Portugal wegen Ölbohrprojekt am Pranger
Portugal hat für seinen Plan, Öl- und Gasvorkommen in der Tiefsee vor der Küste des Süd-Alentejo und der Nord-Algarve zu erkunden, einen Negativ-Preis erhalten. Das Netzwerk für Klimapolitik CAN-Europe setzte die Regierungslizenz für ein Ölbohrprojekt 45 Kilometer vor der Küste von Aljezur auf den ersten Platz einer Liste „schlimmster Suventionen für fossile Brennstoffe“. Polen kam auf Platz zwei, Spanien auf den dritten Rang.
Auch Projekte aus Frankreich, Italien, Norwegen und Österreich waren zur Bewertung für den European Fossil Fuel Subsidies Awards 2018 nominiert. Die Abstimmung hatte vom 19. bis 13. März im Internet stattgefunden. Wir berichteten darüber in unserer Nachricht „Aktionen gegen Ölbohrpläne“.
Die negative „Goldmedaille“ wurde am Montag, 16. April, in Brüssel der portugiesischen Umweltschutzorganisation ZERO überreicht. Genau an diesem Tag endete in Portugal die öffentliche Konsultation, deren Ergebnisse wesentlich darüber entscheiden, ob für das Offshore-Ölbohrprojekt vor Aljezur eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen werden soll.
Portugals Ölbohrprojekt erhält negative „Goldmedaille“
ZERO ist Teil des gut 140 Mitglieder aus mehr als 30 Ländern umfassenden Netzwerks. Die Organisation hatte die Lizenz für das Konsortium GALP/ENI als portugiesisches Projekt in die Abstimmung eingebracht, die nun schon zum zweiten Mal stattfand. Polen geriet wegen fortgesetzter Förderung veralteter Kohlekraftwerke auf Platz zwei der Negativliste. Spanien kam wegen Kohlesubventionen und Blockierung von Solarstromproduktion auf Rang drei. Einen „Sonderpreis“ erhielt die Europäische Union für die vier Milliarden Euro teure Förderung von Maßnahmen, die den Baus von Erdgaspipelines durch die Adria und durch große Teile der türkischen Provinz Anatolien beinhalten.
Ziel des Projekts ist es, die Öffentlichkeit für staatliche Subventionen an Unternehmen zu sensibilisieren, die an Investitionen in die Exploration und die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas interessiert sind. Bei den Subventionen kann es sich sowohl um finanzielle Anreize handeln als auch um Mechanismen zur Erleichterung des Zugangs zu Ressourcen. Kritisiert werden mit dem Preis erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt und Gesundheit und die mangelnde Bereitschaft zur Bekämpfung von Subventionen und Klimawandel.
Ölbohrprojekt von Kommunen und Verbänden abgelehnt
Die Regierung von Portugal hatte die Lizenz für Bohrungen in tiefen Gewässern des Süd-Alentejo und der Nord-Algarve für ein Gebiet erteilt, das sich durch hohe Artenvielfalt auszeichnet. Die Region ist auch ein touristisches Ziel. Entsprechend heftig ist die Ablehnung des Ölbohrprojekts durch Kommunen sowie dutzende Wirtschafts- und Umweltschutz-Verbände. Sie befürchten, dass die Lizenz für Probebohrungen eine Vorstufe für die Gewährung von Rechten zur Forschung, Exploration, Gewinnung und Verarbeitung von Öl und Gas darstellt. Diese Bedenken gegen ein solches Ölbohrprojekt waren bereits in zwei öffentlichen Konsultationen mit Bürgern und Gemeinden zur Sprache gebracht worden. Dennoch verlängerte die Regierung im Januar 2018 den Konzessionsvertrag für ein weiteres Jahr. Wir berichteten in unserem Algarve News-Beitrag „Frist für Öl-Probebohrungen verlängert“.
Für ZERO weist das Ergebnis der Abstimmung des europäischen Netzwerks für Klimapolitik darauf hin, „dass die Regierung die öffentliche Meinung ignoriert hat, die sich gegen die Exploration und Ausbeutung von Öl und Gas in Portugal aussprach“, so Francisco Ferreira, der Präsident von ZERO. „Es ist inakzeptabel, dass die Regierung weiterhin den Zugang nationaler und ausländischer Ölgesellschaften zur Exploration und Ausbeutung von Öl und Gas an der portugiesischen Küste favorisiert, während das Land bis zum Jahr 2050 international eine führende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Erreichung von CO2-Neutralität einnehmen will“, sagte er.
ZERO: Ölbohrprojekt erfordert Umweltverträglichkeits-Prüfung
ZERO fordert weiterhin, dass der portugiesische Staat die Energieunternehmen zu einer Umweltverträglichkeitsprüfung zwingt. Bei einem Ölbohrprojekt zur Erforschung von Lagerstätten ist diese nur dann obligatorisch, wenn dies das Ergebnis öffentlicher Konsultationen ist. Trotz negativer Auswirkungen, die schon bei Probebohrungen entstehen können, verlangen weder das europäische Recht noch das von Portugal solche Umweltverträglichkeits-Prüfungsverfahren.
Auch der Tourismusverband RTA lehnte erneut die Exploration und Ausbeutung von Kohlenwasserstoffen vor Aljezur ab. Ferner sei zunächst eine Umweltverträglichkeitsprüfung der portugiesischen Umweltbehörde APA erforderlich, hieß es in einer am Freitag, 12. April, veröffentlichten Stellungnahme. Der Verband rief dazu auf, an der öffentlichen Konsultation unter dem Stichwort "Santola" auf der Internetseite www.participa.pt teilzunehmen. Sie läuft, wie wir bereits berichteten, noch bis zum 16. April. So solle verhindert werden, "dass dieses hoch umweltbelastende und gefährliche Projekt die Ökosysteme und die Lebensqualität in der Region gefährdet", sagte Desidério Silva, der RTA-Präsident. Er will am 11. Mai in dieser Funktion wiedergewählt werden. Sein Stellvertreter João Fernandes ist von der Sozialistischen Partei zur Gegenkandidatur aufgefordert worden.