Por­tu­gal: Zwei­te Not­lan­dung in zwei Tagen!

Am Montag, 12. November, hat es in Portugal die zweite Notlandung in zwei Tagen gegeben. Betroffen waren Transavia und Air Astana. Hier alle Einzelheiten.
Notlandung von Transavia-Flug HV6630 in FaroNotlandung von Transavia-Flug HV6630 in Faro

Statt Kurs auf Amsterdam zu nehmen musste der Transavia-Flieger nach Faro ausweichen. Screenshot: Flight Radar

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Am Mon­tag, 12. Novem­ber, hat es im Luft­ver­kehr Por­tu­gals die zwei­te Not­lan­dung inner­halb von zwei Tagen gege­ben. Ein Tran­sa­via-Flug von Madei­ra nach Ams­ter­dam muss­te an die Algar­ve nach Faro aus­wei­chen (unser Bei­trags­bild). Ges­tern war ein außer Kon­trol­le gera­te­nes Air Ast­a­na-Flug­zeug nach einem zwei­stün­di­gen Irr­flug auf dem Alent­jeo-Air­port in Beja not­ge­lan­det. Hier alle bekann­ten Einzelheiten. 

 

Erlitt Druck­ab­fall in der Kabi­ne: eine ähn­li­che Boe­ing 737–800 der Tran­sa­via. Foto: Airline

 

Not­lan­dung wegen Druck­ab­fall in Transavia-Kabine

 

Es war Por­tu­gals Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter João Cra­vin­ho, der auf Twit­ter die siche­re außer­plan­mä­ßi­ge Lan­dung einer Boe­ing 737–800 der nie­der­län­di­schen Flug­ge­sell­schaft Tran­sa­via auf dem Algar­ve-Flug­ha­fen Faro mel­de­te. 149 Pas­sa­gie­re waren an Bord des Flug­zeugs mit dem Kenn­zei­chen PH-HZD, das gegen 10:30 Uhr zu Flug HV6630 auf dem Cris­tia­no Ronal­do-Flug­ha­fen in Fun­chal abge­ho­ben hatte.

 

Stolz twit­tert Por­tu­gals Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter über die schnel­le Reak­ti­on der F16-Kampf­flug­zeu­ge. Quel­le: Twitter

 

Kurz nach dem Start mel­de­te die Crew Druck­pro­ble­me in der Kabi­ne. Laut Minis­ter ent­sand­te die alar­mier­te Luft­waf­fe ein F‑16-Kampf­flug­zeug, um die Pas­sa­gier­ma­schi­ne zur Lan­dung in Faro zu beglei­ten. Die­se setz­te dort um 12:51 Uhr auf. Statt wie geplant um 15:30 Uhr kamen die Tran­sa­via-Flug­gäs­te dann um 17:18 Uhr auf dem Flug­ha­fen Schip­hol bei Ams­ter­dam an, so die Web­sei­te der Airline.

Im Som­mer war Tran­sa­via in den Schlag­zei­len gewe­sen, nach­dem ein 59-jäh­ri­ger Rus­se, des­sen offen­sicht­lich krank­heits­be­ding­ten Kör­per­aus­düns­tun­gen am 29. Mai die außer­plan­mä­ßi­ge Lan­dung eines Tran­sa­via-Flu­ges in Faro zur Fol­ge hat­ten, in einem Kran­ken­haus der Algar­ve starb. Wir berich­te­ten in unse­ren Arti­keln "Nach Not­lan­dung in Faro: Rus­si­scher Rock­mu­si­ker tot" und "Algar­ve-Not­lan­dung: Sol­che Arti­kel 'stin­ken!'".

Tran­sa­via sprach nicht von einer Not­fall­si­tua­ti­on, son­dern davon, dass die F16-Akti­on vom Mon­tag Teil der mili­tä­ri­schen Aus­bil­dung in Por­tu­gal gewe­sen sei. Ohne die Flug­ge­sell­schaft kom­men­tie­ren zu wol­len, erklär­te Luft­waf­fen-Oberst­leut­nant Manu­el Cos­ta, dies sei nicht der Fall; bei mili­tä­ri­schen Übun­gen sei­en nie­mals Zivil­flug­zeu­ge beteiligt.

"Es ist sehr sel­ten, dass es zwei Not­fäl­le in zwei Tagen gibt, aber die Luft­waf­fe war vor­be­rei­tet", sag­te der Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter in sei­ner Kurz­nach­richt vom 12. Novem­ber. Er spiel­te damit auf einen Vor­fall vom Sonn­tag­nach­mit­tag an.

 

Not­lan­dung wegen Instru­men­ten-Aus­fall in Air Astana-Maschine

 

Irr­flug-Rou­te der Air Ast­a­na-Embraer am 12. Novem­ber über Zen­tral-Por­tu­gal. Screen­shot: Flight Radar

 

Ein außer Kon­trol­le gera­te­ner Embraer 190-Jet der natio­na­len Flug­ge­sell­schaft Kasach­stans, Air Ast­a­na, absol­vier­te bei schlech­tem Wet­ter einen gut zwei­stün­di­gen Irr­flug in Zen­tral-Por­tu­gal. Zur Not­lan­dung auf dem Alen­te­jo-Flug­ha­fen Beja eskor­tier­ten zwei F16-Kampf­flug­zeu­ge der por­tu­gie­si­schen Luft­waf­fe. Hier die wich­tigs­ten Ant­wor­ten, die jetzt schon zum Flug KZR 1388 (KC 1388) gege­ben wer­den können.

Wann war der Air Ast­a­na-Flug wo gestartet?

Am Sonn­tag, 11. Novem­ber, um 13:30 Uhr im por­tu­gie­si­schen Alver­ca do Riba­te­jo. Der Ort liegt knapp 30 Kilo­me­ter nord­öst­lich von Lis­sa­bon ent­fernt. Am Flug­ha­fen dort arbei­tet das vor 100 Jah­ren gegrün­de­te Luft- und Raum­fahrt­un­ter­neh­men OGMA – Indús­tria Aeronáu­ti­ca de Por­tu­gal, SA. Es bie­tet unter ande­rem War­tungs­dienst­leis­tun­gen und die Her­stel­lung von Flug­zeug­kom­po­nen­ten an. Knapp zwei Drit­tel der Akti­en hält ein Kon­sor­ti­um unter Füh­rung des bra­si­lia­ni­schen Flug­zeug­her­stel­lers Embraer. Er gilt nach Boe­ing, Air­bus und Bom­bar­dier Aero­space als welt­weit viert­größ­ter Her­stel­ler im Zivil- und Mili­tär­flug­zeug­bau. Der Rest der OGMA-Akti­en liegt bei der im por­tu­gie­si­schen Staats­be­sitz befind­li­chen Hol­ding EMPORDEF. Sie ver­wal­tet direkt oder indi­rekt mit dem Ver­tei­di­gungs­sek­tor ver­bun­de­ne Unter­neh­men aus den Berei­chen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­on, Infor­ma­ti­ons­tech­no­lo­gie, Maschi­nen­bau, Flug­zeug­bau und Schiffbau.

Was war bei dem Flug­zeug repa­riert worden?

Air Ast­a­na hat­te die Embraer E190 LR am 2. Okto­ber zur War­tung nach Por­tu­gal geflo­gen. Laut Web­sei­te der Zei­tung Obser­va­dor soll die Elek­tro­nik schon eini­ge Male für Pro­ble­me gesorgt haben. Bei der War­tung durch OGMA in Alver­ca soll­ten die Fehl­funk­tio­nen besei­tigt werden.

Wohin soll­te der Rück­füh­rungs­flug gehen?

Flug KZR 1388 mit zwei Pilo­ten und vier Tech­ni­kern an Bord war für die weiß­rus­si­sche Haupt­stadt Minsk bestimmt.

Wann mel­de­te der Pilot Probleme?

Maschi­ne der kasa­chi­schen Flug­ge­sell­schaft beim Start. Foto: Air Astana

Bereits kurz nach dem Start funk­te der Pilot des Jets mit dem Kenn­zei­chen P4-KCJ „May­day, may­day, may­day“ und erklär­te, in einer Luft­not­la­ge zu sein. Dem in por­tu­gie­si­schen Medi­en ver­öf­fent­lich­ten Mit­schnitt des Sprech­funk­ver­kehrs zwi­schen Cock­pit und Kon­troll­turm in Lis­sa­bon ist zu ent­neh­men, dass Instru­men­te aus­ge­fal­len waren, die für die Kon­trol­le und Sta­bi­li­tät der Flug­ach­sen ver­ant­wort­lich sind.

In der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit der Flug­si­che­rung in Lis­sa­bon sag­te der Pilot, das Flug­zeug sei "völ­lig unkon­trol­lier­bar" und "die Flug­steue­rung in Schwie­rig­kei­ten". Luft­fahrt­krei­se erklär­ten der Nach­rich­ten­agen­tur Lusa gegen­über, es habe sich um einen "kri­ti­schen Feh­ler in den Navi­ga­ti­ons- und Flug­steue­rungs­sys­te­men" gehandelt.

 

Wel­che Wet­ter­be­din­gun­gen herrsch­ten zu die­ser Zeit?

Es han­del­te sich um ein Wochen­en­de mit viel Regen und zahl­rei­chen klei­ne­ren Über­schwem­mun­gen am Boden. Das schlech­te Wet­ter führ­te laut natio­na­ler Zivil­schutz-Behör­de Por­tu­gals zu 790 gemel­de­ten Ereig­nis­sen. Der am stärks­ten betrof­fe­ne Bezirk war Lis­sa­bon mit 373 Vor­komm­nis­sen, davon 340 Über­schwem­mun­gen. Der am zweit­häu­figs­ten betrof­fe­ne Bezirk war Setú­bal mit mehr als 133 Vor­komm­nis­sen. Das schlech­te Wet­ter ver­ur­sach­te auch das Umstür­zen von Bäu­men (55) und Mau­ern (20) sowie Erd­rut­sche (35). Im gan­zen Land muss­ten 53 Stra­ßen geräumt werden.

Wie unkon­trol­lier­bar war das Flugzeug?

Offen­bar konn­te der Pilot den Embraer-Jet nur noch so schlecht kon­trol­lie­ren, dass er sogar eine Not­was­se­rung auf dem nahe gele­ge­nen Fluss Tejo oder in Küs­ten­ge­wäs­sern erwog und um Anwei­sun­gen dafür bat. Wegen des schlech­ten Wet­ters im Groß­raum Lis­sa­bon wur­de die­se Idee aber letzt­lich ver­wor­fen, wie Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter João Cra­vin­ho auf Twit­ter bestä­tig­te. Die por­tu­gie­si­sche Mari­ne hat­te sich bereits auf einen Not­fall-Ein­satz vor­be­rei­tet. Auf­zeich­nun­gen der Inter­net­platt­form Flight Radar zei­gen, wie unge­wöhn­lich und ver­wor­ren die Flug­rou­te des kasa­chi­schen Maschi­ne nach dem Start in Alver­ca verlief.

 

Drei­mal zur Not­lan­dung angesetzt

 

Wie kam es zu den Vor­be­rei­tun­gen für eine Not­lan­dung im Alentejo?

Kurz vor dem Auf­set­zen in Beja: Embaer 190 der Air Ast­a­na. Foto: Amateuraufnahme

Die bei­den Air Ast­a­na-Pilo­ten, ein 54-jäh­ri­ger Bri­te und ein 37-jäh­ri­ger Kasa­che, konn­ten im Flug­ver­lauf ihre fünf Jah­re alte Embraer-Maschi­ne dann doch wie­der etwas sta­bi­li­sie­ren. Eini­ge Instru­men­te konn­ten wie­der genutzt wer­den. Dar­auf­hin ent­schloss sich der in Lis­sa­bon gebil­de­te Kri­sen­stab, das Flug­zeug in ein Gebiet mit bes­se­rer Sicht und weni­ger dich­tem Flug­ver­kehr zu lot­sen. Eskor­tiert von zwei F16-Jägern der por­tu­gie­si­schen Luft­waf­fe, die in Mon­te Real in der Nähe von Lis­sa­bon sta­tio­niert sind, steu­er­te die Air Ast­a­na-Crew ihre Embraer 190 in den Alen­te­jo, zum Flug­ha­fen Beja.

Wie schwie­rig war die Not­lan­dung auf dem Flug­ha­fen Beja?

Die gestress­ten Air Ast­a­na-Pilo­ten muss­ten für die Not­lan­dung drei­mal anset­zen, so Flug­si­che­rungs­krei­se. Beim ers­ten Ver­such sah zunächst alles rela­tiv gut aus. Dann aber kipp­te nach Fern­seh-Anga­ben die Embraer nach rechts und star­te­te durch. Beim zwei­ten Anflug ver­lor die Embraer 190 stark an Höhe und dreh­te nun nach links ab. Erst beim drit­ten Mal klapp­te die Lan­dung auf der Bahn 19R des Luft­waf­fen­stütz­punkts Nr. 11 in Beja – um 15:18 Uhr. Schä­den wur­den an dem Flug­zeug nicht festgestellt.

Wird jetzt in Beja repa­riert: Not­ge­lan­de­tes Air Ast­a­na-Flug­zeug. Foto: Amateuraufnahme

Was geschah mit der Crew nach der Notlandung?

Zwei der sechs Crew-Mit­glie­der der Air Ast­a­na muss­ten sich wegen Stress­sym­pto­men im Kran­ken­haus von Beja behan­deln las­sen. Sie konn­ten die Kli­nik inzwi­schen schon wie­der ver­las­sen. Die Aus­län­der- und Grenz­si­che­rungs­be­hör­de befrag­te die Air Astana-Angestellten.

Was pas­siert jetzt mit der Embraer E190?

Laut Luft­waf­fen-Oberst Fer­nan­do Cos­ta, dem Kom­man­dan­ten der Beja Air Base, wird das not­ge­lan­de­te Flug­zeug zur Repa­ra­tur zunächst in Beja blei­ben. Es wer­de aber nicht vom por­tu­gie­si­schen Mili­tär repa­riert, beton­te Cos­ta. Der­zeit befin­det sich bereits ein Team des por­tu­gie­si­schen Amtes für Prä­ven­ti­on und Unter­su­chung von Flug­zeug-Unfäl­len (GPIAAF) dort.

Wie reagier­ten Air Ast­a­na und OGMA bis­her auf den Vorfall?

Por­tu­gals Luft­waf­fe ver­öf­fent­lich­te Bil­der aus einem F16-Cock­pit von der Not­lan­dung der Air Ast­a­na-Maschi­ne. Foto: For­ca Aerea

Air Ast­a­na geht auf sei­ner Web­sei­te bis­lang über­haupt nicht auf den Vor­fall ein. Letz­te Nach­rich­te dort ist eine Mel­dung vom 7. Novem­ber, wonach die natio­na­le Air­line Kasach­stans eine Bil­lig­flug­ge­sell­schaft mit den Namen „FlyAry­stan“ grün­den wird. Das Air Ast­a­na-Manage­ment bestä­tig­te laut por­tu­gie­si­scher Nach­rich­ten­agen­tur Lusa in einer Erklä­rung, dass sein Flug­zeug "tech­ni­sche Pro­ble­me" hat­te. Vor­läu­fi­ge Infor­ma­tio­nen wie­sen auf Pro­ble­me mit der Kon­trol­le der Flug­ach­sen hin. Das Unter­neh­men will eng sowohl mit den Ermitt­lern von GPIAAF zusam­men­ar­bei­ten, als auch mit Exper­ten des Her­stel­lers Embraer. Eine Stel­lung­nah­me zur Ver­ant­wor­tung für den Vor­fall lehn­te ein Spre­cher des Unter­neh­mens als zum jet­zi­gen Zeit­punkt unan­ge­mes­sen ab.

Auch das War­tungs­un­ter­neh­men OGMA hat bereits ver­si­chert, dass es mit den Luft­fahrt­be­hör­den bei der Unter­su­chung der Ursa­chen des Vor­falls zusam­men­ar­bei­tet. Es bestä­tig­te, dass sich das Embraer-Flug­zeug zu War­tungs­ar­bei­ten in Alver­ca befun­den hatte.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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