über 2016 gestie­gen, aber vom Stand des Jah­res 2008 (296) noch ent­fernt. Im Durch­schnitt lagen die ver­ein­bar­ten Lohn­er­hö­hun­gen im Juli 2018 bei 1,4 Prozent.

 

Ent­wick­lung der durch­schnitt­li­chen Monats-Löh­ne (brut­to) in Portugal

 

2014 2015 2016 2017*
nomi­nal (in Euro) 1.093,2 1.096,7 1.107,9 1.125,6
Nomi­na­le Ver­änd. gegen­über dem Vor­jahr (in %) -0,1 0,3 1,0 1,6
Infla­ti­ons­ra­te (in %) -0,2 0,5 0,6 1,6
rea­le Ver­än­de­rung (in %) 0,1 -0,2 0,4 0,0

Monats-Löh­ne (brut­to) auf dem Fest­land, ein­schließ­lich Zula­gen, Über­stun­den, Zuschüs­sen (Gan­ho médio men­sal, GMM), *man­gels der Jah­res­da­ten für 2017 wur­de von die­ser Infla­ti­ons­ra­te aus­ge­gan­gen. Quel­le: Base de Dados, INE

 

Min­dest­lohn steigt auf 600 Euro – er wird 14 Mal gezahlt

Der Min­dest­lohn wur­de, aus­ge­hend von den vor­ge­schrie­be­nen 14 Monats­zah­lun­gen, am 1. Janu­ar 2018 von 557 auf 580 Euro ange­ho­ben. Eine wei­te­re Erhö­hung auf 600 Euro ist für 2019 beschlos­sen – am Ende der Legis­la­tur­pe­ri­ode. Auf zwölf Monats­zah­lun­gen umge­rech­net, betrug der Min­dest­lohn 2018 rund 677 Euro. Unter den west­li­chen EU-Mit­glieds­län­dern ist er der Nied­rigs­te. Die Min­dest-Löh­ne der mit­tel- und ost­eu­ro­päi­schen Staa­ten lie­gen aller­dings noch ein­mal deut­lich darunter.

Zwar hat die von den Sozia­lis­ten getra­ge­ne Regie­rung Por­tu­gals die Arbeits­lo­sig­keit mas­siv sen­ken kön­nen, doch geschah dies meist auf der Grund­la­ge "pre­kä­rer Ver­trä­ge“. Von den 125.000 Beschäf­tig­ten, die im zurück­lie­gen­den Jahr im Pri­vat­sek­tor ein­ge­stellt wur­den, unter­schrie­ben allein 90.000 sol­che kurz­fris­ti­gen pre­kä­ren Ver­trä­ge. Damit liegt die Zahl erwerbs­tä­ti­ger Per­so­nen, die im Wesent­li­chen „unge­schützt“ sind, bei 950.000.

 

Die Arbeits­lo­sig­keit sank zwar in Por­tu­gal, aber vie­le Men­schen haben nur pre­kä­re Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se. Gra­fik: Por­tu­gie­si­sche Bot­schaft in Deutschland

 

Kraft­fah­rer ste­hen an der Algar­ve eher am unte­ren Ende der Lohn­ska­la. Foto: Why Kei

Löh­ne an der Algar­ve: 943 Euro brut­to pro Monat

 

Die durch­schnitt­li­chen Monats-Löh­ne dif­fe­rie­ren in Por­tu­gal sehr stark nach Regi­on. Wäh­rend sie 2016 in der Haupt­stadt­re­gi­on Lis­sa­bon bei fast 1.389 Euro lagen, betru­gen sie an der Algar­ve ledig­lich rund 943 Euro (1,8 Pro­zent mehr als 2015).

Auch je nach Wirt­schafts­zweig vari­ie­ren die Löh­ne und Gehäl­ter zum Teil sehr stark. So spielt bei Arbeits­ver­trä­gen in der Ener­gie­wirt­schaft der Min­dest­lohn kei­ne Rol­le; hier sind die Durch­schnitts­ver­diens­te um mehr als das Drei­fa­che höher als im Hotel- und Gast­stät­ten­ge­wer­be, wo der Anteil der Min­dest­lohn-Emp­fän­ger mit rund 36 Pro­zent sehr hoch ist (Der Durch­schnitts­lohn lag 2017 bei gut 788 Euro pro Monat)

 

Bau­ar­bei­ter-Löh­ne: 968 Euro brut­to pro Monat

 

Ver­gleichs­wei­se hohe Durch­schnitts-Löh­ne zah­len auch die Infor­ma­ti­ons- und Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te und die Finanz- und Ver­si­che­rungs­wirt­schaft. Hin­ge­gen hat eine Büro­hilfs­kraft am Monats­en­de durch­schnitt­lich nur 932 Euro auf dem Kon­to und ein Bau­ar­bei­ter ledig­lich 968 Euro.

Die Bezah­lung der Arbeit­neh­mer ist nach INE-Infor­ma­tio­nen in den Filia­len aus­län­di­scher Unter­neh­men in Por­tu­gal um mehr als 40 Pro­zent bes­ser als in den natio­na­len. Es gibt aber gro­ße Abwei­chun­gen zwi­schen den Wirt­schafts­sek­to­ren und Bran­chen sowie inner­halb eines Unter­neh­mens, von Regi­on zu Regi­on und in Bezug auf die Erfah­rung oder die Dau­er der Fir­men­zu­ge­hö­rig­keit. Män­ner ste­hen sich bei der Ent­loh­nung im Durch­schnitt um ein Vier­tel bes­ser da als Frau­en. Das hängt auch damit zusam­men, dass der Min­dest­lohn fast 27 Pro­zent der arbei­ten­den Frau­en erfasst, aber nur gut 17 Pro­zent der Männer.

 

Geschäfts­füh­rer grö­ße­rer Nie­der­las­sun­gen in Por­tu­gal ver­die­nen bis zu 136.000 Euro. Foto: Hun­ters Race

 

Bei­spie­le für durch­schnitt­li­che Jah­res-Löh­ne und ‑Gehäl­ter (brut­to, in Euro)

 

Posi­ti­on in Portugal
2017
Geschäftsführer(in) einer grö­ße­ren Niederlassung 80.000 bis 136.000
Geschäftsführer(in) eines klei­nen bis mitt­le­ren Unternehmens 50.000 bis 120.000
Handelsdirektor(in) 30.000 bis 70.000
Vertriebsleiter(in) 17.500 bis 35.000
Ingenieur(in) 21.000 bis 40.000
Programmierer(in) 19.600 bis 49.000
Sekretär(in) mit Fremdsprachenkenntnissen 13.500 bis 22.400
Buchhalter(in) 16.800 bis 31.200
Kraftfahrer(in)* 8.000 bis 15.000

Die Anga­ben beru­hen auf einer gene­ra­li­sier­ten Aus­wer­tung der detail­lier­ten jähr­li­chen Stu­die von Hays (Guía do mer­ca­do laboral 2018) über Löh­ne und Gehäl­ter; die Band­brei­ten erklä­ren sich durch vor­han­de­ne Berufs­er­fah­rung, Bran­che, Spe­zia­li­sie­rung und Regi­on (Lis­sa­bon und Por­to); *Band­brei­te meh­re­rer Gesu­che bei der staat­li­chen Arbeits­agen­tur IEFP

 

Ange­lern­ter Pro­duk­ti­ons­ar­bei­ter: 730 Euro Brutto-Lohn

Ganz anders sehen die Monats-Löh­ne in der Pro­duk­ti­on aus. So ver­dien­te ein ange­lern­ter Arbei­ter ohne spe­zi­el­le Berufs­aus­bil­dung 2017 im Schnitt rund 730 Euro brut­to. Aus­ge­bil­de­te Mit­ar­bei­ter mit mehr­jäh­ri­ger, prak­ti­scher Berufs­er­fah­rung, die Auf­ga­ben zuver­läs­sig ohne Auf­sicht durch­füh­ren und Fer­ti­gungs­pro­zes­se ein­rich­ten kön­nen, kamen auf knapp 902 Euro brut­to. Gut 1.394 Euro brut­to tru­gen Mit­ar­bei­ter mit mehr­jäh­ri­ger Erfah­rung und Lei­tungs­be­fug­nis nach Hau­se, die als Vor­ar­bei­ter die Leis­tung von Pro­duk­ti­ons­be­rei­chen verantworten.

Wer mehr über den Arbeits­markt in Por­tu­gal erfah­ren will, kann sich Infor­ma­tio­nen auf der Inter­net­sei­te der Inter­na­tio­na­len Arbeits­or­ga­ni­sa­ti­on ILO holen. In Por­tu­gal selbst sind zwei wich­ti­ge Daten­quel­len das Staat­li­che Sta­tis­tik­amt INE und das Büro für Stra­te­gie und Stu­di­en des Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­ums GEE.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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