29 iberische Luchse übernachten in Algarve-Schule
Das ging gerade so eben gut: Fast hätte das Feuer der verheerenden Algarve-Waldbrände das einzige Aufzuchtzentrum für iberische Luchse (CNRLI) in Portugal vernichtet. Nur dank eines frühzeitg aktivierten Notfallplans konnte überhaupt verhindert werden, dass die 29 Wildkatzen in Silves zu Tode kamen oder vorher zum Flüchten hätten freigelassen werden müssen. Hier eine Chronologie der dramatischen Ereignisse rund um das Centro Nacional de Reprodução de Lince Ibérico.
Wie sich jetzt bei einem Rundgang mit dem portugiesischen Umweltminister João Matos Fernandes zeigte, griffen die Flammen genau auf den Teil des Wildgeheges über, wo die gefährdeten Tiere lebten. Doch eine rechtzeitige Evakuierungsaktion rettete die Pardelluchse, wie man die vom Aussterben bedrohte Katzenart auch nennt: In einer aufregenden Eil-Aktion wurden sie am Mittwoch, 8. August, evakuiert und in die spanischen Schwesterzentren El Acebuche in La Olivilla und Zarza de Granadilla in Cáceres gebracht. Auch alle Dokumente über die zehnjährige Aufzuchtarbeit in der Herdade das Santinhas konnten zum Glück gesichert werden.
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Aktion zu 100 Prozent erfolgreich
"Bei der Aktion haben wir unsere Ziele zu 100 Prozent erreicht“, erklärte der erleichterte Umweltminister Portugals. Er dankte allen Mitarbeitern und Helfern für die „mutige Arbeit, die sie geleistet haben“. Fernandes sagte zu, 500.000 Euro zu investieren, um das von den Flammen beschädigte Zentrum in Silves zu renovieren und gleichzeitig zu verbessern.
Bis November sollen die notwendigen Arbeiten abgeschlossen werden. Denn einige der Luchse sollen im Frühjahr 2019 ausgewildert werden. Um sie darauf vorzubereiten, braucht es laut dem Direktor des Zentrums, Rodrigo Serra, einige weitere Monate. Die betreffenden sechs Tiere würden auch jetzt schon, in ihrem Asyl in Spanien, dafür präpariert.
Iberische Luchse per Blasrohr betäubt
Aus den Aussagen von Umweltminister und Zentrumsleiter haben wir diese Chronologie der dramatischen Rettungsaktion in Silves rekonstruiert:
- Der Notfallplan wurde vorsorglich "drei oder vier Tage im Voraus" aktiviert. Mit dem Einfangen der Luchse begannen die Experten dann bereits einen Tag bevor die Flammen auf das Zentrum vorrückten, also am Dienstag, 7. August.
- Von den 29 Luchsen, die in dem Zentrum leben, wurden sechs in speziellen Gehegen gehalten. Sie sind den Kontakt mit Menschen nicht gewohnt.
- Innerhalb von eineinhalb Tagen konnten alle 29 Luchse vorsorglich eingefangen und unter sicheren Bedingungen für den Abtransport vorbereitet werden. Manche in der Station geborenen Luchse konnten, weil relativ zahm, mit der Hand eingefangen werden, bei den älteren Wildtieren war das schon schwieriger. Bei einigen von ihnen setzten die Experten Blasrohre mit Betäubungspfeilen ein. Die Tiere reagierten gut auf die Anästhesie.
- Der Rückzug aus den Gebäuden des Zentrums geschah in zwei Phasen, so heißt es auf dessen Webseite. Übergangsweise wurden die 29 nachtaktiven Einzelgänger mit einer Vorliebe für Wildkaninchen, Feldhasen und Mäusen als Nahrung am Dienstag zunächst in einer Schule der benachbarten Stadt Lagoa untergebracht: in der Escola EB 2,3 Jacinto Correia de Lagoa. Die dortige Stadtverwaltung hatte das in den Schulferien nicht genutzte Gebäude dafür angeboten. Die betäubten Wildtiere blieben dort über Nacht. Die Mittelschule liegt am nordwestlichen Rand des Innenstadt-Kerns, unweit des Klosters Convento de São José und der Stadthalle.
Nachts in einer Mittelschule von Lagoa
- Am Mittwoch, 8. August, wurde geprüft, ob das Feuer tatsächlich die Räumlichkeiten bedrohen könnte.
- Innerhalb von vierundzwanzig Stunden änderte sich die Wettervorhersage: Hatte es am Dienstag zunächst noch geheißen, die Winde würden die Flammen nicht auf Silves zutreiben, wurde am Mittwochmorgen klar, dass die Brände sich dem Aufzuchtzentrum für iberische Luchse in Silves nähern würden.
- Wenn das rechtzeitige Einfangen sich als undurchführbar erwiesen hätte, wäre sogar ein Freilassung der iberischen Luchse erwogen worden, damit sie dem Feuer entkommen. Weil sie in der Aufzuchtstation mit dem Verhalten von Tieren, die in der freien Natur leben, vertraut gemacht werden, hätten sie hohe Überlebenschancen gehabt.
- Doch die Rettungsaktion glückte und tatsächlich erfassten die Waldbrände danach die Gehege der iberischen Luchse in Silves. Andere Gebäude, wie etwa die Krankenstation, das Labor und das Verwaltungsgebäude, blieben weitgehend verschont. Es gab nur ein paar Schäden an der Wasserversorgung und an Klimaanlagen.
- Im unermüdlichen Einsatz bei der Evakuierungs-Aktion waren rund 70 Spezialisten. Sogar Urlauber unterstützten. Viele der Mitarbeiter der Aufzuchtstation halfen bei der Evakuierung mit, obwohl in der Nähe ihre eigenen Wohnhäuser vom Waldbrand bedroht wurden.
Iberische Luchse bekommen in Silves bald Überwachungskameras
Fazit: Die Rettung hat geklappt, weder Tiere noch Menschen wurden verletzt. Alle seit 1999 in Silves erzielten Arbeitsergebnisse konnten gesichert werden. Der Wiederaufbau der Station soll jetzt genutzt werden, um die Anlagen dort zu ergänzen. Zum Beispiel werden Überwachungskameras installiert, mit denen die Luchse beobachtet werden sollen. Auch sind neue Transportkäfige erforderlich. Vier wurden bei der eiligen und dramatischen Evakuierungsaktion beschädigt.