Erdbeben: Portugal probt Notfall
Ganz Portugal will am 5. November, dem Welt-Tsunami-Tag, sein Bewusstsein dafür schärfen, was im Erdbeben-Fall zu tun ist. Die Katastrophenschutzbehörde ANPC ruft zur Teilnahme an der jährlichen nationalen Sensibilisierungs-Übung auf. Sie trägt den Titel „A terra treme“, beginnt um 11:05 Uhr und dauert nur eine Minute. Die Algarve und Lissabon gelten als besonders anfällig für Erdbeben und Tsunamis.
Eine Kombination aus verheerendem Erdbeben, Tsunami und Feuersturm verwüstete am Allerheiligen-Tag vor 263 Jahren Lissabon. Das Epizentrum lag mehr als 150 Kilometer vor der Atlantik-Küste. Kirchen wurden am Morgen des 1. November 1755 zu Todesfallen, die Straßen verwandelten sich in eine Höllenlandschaft. Ein Video mit englischen Erläuterungen versucht, davon einen Eindruck zu vermitteln.
Auch und besonders an der Algarve zerstörte der Tsunami Städte und Dörfer an der Küste. Auswirkungen sind bis heute noch zu sehen, zum Beispiel in Boca do Rio. Wir berichteten darüber in unserem Artikel „Archäologen finden Fischsoßen-Fabrik“. Flutwellen von 20 Metern Höhe überrollten zudem die Atlantikküste Nordafrikas. Überall gab es zehntausende von Toten. Das Beben mit der geschätzten Stärke von 8,5 bis 9 Punkten auf der Richterskala war damals in ganz Europa spürbar.
Wahrscheinlichste Ursache waren nach Annahmen von Geologen tektonische Verschiebungen der afrikanischen und eurasischen Erdplatte in der so genannten Azoren-Gibraltar-Bruchzone. Hier sind starke vertikale Bewegungen möglich, die sogar Tsunamis auslösen können. Untersuchungen des Meeresbodens vor Portugal ließen bereits vor fünf Jahren auf die Entstehung einer neuen Zone schließen, in der eine Unterplatte unter eine Oberplatte abtaucht. Dabei verhaken sich beide und bauen nach und nach erhebliche Spannungen im Gestein auf. Deren ruckartige Freisetzung kann oben zu Erdbeben und unten zu Seebeben mit Tsunamis führen.
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Drei Basisregeln bei Erdbeben
Um die Bevölkerung auf die mit ähnlichen Ereignissen verbundenen Gefahren vorzubereiten, hat der portugiesische Katastrophenschutz seine Webseite „A terra treme“ eingerichtet. Empfohlen werden dort drei einfache Schritte: hinknieen, schützen, abwarten.
Hinknien: Kauern Sie sich dort, wo Sie sind, auf Hände und Kniee. Diese Position verhindert, dass Sie während des Erdbebens zu Fall kommen. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass Sie woanders hin kriechen können. Beugen Sie sich am besten vor, um lebenswichtige Organe zu schützen.
Schützen: Schützen Sie Ihren Kopf und Nacken mit Armen und Händen. Suchen Sie Schutz, möglichst unter einem stabilen, robusten Tisch oder Schreibtisch. Halten Sie sich dort mit einer Hand fest; seien Sie bereit, sich ggf. mit Ihrem Unterschlupf weiter zu bewegen, falls er sich verschiebt. Wenn kein Unterschlupf vorhanden ist, kriechen Sie neben eine Innenwand, aber bleiben Sie weit weg von einem Fenster. Breiten Sie auch hier Arme und Hände über Kopf und Nacken.
Abwarten: Verlassen Sie Ihre Schutzposition erst dann, wenn die Erde aufgehört hat zu zittern.
In den vergangenen Jahren hat Portugal die Zahlen derer, die an der jährlichen Sensibilisierungsaktion teilnehmen, ständig steigern können. Hier ein Überblick über die vergangenen beiden Jahre:
Quelle: ANPC | Teilnehmer in öff. Institutionen und Unternehmen | Teilnehmer im Schulbereich | Sonstige registrierte Teilnehmer |
2017 | 78.905 | 406.902 | 22.253 |
2016 | 47.960 | 316.022 | 4.371 |
So bereiten Sie sich auf ein mögliches Erdbeben vor
Viele Menschen haben das Gefühl, dass ein Erdbeben unwahrscheinlich ist. Warum also sollte man sich mit Schutzmaßnahmen beschäftigen? Gleichzeitig haben viele eine Versicherung für Haus und Geschäft abgeschlossen, die das Erbebenrisiko mit abdeckt. Das ist gerade in Portugal eine vernünftige Maßnahme, denn das Land weist ein erhöhtes Risiko für Erdstöße auf (siehe IPMA-Grafik unten).
Hier eine Liste mit 16 Verhaltens-Tipps für vorbeugende Notfall-Maßnahmen:
- Informieren Sie sich über die möglichen Ursachen und Auswirkungen eines Erdbebens in Ihrer Region. Sprechen sie mit Ihrer Familie und Ihren Freunden und Bekannten darüber.
- Entwickeln Sie vorbeugend einen Notfallplan für Ihre Familie. Stellen Sie sicher, dass jeder im Falle eines Erdbebens weiß, was zu tun ist.
- Legen Sie vorsorglich einen Treffpunkt fest für den Fall, dass die Mitglieder Ihrer Familie während des Erdbebens getrennt werden sollten.
- Bereiten Sie Ihr Zuhause darauf vor, dass Sie sich ggf. blitzschnell bewegen können. Sorgen Sie für freie Fluchtwege, räumen Sie ggf. hinderliche Möbel und Spielzeug aus Korridoren und Gängen.
- Legen Sie sich ein Notfall-Kit zu. Dort hinein gehören nur grundlegende Dinge wie eine Taschenlampe, ein tragbares Radio, Ersatz-Batterien für beides sowie ein Feuerlöscher und ein Erste-Hilfe-Set.
- Bevorraten Sie sich mit Wasser in Plastikflaschen und mit Lebensmitteln in Konserven (mit Dosenöffner) für den Bedarf von zwei oder drei Tagen. Überprüfen Sie regelmäßig die Verfallsdaten.
- Halten Sie an einem leicht zugänglichen Ort Notrufnummern, Ihre Kontaktliste für Familie/Freunde und Kopien wichtiger Dokumente griffbereit.
- Sorgen Sie dafür, dass Sie Ihre regelmäßig zu nehmenden Medikamente und Hygieneprodukte (einschließlich Toilettenpapier, feuchte Tücher und Plastiktüten für sanitäre Zwecke) griffbereit haben. Auch Kleidung zum Wechseln und eine Kopfbedeckung sowie ein Regenschutz sind wichtig.
- Legen Sie auch Geld, eine Trillerpfeife (um auf sich aufmerksam machen zu können), eine Maske gegen das Einatmen von Staub und ein Handy-Ladegerät mit Powerbank und/oder Ersatzbatterie bereit.
- Wenn Sie Haustiere haben, sollten sie auch an Futter und Wasser für diese denken.
- Suchen Sie in Ihrer Wohnung danach, wie die sichersten Orte sind, um Ihre Familie zu schützen. Das könnten zum Beispiel Innentüren, Zimmerecken oder Tische und Betten sein, unter die man kriechen kann.
- Prüfen Sie den Sicherheitsabstand von Objekten, die herunterfallen oder splittern könnten.
- Machen Sie sich bewusst, dass Sie im Ernstfall die Nähe von Fenstern, Spiegeln, Lampen, Möbeln und anderen Gegenständen in ihrer Wohnung sowie Aufzüge und Haustüren meiden müssen.
- Sichern Sie Regale, Vasen und Blumentöpfe usw., die an den Wänden Ihres Hauses angebracht sind.
- Legen Sie schwere oder große Gegenstände möglichst auf den Boden oder auf den untersten Boden eines Regals.
- Bringen Sie allen Familienmitgliedern, vor allem den Kindern, bei, wie sie im Notfall den Strom ausschalten sowie Wasser und Gas absperren können.
So schützen Sie sich während eines Erdbebens
- Wenn Sie in einem Gebäude sind und ein Erdbeben auftritt, werden Sie intuitiv versuchen, ins Freie zu rennen. Aber nehmen Sie sich vor abrutschenden und herunterfallenden Trümmerteilen in Acht. Der Bereich neben den Außenwänden eines Gebäudes ist übrigens die gefährlichste Zone. Fenster, Fassaden und architektonische Verzierungen sind nämlich oft die ersten Teile, die zusammenbrechen.
- Wenn Sie sich in einem der oberen Stockwerke eines Gebäudes befinden, rennen Sie nicht ins Treppenhaus und benutzen Sie auf keinen Fall den Aufzug. Nehmen Sie stattdessen Zuflucht in dem Rahmen einer Innentür, in einer Zimmer-Ecke oder unter einem Tisch oder Bett.
- Halten Sie sich von Fenstern und Spiegeln fern. Lassen Sie Vorsicht walten vor fallenden Lampen, Möbeln oder anderen Gegenständen. Sofern Sie sich in einer Produktionshalle aufhalten, achten Sie auf Maschinen, die kippen oder verrutschen könnten.
- Falls Sie gerade auf der Straße sind, wenn ein Erdbeben beginnt, suchen Sie ruhig, aber zügig einen offenen, freien Platz auf, weg vom Meer oder einem Flusslauf. Laufen oder rennen Sie nicht durch die Straßen. Halten Sie sich von Gebäuden grundsätzlich fern, insbesondere aber von den am stärksten beschädigten, den besonders hohen oder einzeln stehenden. Meiden Sie auch die Nähe von Strommasten, Schornsteinen, Balkonen, Mauern und Hängen, die auf Sie fallen oder auf Sie rutschen könnten.
- Wenn Sie in einem dicht besiedelten Wohngebiet leben, inspizieren Sie, sobald das Beben aufgehört hat, in Ruhe zunächst die Wände, Kamine, elektrischen Leitungen und Lampen im Inneren. Setzen Sie instand, was Sie können.
- Halten Sie sich zunächst von Ausgängen fern: Treppen und Türen sind Örtlichkeiten, die sich leicht mit Schutt füllen. Außerdem werden sie schnell blockiert, wenn viele Menschen das Gebäude verlassen wollen.
- Sollten Sie gerade fahrend unterwegs sein, wenn die Erde bebt, stoppen Sie ihr Fahrzeug fern von Gebäuden, Mauern, Böschungen, Masten und Hochspannungskabeln. Bleiben Sie als Autofahrer in ihrem Wagen.