Kurtaxe: Algarve-Pläne in der Kritik
Auf zum Teil heftige Kritik sind Pläne der kommunalen Vereinigung AMAL gestoßen, an der Algarve eine Touristenabgabe einzuführen. Das Bündnis der 16 Kreisstädte an der Südküste Portugals hatte diese Pläne Ende vergangener Woche öffentlich gemacht. In unserer Meldung „Algarve-Städte führen Kurtaxe ein“ sind wir im Rahmen unseres wöchentlichen Nachrichtenüberblicks darauf eingegangen. Wir fassen für Sie hier die bislang eingegangenen ablehnenden Reaktionen von Hotel- und Handelsverband sowie der Stadt Silves zusammen. Der Tourismusverband RTA wollte sich auf Anfrage noch nicht äußern.
Die schärfste Ablehnung kommt derzeit vom Verband AHETA der Algarve-Hoteliers. Er „verurteilt und bedauert zutiefst“, dass Touristen, welche im Urlaub die Algarve besuchen, eine „Pseudogebühr“ zahlen sollen, so eine Pressemitteilung. Die Pläne zeigten, dass es den Stadtverwaltungen an Wissen über die wahre Bedeutung des regionalen Tourismus mangele und sie nicht auf alle Fakten eingingen.
Präsident Elidérico Viegas kritisiert vor allem den Verweis auf die Beispiele von Lissabon und Porto, wo bereits solche Touristenabgaben existieren: „Während Lissabon und Porto vor allem Zielorte für Kurzurlaube und Städtereisen sind, ist die Algarve ein familienorientiertes Urlaubsziel mit längeren Aufenthalten“. Für den Fall der Einführung einer Art Kurtaxe befürchtet Viegas angesichts des direkten Wettbewerbs mit anderen Destinationen einen Nachteil für die Algarve.
Inhaltsverzeichnis
Hotels: „Kurtaxe soll Finanzprobleme der Städte lösen“
Zudem verstößt nach AHETA-Ansicht eine Tourismusabgabe in den Algarve-Städten gegen den Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung, da sie nur für Übernachtungen in den amtlich registrierten Betrieben gelten solle und nicht für die parallel anbietenden privaten Unterkünfte. Viegas vermutet, dass die Einnahmen aus der geplanten Gebühr Haushaltsschwierigkeiten beheben helfen sollen. Die Kommunen seien nicht in der Lage, eine Gegenleistung für Touristen und Urlaubsaktivitäten in der Region anzubieten. Auch Maßnahmen zur Beseitigung der Saisonabhängigkeit seien nicht zu erkennen.
Viegas: „Die Kurtaxe ist eines der Dinge, von denen wir wissen, wie es beginnt, aber nicht wann oder wie es endet“. Wer daran zweifelt, solle sich den Streit zwischen Lissabon und Porto ansehen. Für den AHETA-Präsidenten stellt die angekündigte Tourismusabgabe eindeutig eine Steuer dar, „da die Touristen weder zusätzliche oder neue Leistungen erhalten, noch bei Zahlung von einem besonderen Vorteil profitieren.“
Nach AHETA-Meinung ist die Kurtaxe illegitim, da die lokalen Behörden in dieser Angelegenheit nicht nur unzuständig sind, sondern „glücklicherweise noch nicht zur Erhebung von Steuern auf die Bürger und ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten befugt sind“. Der Hotelverband behält sich ausdrücklich vor, im Auftrag der Mitglieder und Reiseveranstalter an der Algarve alle rechtlich zulässigen Handlungen einzuleiten, „um die Umsetzung der Maßnahme zu verhindern, die als unfair und illegal angesehen wird“.
AHETA appelliert abschließend an den guten Willen der örtlichen Behörden an der Algarve, „sich nicht ins Bein zu schießen und negative Bilder von der Region und ihrem Tourismus zu hinterlassen“. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Tourismus nach einem Wachstumszyklus beginne, "eine gewisse Zurückhaltung und Stagnation bei der Nachfrage zu zeigen.“
Silves hält Kurtaxe für „verkappte Steuer“
Heftiges Sperrfeuer kommt auch von einer der Kommunen, die dem AMAL-Bündnis angehören: Silves. Bürgermeisterin Rosa Palma wandte sich in einer Pressemitteilung gegen den von dem Städtebündnis AMAL erweckten Eindruck einer einstimmigen Haltung. „In Wirklichkeit gibt es keine Einstimmigkeit unter den 16 Gemeinden der Algarve über die Anwendung der Kurtaxe“, sagte sie. Als Vertreterin von Silves habe sie bei der Abstimmung am 9. März entschuldigt gefehlt, aber die ablehnende Haltung der Stadt zur Kurtaxe schriftlich mitgeteilt.
Jorge Botelho, der Präsident von AMAL, reagiert darauf mit dem Hinweis, dass die Bürgermeisterin von Silves zwar nicht anwesend war, aber trotzdem alle übrigen 15 Verwaltungschefs einstimmig für die Kurtaxe votiert hätten. Botelho gab zu, eine entsprechende E‑Mail aus Silves erhalten zu haben, aber bei AMAL-Entscheidungen werde „durch Handzeichen abgestimmt, nicht per E‑Mail“. Am Samstag hatte AMAL eine Pressenotiz an Redaktionen gesandt, in der es hieß, dass die Entscheidung "einstimmig von den 16 Gemeinden der Algarve getroffen wurde". Botelho, der Bürgermeister von Tavira, bezeichnete das anschließend als einen Fehler der Pressearbeit. Medien zitieren ihn mit dem nachträglichen Hinweis, dass die Kurtaxe möglicherweise nicht in allen Kreisen der Algarve erhoben werde.
„Die Gemeinde Silves ist der Ansicht, dass die Einführung der Kurtaxe in der Praxis eine verkappte Steuer darstellt, da sie keine Gegenleistung bietet. Daher kann sie nur vom Parlament beschlossen und von der Regierung genehmigt werden, aber nicht vom Gemeindebund AMAL oder einer einzelnen Gemeinde“, gab Bürgermeisterin Palma zu Protokoll. Außerdem würde die Einführung „letztendlich zu einer größeren territorialen Ungleichheit und Vertiefung der intraregionalen Asymmetrien führen, zusätzlich zu kontraproduktiven Effekten bei der Tourismusförderung“. Aus grundsätzlichen Erwägungen sei die Gemeinde Silves der Ansicht, dass finanzielle Probleme von Kommunen oder Körperschaften, bei denen der Staat in der Pflicht sei, nicht durch neue Steuern gelöst werden sollten.
Handel zwar gegen Kurtaxe, aber…
Ein „einerseits, andererseits“ kommt vom regionalen Handelsverband ACRAL. Grundsätzlich lehnt er die Einführung einer Kurtaxe an der Algarve zwar ab, aber wenn die Gebühr doch komme, solle ein Teil davon in die Schaffung eines Fonds zur Unterstützung des regionalen Handels fließen, schrieb Präsident Álvaro Viegas.
"Die Einführung einer Kurtaxe wird die Aufenthaltsdauer von Touristen verkürzen, die Wettbewerbsfähigkeit der Destination verringern oder aber den Hotelsektor der Region benachteiligen. In jedem Fall ist das keine wünschenswerte Maßnahme für die Algarve", schrieb der ACRAL-Chef. Die Erhebung einer Gebühr setze die Erbringung einer Dienstleistung voraus. Diese sei aber nicht gegeben. Und eine Steuer könne nur vom Parlament beschlossen werden", sagt der Präsident des Handelsverbands.
Nach dessen Vorstellung soll bei tatsächlicher Einführung einer solchen Kurtaxe "ein Prozentsatz dieses Betrags zur Schaffung eines lokalen Handelshilfsfonds verwendet werden“. Das Geld solle etwas für die Wiederbelebung kommerzieller Aktivitäten und die Schaffung einer Marke "Algarve Commerce" ausgegeben werden. Schließlich trage der Handel zur Aufwertung von Destinationen bei, „indem er diese um die Echtheit, Tradition und Qualität der lokalen Produkte ergänzt". Auch die Revitalisierung von Stadtzentren hänge in hohem Maße vom lokalen Handel ab.
"Aber um Touristen anzuziehen, sind ständige und gemeinsame Aktionen im Bereich Transport und Animation notwendig“, ergänzte der Interessensvertreter. Der ins Gespräch gebrachte Fonds könne auch dazu beitragen, städtisches Mobiliar zu erhalten und zu erneuern, zur Schaffung kostenloses Parkplätze beizutragen oder die Sicherheit in Innenstädten und Touristenzentren zu verstärken. Ein ähnlicher Vorschlag, so der ACRAL-Präsident, sei bereits 2016 beim Gemeindebund AMAL eingereicht, aber nicht angenommen worden.
Kurtaxe – Wie alles begann
Auf der jüngsten Sitzung des Städtebunds AMAL war am Freitag, 9. März, die Entscheidung getroffen worden, eine Touristensteuer an der Algarve einzuführen. Deren noch nicht festgelegter Wert solle „in allen 16 Gemeinden gleich“ sein und deren Einnahmen von jeder der Gemeinden verwaltet und für deren Entwicklung genutzt werden.
Es sei zu früh, um ein genaues Datum für das Inkrafttreten zu nennen, hieß es unmittelbar nach dem Beschluss. Die Gebühr werde aber so schnell wie möglich kommen. Die Einnahmen sollten vor allem für Tourismus- und Kultureinrichtungen verwendet werden, um die Saisonalität zu bekämpfen und die Qualität der Tourismusdestinationen an der Algarve zu fördern ", sagte Jorge Botelho, der Präsident von AMAL. Auf künftigen Sitzungen will AMAL nun die notwendige gemeinsame Verordnung vorbereiten, die auch die Höhe der Kurtaxe festlegt. Dann müssen noch die Gemeindeparlamente zustimmen und öffentliche Konsultationen stattfinden.
Erste Anzeichen für die Planung einer Algarve-Touristensteuer waren, wie wir berichteten, Ende November 2017 aufgetreten. Die Stadt Loulé kündigte an, von 2019 an eine solche Abgabe einführen zu wollen. Sie solle einen Euro pro Übernachtung betragen und in einen Umweltfonds fließen, der Schäden beheben helfen soll, hieß es damals. Dazu werden zum Beispiel Verlust von Sand am Strand oder Folgen von Überschwemmungen gezählt. Bekannt wurden die Pläne auf einer Tagung zur Anpassung von Kommunen an Klimaveränderungen. Loulé würde laut Schätzungen durch die neue Touristensteuer jährlich etwa 2,5 Millionen Euro zusätzlich einnehmen.
Ende Dezember vergangenen Jahres wurde zudem bekannt, dass ab 1. März 2018 in Touristenunterkünften der nordportugiesischen Stadt Porto eine Abgabe von zwei Euro pro Nacht zahlen muss, wer dort übernachtet. Der Stadtrat beschloss die Abgabe, um „sichere Finanzierungsquellen für den Ausgleich von Beeinträchtigungen durch den Tourismus“ zu garantieren. Die Gebühr gilt für Personen im Alter von über 13 Jahren, die höchstens sieben Nächte in Porto bleiben. Befreit davon sind Gäste, die sich zur medizinischen Behandlung in der Stadt am Douro aufhalten, sowie Menschen mit einer Erwerbsminderung von mehr als 60 Prozent. In Lissabon war die Touristenabgabe mit einem Euro pro Person nur halb so hoch festgesetzt worden.