Deut­scher Algar­ve-For­scher kri­ti­siert teu­re Medikamente

Steuerzahler bezahlen für innovative Krebs-Medikamente derzeit zweimal, kritisiert der deutsche Biomediziner Prof. Wolfgang Link. Er forscht an der Algarve. Lesen Sie, welche Vorschläge er in der renommierten Fachzeitschrift "The Lancet Oncology" macht.
Medikamente gegen Krebs müssen innovativ und erschwinglich sein, fordert Prof. Wolfgang LinkMedikamente gegen Krebs müssen innovativ und erschwinglich sein, fordert Prof. Wolfgang Link

Erforscht an der Uni in Faro Signale von Krebszellen: der deutsche Biomediziner Prof. Wolfgang Link. Foto: Hans-Joachim Allgaier

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Hef­ti­ge Kri­tik an dem Sys­tem, wie der­zeit neue Medi­ka­men­te ent­wi­ckelt und ver­kauft wer­den, hat der deut­sche Bio­me­di­zi­ner Prof. Wolf­gang Link (54) geäu­ßert. In der Sep­tem­ber-Aus­ga­be der renom­mier­ten Fach­zeit­schrift „The Lan­cet Onco­lo­gy“ schreibt der Krebs-For­scher der Uni­ver­si­tät der Algar­ve (UAlg), das Sys­tem sei „über­teu­ert, sozi­al unge­recht und ineffizient“. 

 

Aus Steu­er­mit­teln finan­zier­te Labor-For­schung nut­zen gro­ße Phar­ma­kon­zer­ne für über­teu­er­te Medi­ka­men­te, kri­ti­siert Prof. Wolf­gang Link von der UAlg. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

 

Der Autor argu­men­tiert, da ein gro­ßer Teil der neu­en Arz­nei­mit­tel auf der Basis öffent­lich finan­zier­ter For­schung ent­deckt wer­de, müss­ten sie zu nied­ri­ge­ren Prei­sen zugäng­lich gemacht wer­den als das bis­lang der Fall ist. Ein wesent­li­cher Teil der durch die Ver­mark­tung erziel­ten Gewin­ne sol­le in For­schungs­pro­jek­te öffent­li­cher For­schungs­ein­rich­tun­gen zurückfließen.

 

Inno­va­ti­ve Krebs-Medi­ka­men­te dür­fen nicht bloß für Rei­che bezahl­bar sein

 

Nur so kön­ne künf­tig ver­mie­den wer­den, „dass inno­va­ti­ve The­ra­pien ein Pri­vi­leg der Rei­chen wer­den und gleich­zei­tig die phar­ma­zeu­ti­sche Inno­va­ti­on gebremst wird“, so Link in dem Lan­cet-Arti­kel.

Schon in unse­rem Bei­trag „Algar­ve: Deut­scher erforscht Krebs-Signa­le“ vom 25. April die­ses Jah­res hat­te der deut­sche Assis­tenz­pro­fes­sor sei­ne kri­ti­sche Hal­tung dazu ange­deu­tet, dass z.B. hoch­wirk­sa­me Krebs-Medi­ka­men­te bald nur noch von Rei­chen finan­ziert wer­den könnten.

 

Neue Medi­ka­men­te spü­len öffent­li­che Mit­tel in pri­va­ten Kassen

 

Der am Zen­trum für Bio­me­di­zi­ni­sche For­schung (CBMR) der Uni­ver­si­tät in Faro arbei­ten­de Wis­sen­schaft­ler argu­men­tiert – ver­ein­facht dar­ge­stellt – in sei­nem Fach­ar­ti­kel nun etwa so:

Prof. Wolf­gang Link (54). Foto: Hans-Joa­chim Allgaier
  • In den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren gab es in der Ent­wick­lung neu­er Medi­ka­men­te star­ke Ver­än­de­run­gen: Frü­her wur­den neue The­ra­pien empi­risch ent­deckt. Heu­te basie­ren die meis­ten neu auf den Markt kom­men­den Medi­ka­men­te auf dem Ver­ständ­nis der Krank­heits­me­cha­nis­men und mole­ku­la­ren Vor­gän­ge. Dafür wer­den zum Bei­spiel Ziel-Pro­te­ine iden­ti­fi­ziert und bestätigt.
  • Das Wis­sen, das neue, geziel­te und per­so­na­li­sier­te The­ra­pien ermög­licht, beruht auf jah­re­lan­ger, oft jahr­zehn­te­lan­ger For­schung. Die­se fin­det weit­ge­hend in von der öffent­li­chen Hand finan­zier­ten For­schungs­la­bo­ren, zum Bei­spiel an Uni­ver­si­tä­ten, statt.
  • Da die Iden­ti­fi­zie­rung und Vali­die­rung von Ziel­pro­te­inen äußerst müh­sam und ris­kant ist, haben sich vie­le Phar­ma­un­ter­neh­men ent­schie­den, die­se ent­schei­den­den Schrit­te öffent­li­chen For­schungs­ein­rich­tun­gen zu überlassen.
  • Die auf der Basis der dort erziel­ten Ergeb­nis­se ent­wi­ckel­ten Medi­ka­men­te wer­den jedoch von den Unter­neh­men mit sehr hohen Gewinn­mar­gen ver­mark­tet. Um Inves­ti­ti­ons­ri­si­ken zu mini­mie­ren, kon­zen­trie­ren sich sogar vie­le Phar­ma­kon­zer­ne mitt­ler­wei­le dar­auf, ledig­lich mini­ma­le Ver­än­de­run­gen an schon exis­tie­ren­den Arz­nei­mit­teln vorzunehmen.
  • Die Inno­va­ti­on jedoch und damit das hohe Risi­ko wird öffent­li­chen For­schungs­ein­rich­tun­gen und klei­nen Bio­tech-Unter­neh­men über­las­sen. Wenn man den öffent­li­chen mit dem pri­va­ten Sek­tor ver­gleicht, besteht also ein star­kes Ungleich­ge­wicht zwi­schen Risi­ko und Nutzen.

 

Steu­er­zah­ler bezah­len Medi­ka­men­te zweimal

 

Erforscht an der Uni­ver­si­tät der Algar­ve z.B. die Signa­le von Krebs-Zel­len: Prof. Wolf­gang Link mit wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­te­rin­nen. Foto: Hans-Joa­chim Allgaier

„Der Steu­er­zah­ler zahlt so sei­ne Medi­ka­men­te zwei­mal: Ers­tens durch sei­ne Steu­ern, mit denen die wis­sen­schaft­li­che For­schung zur Ent­de­ckung der Arz­nei­mit­tel öffent­lich finan­ziert wird. Und zwei­tens für den Zugang zu den teu­ren Medi­ka­men­ten selbst“, sagt Link.

Der deut­sche Bio­me­di­zi­ner macht dar­auf auf­merk­sam, dass die Kos­ten für inno­va­ti­ve Medi­ka­men­te, die immer geziel­ter und mit stär­ker per­so­na­li­sier­ten Ansät­zen arbei­ten, oft für die öffent­li­chen Gesund­heits­sys­te­me nicht mehr trag­bar sei­en. Das bedeu­te, dass vie­le Steu­er­zah­ler vom Zugang zu die­sen The­ra­pie-Optio­nen aus­ge­schlos­sen würden.

„Das der­zei­ti­ge Sys­tem führt uns daher unwei­ger­lich zu einem Sze­na­rio, in dem der Zugang zu inno­va­ti­ven The­ra­pien ein Pri­vi­leg der wohl­ha­ben­den Eli­ten ist“, warnt Link. Da dies eine unhalt­ba­re Situa­ti­on sei, schlägt der Lan­cet-Autor vor, dass der Staat, statt über­teu­er­te Medi­ka­men­te zu bezah­len, direkt in die Arz­nei­mit­tel­ent­wick­lung inves­tie­ren sollte.

Die öffent­li­che Hand kön­ne von dem gespar­ten Geld auch Arz­nei­mit­tel-Paten­te von der Phar­ma­in­dus­trie erwer­ben, um die­se in den öffent­li­chen Bereich zu über­füh­ren, damit inter­es­sier­te Unter­neh­men die ent­spre­chen­den Arz­nei­mit­tel her­stel­len und zu reel­len Markt­prei­sen ver­kau­fen können.

Hans-Joachim Allgaier: Deutscher Journalist mit Know-how in Public Relations/Marketing/Corporate Communications - Portugal-/Algarve-/Alentejo-Liebhaber
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