Portugal: Jazz aus Deutschland, Österreich, Schweiz
Ein deutscher Saxofonist und sein Quartett sowie ein österreichischer Pianist und sein Trio gehören zu der Star-Besetzung des Lagoa Jazz Fest vom 22. bis 24. Juni an der Algarve. Auch mit dabei: Jazz-Größen aus Portugal und Brasilien, die vokale und instrumentale Beiträge vom Feinsten versprechen. Und vom 3.bi 13. Juli treten bei der 14. Ausgabe von „Jazz im Goethe-Garten“ (JiGG) in Lissabon Musiker auf, welche die neuesten Trends des europäischen Jazz repräsentieren, darunter auch ein Schweizer Trio.
Magischer Jazz zum Fliegen: das Trio von Timo Vollbrecht
Der deutsche Saxofonist Timo Vollbrecht, der mit seiner Band „Fly Magic“ in Lagoa auftritt, kennt das Jazz-Festival der Algarve durch seinen Schlagzeuger Sebastian Merk. „Sebastian trat dort bereits einmal auf und schwärmte von dem Festival in den höchsten Tönen. Durch ihn kam der Kontakt zu Veranstalter António Palma zustande, der uns engagierte“, berichtet Vollbrecht.
Seit mehreren Jahren tourt er international durch Europa, die USA, Südamerika, Asien und Australien. „Das Reisen inspiriert unser Musizieren. Unser neues Album ‚Faces in Places‘ ist sogar genau davon geprägt: Jedes Stück auf der CD ist von einer Begegnung mit einer Person inspiriert, die wir auf unseren Reisen kennengelernt haben. Wir reisen also gerne für unsere Konzerte und deswegen freuen wir uns auch so auf das Festival an Portugals Algarve“, schwärmt der in Stadthagen bei Hannover geborene ehemalige Stipendiat des Bundesjazzorchesters.
Auf Salvador Sobral, den European Song Contest-Gewinner von 2017 und seinen Auftritt in Lagoa im vergangenen Sommer angesprochen, räumt Vollbrecht ein: „Den kannte ich bisher nicht. Den ESC habe ich ehrlich gesagt nicht verfolgt, schaue aber gleich einmal im Internet nach seiner Musik…“
In unserem Beitrag "So hat ESC-Gewinner Sobral an der Algarve überrascht!" haben wir über das Lagoa Jazz Fest 2017 berichtet.
Die Jazz-Szene an der Algarve kennt Vollbrecht „per se nicht so gut“. Bekannt ist ihm aber vor allem Carlos Rica, „ein fantastischer Bassist, mit dem ich vor einigen Jahren bereits zusammen spielte“. Darüber hinaus ist ihm „natürlich Maria João“ vertraut. Außerdem gebe es „interessanten Jazz in Lissabon“ – und mit dem dortigen „Hot Clube“ einen wichtigen Jazz-Club.
„Sie werden es kaum glauben, aber es ist meine erste Reise an die Algarve“, verrät der Mann am Saxophon. Deswegen kommt er bereits ein paar Tage früher, um die Gelegenheit zu nutzen, die Gegend zu erkunden. „Mir wurde der Strand Praia da Carvalho wärmstens empfohlen“, plaudert er aus. Der deutsche Saxophonist liebt Süd-Europa, wie er bekennt: 2007 und 2008 lebte er in Barcelona. Dort habe er die Ehre gehabt, mit Flamencomusikern zu spielen, deren Musik ihn beeinflusste.
Zu Vollbrechts Band „Fly Magic“-Band gehören noch Keisuke Matsuno, “ein begnadeter Gitarrist und Klangkünstler aus New York“ (Vollbrecht), Schlagzeuger Sebastian Merk aus Berlin und Bassist Felix Henkelhausen. Matsuno ist Vollbrechts bester Freund und langjähriger musikalischer Partner – ein Berliner mit japanischen Wurzeln. „Wir sind zusammen nach New York gegangen und haben hier studiert. Er ist ein wunderbarer Musiker, ich liebe seine Soundästhetik“, sagt Vollbrecht.
Er, der viel zwischen dem Jazz-Mekka New York und der innovativen Musikszene Berlin hin und her pendelt, spielt nicht nur Saxophon, sondern komponiert auch. Kritiker schreiben, Vollbrecht schaffe „eine magische Mischung aus Energie und emotionaler Intensität“, die zu einem Klang führe, der manchmal das Gefühl des Fliegens erzeuge. Vollbrechts "Fly Magic"-Quartett verbinde Elemente von Jazz, Post-Rock, Indie-Rock, Minimalismus und anderen neuen Trends mit einem zeitgenössischen Sound, dessen oft ruhige, langsame Töne besonders aufhorchen ließen. Das Goethe-Institut lud die Band «Fly Magic» schon Ende Januar 2016 zu einer knapp zweiwöchigen Tour nach Südostasien ein – mit Auftritten unter anderem in Hanoi, Ho Chi Minh City, Phnom Penh und Bangkok.
Schauen Sie sich einen Titel von "Fly Magic" auf diesem YouTube-Video an:
Das neuste Album "Faces in Places" gibt es hier auf Spotify zu hören.
Jazz mit 20 Instrumenten: das David Helbock-Trio
Ferner mit in Lagoa an der Algarve dabei: die österreichischen Multiinstrumentalisten des Trios von David Helbock. Die drei Jazz-Musiker – neben dem Band Leader noch Johannes Bar und Andreas Broger – arbeiten mit mehr als 20 Instrumenten bei ihren Bühnenauftritten. David Helbock, Gewinner des "Outstanding Artist" ‑Awards 2011 in Österreich, widmet sich hauptsächlich den Tasteninstrumenten. Johannes Bär beherrscht Blechblasinstrumente wie Trompete, Bassflügelhorn und Tuba. Andreas Broger steuert Klänge von Saxophon, Klarinette und Flöte bei. Außerdem mischt bei den dreien viel Percussion und Elektronik mit.
Helbock stammt aus dem kleinen Dorf Koblach bei Dornbirn an der österreichisch-schweizerischen Grenze und begann schon als Sechsjähriger Klavier zu spielen. Der Pianist gewann später mehrere Preise, so 2007 beim weltgrößten Jazz-Piano-Solo Wettbewerb auf dem Jazzfestival von Montreux. Kritiker sehen ihn bereits „ohne Zweifel auf dem Weg zu einer großartigen internationalen Musikkarriere“. Helbock gilt nicht nur als ein großartiger Pianist, sondern auch als „ein sehr individueller Denker, der nicht nur viel Fingerspitzengefühl, sondern auch eine gehörige Portion Hirnaktivität in seine Projekte investiert“.
Helbock, seit 2000 vom New Yorker Jazzpianisten Peter Madsen als Lehrer, Mentor und Freund gefördert, spielte in den vergangenen Jahren bereits in Ländern wie USA, Australien, Mexiko, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, China, Mongolei, Südafrika, Äthiopien, Kenia, Senegal, Marokko, Indonesien, Malaysia, Indien, Brasilien, Argentinien, Chile und in ganz Europa. Seit Beginn seiner musikalischen Laufbahn ist der Österreicher auch als Komponist sehr aktiv. Eines seiner Werke ist ein großes Ein-Jahres-Kompositionsprojekt, bei dem er täglich ein neues Stück schrieb. Ein Musikredakteur des Bayerischen Rundfunks hält Helbock für einen der „aufregendsten Spieler der jungen europäischen Jazzszene“. Der Zuhörer erfahre etwas Neues, wenn David Helbock spiele. Und es sei nie "kopflastige" Musik, sondern eine, die Körper und Geist begeistere.
„Einen völlig ungewöhnlichen und originellen Sound“, habe der Österreicher entwickelt, so heißt es. So darf man sich in Lagoa beim Jazz Fest auf ein abwechslungsreiches Repertoire mit Originalkompositionen, Themen aus der österreichischen Folklore und einigen Klassikern der berühmtesten Jazzpianisten freuen. Organisator António Palma, selbst erfahrener Jazz-Musiker, ist stolz darauf, den “großen Pianisten und Komponisten der neuen Generation” engagiert zu haben. „Unsere Idee hier ist immer, verschiedene Stile und Musiker aus aller Welt zu präsentieren, die hohe Qualität bieten“.
Hier ein YouTube-Beispiel für David Helbock's Sound:
Und diese anderen Musikerinnen und Musiker stehen außerdem noch auf dem Programm des Lagoa Jazz Fest von 2018:
- Elas e o Jazz (portugiesisches Gesangs-Trio) mit Joana Machado, Marta Hugon, Mariana Norton
- João Ventura (Pianist und Sänger) und Rogério Pitomba (Schlagzeug) "DIALOGE" (brasilianisches Duo)
- Mano a Mano (portugiesisches Guitarren-Duo) mit den Brüdern André und Bruno Santos
Plus Jazz im Garten – aber in Lissabon
Nicht nur deutsche und österreichische, sondern auch Schweizer Jazzmusiker und viele aus anderen Teilen der Welt hat das europäische Jazzfestival JiGG vom 3. bis 13. Juli in Portugals Hauptstadt Lissabon zu Gast. Das Kürzel steht für „Jazz im Goethe-Garten“. Partner des deutschen Goethe-Instituts sind die Botschaften von Österreich und der Schweiz, das Cervantes-Institut und das italienische Kulturinstitut.
Unter der künstlerischen Leitung von Rui Neves soll sich der schöne Garten des Lissaboner Goethe-Instituts „in einen Ort der Begegnung und eine Plattform des musikalischen Austausches“ verwandeln. Das Festival präsentiert nach Aussagen der Veranstalter „aktuelle Tendenzen des zeitgenössischen Jazz und der improvisierten Musik“.
Die erste Woche von JiGG beschließt am 6. Juli um 19 Uhr ein Konzert der jungen Schweizer Formation Trio Heinz Herbert. Die drei aus Zürich feierten ihren ersten Bühnenerfolg auf dem Jazzfestival Willisau 2016 und erlangten schnell internationale Anerkennung. Ihre ebenso experimentelle wie originelle Herangehensweise verknüpft Rockelemente mit Jazz und weist Referenzen aus Minimalismus, Noise und Metal auf. Dominic Landolt spielt E‑Gitarre und sorgt für Effekte, Ramon Landolt bedient Synthesizer, Sampler und Klavier und Mario Hänni sitzt am Schlagzeug und ist ebenfalls für Effekte zuständig. Ihre im Jazz wurzelnde, improvisierte Musik „erkundet neue Klangwelten mit einem guten Schuss Elektronik“, so das Institut. Im Gepäck für den ersten Auftritt des Trios Heinz Herbert in Portugal sei das neue Album Live at Willisau aus dem Jahr 2017.
Weitere Beteiligte aus dem deutschsprachigen Raum sind diese:
- Am 12. Juli das österreichische Duo „Also“ mit Katharina Ernst (Schlagzeug, Spielzeuge) und Martin Siewert (Gitarre, Elektronik)
- Am 13. Juli das deutsche Trio „Gorilla Mask“ aus Berlin mit Peter Van Huffel (Altsaxophon), Roland Fidezius (E‑Bass, Effekte) und Rudi Fischerlehner (Schlagzeug).
Alle Konzerte beginnen um 19 Uhr. An den anderen als den genannten Tagen des JiGG gibt es Gruppen aus Portugal, Spanien und Italien zu hören und zu sehen. Das Gartenrestaurant serviert zum Jazz einige typisch deutsche Gerichte. Tickets kosten fünf Euro, für Studenten, und Rentner ermäßigt drei Euro.
Goethe-Institut Portugal
Campo dos Mártires da Pátria, 37
1169-016 Lissabon
E‑Mail: info@lissabon.goethe.org
Telefon: ++351 218 824 510