Brandschutz: Ist Portugal bis 15. März gerodet?
Um den Brandschutz zu verbessern, hat die portugiesische Regierung per Verordnung alle privaten Grundstückbesitzer in waldnahen Ortsgebieten verpflichtet, bis zum 15. März die Flächen so feuersicher wie möglich zu machen. Da Einheiten der republikanischen Nationalgarde GNR bereits bei Patrouillen prüfen, wer sich wie an die Vorschriften hält, ist es zu Meinungsverschiedenheiten über das Ausmaß an notwendigen Rodungen gekommen. Viele Haus- und Grundbesitzer beschwerten sich, die eingeräumte Frist für die Säuberung bewachsenen Lands sei zu kurz. Drohen jetzt massenhaft hohe Geldstrafen zwischen 140 und 5.000 Euro für Einzelpersonen, wie es in einer E‑Mail der Steuer- und Zoll-Behörde an Grundstücksbesitzer heißt? „Algarve für Entdecker“ hat recherchiert und versucht, mehr Klarheit in dieser Angelegenheit zu schaffen.
Am Morgen des 12. März zeigte Landwirtschaftsminister Luís Capoulas Santos im portugiesischen Radiosender Antena 1 Verständnis dafür, dass sich viele Eigentümer von der gesetzten Frist für den Brandschutz überfordert fühlten. Er deutete an, dass die Regierung nicht vorhabe, vom 16. März an möglichst viele Bußgeldbescheide zu verschicken, wenn der Rodungspflicht noch nicht Genüge getan worden sei. Der Stichtag sei gewählt worden und bleibe bestehen, damit bis Ende Mai, zum Beginn der Periode „Charlie“ mit höchster Waldbrandgefahr, alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden könnten. Schon Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa hatte vor einigen Tagen eine gewisse „Elastizität“ der Behörden vorausgesagt.
Update 16. März: Inzwischen hat die Regierung die Reinigungsfrist um zehn Wochen verlängert: Immobilienbesitzer, die bis Ende Mai ihr Grundstück säubern, brauchen durch eine Änderung der Verordnung nicht mit einer Geldstrafe zu rechnen. Wo bislang überhaupt noch nichts geschah, können die lokalen Behörden jedoch die Arbeiten einleiten und die Eigentümer später mit den Kosten belasten.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Brandschutz blieb in Portugal längere Zeit vernachlässigt
- 2 Dieser Brandschutz ist jetzt fällig
- 3 Empfehlungen für besseren Brandschutz
- 4 Mehr Brandschutz soll Feuersbrünste verhindern helfen
- 5 Verstärkter Brandschutz ist zwingend notwendig
- 6 Hilfen beim Brandschutz, der Feuer verhütet
- 7 Verwirrung und Missverständnisse rund um den Brandschutz
- 8 Brandschutz: In wenigen Tagen nachholen, wass viele Jahre lang versäumt wurde
Brandschutz blieb in Portugal längere Zeit vernachlässigt
Sollten Betroffene begründen können (Anmerkung der Redaktion: etwa durch Verweis auf das schlechte Wetter der letzten Wochen), dass die Brandschutz-Arbeiten nicht zu schaffen waren, sei dies den Beamten ja „leicht zu erklären“, sagte Minister Santos im Rundfunk. Niemand werde dann dafür bestraft. „Allerdings muss er die Arbeiten in den kommenden Wochen erledigen oder erledigen lassen“, sagte der Minister. Wer sich jedoch als Eigentümer nicht um seine Fläche kümmere oder auf Aufforderungen nicht reagiere, müsse im Interesse der Allgemeinheit mit Bußgeldern rechnen. Die Gemeinden seien ab 15. März dann verpflichtet, die für die Eigentümer kostenpflichtigen Arbeiten zum Brandschutz einzuleiten. Nach Santos‘ Worten gibt der portugiesische Staat in den primär zu versorgenden Regionen 14 Millionen Euro für den Brandschutz und die Waldpflege aus, etwa durch die Schaffung neuer Brandschneisen.
Der Minister räumte ein, sich darüber im Klaren zu sein, dass das Nachholen seit Jahren versäumter Brandschutz-Arbeiten eigentlich viele Monate dauere. Aber bis Ende Mai müsse so viel wie möglich geschafft werden, um eine ähnliche Waldbrand-Katastrophe wie 2017 (wir berichteten) zu vermeiden.
Die Reaktion unter vielen Algarve-Residenten war von Unverständnis über das späte Aktivwerden des Staates geprägt. "Das ist eigentlich eine vernünftige Sache, aber von der Durchführung sehr portugiesisch – auf den letzten Drücker", schrieb uns ein deutscher Leser, der in Estoi wohnt, und eine Aufforderungs-E-Mail von der Autoridade Tributária e Aduaneira erst am 22. Februar erhalten hatte. "Das Ganze muss jetzt bis Mitte März gemacht werden, sonst gibt's eine ordentliche Strafe. Das hätte man auch schon im Herbst ansagen können", ergänzte er. Für viele, die ein Ferienhaus an der Algarve hätten, sei das schwer zu realisieren, wenn sie nicht vor Ort seien. "Das gilt aber auch für die meisten meiner portugiesischen Nachbarn, wenn ich mir deren Grundstücke so anschaue", endet die E‑Mail.
Dieser Brandschutz ist jetzt fällig
Unser Online-Magazin kann hier sicher nicht alle Fragen beantworten. Die Informationslage ist nicht unkompliziert und ändert sich vergleichsweise häufig. Deshalb ist im Zweifelsfall eine gute fachmännische Beratung wichtig. Doch kann zu den Verpflichtungen zum Brandschutz, die bis zum 15. März erfüllt sein müssen bzw. sollten, generell das Folgende gesagt werden, das sich aus den verfügbaren Informationen ergibt:
Gemessen von der Außenwand eines Hauses muss die Vegetation gesäubert werden,
- in einem Abstand von mindestens 50 Metern, wenn der Boden mit Wald, Büschen und Sträuchern oder Naturgras bedeckt ist
- in einem Abstand von mindestens 10 Metern, wenn in ländlichen Gebieten der Boden zu anderen Zwecken genutzt wird.
Vier Vorgaben für den Brandschutz gilt es dabei einzuhalten:
- Der Raum zwischen Baumwipfeln sollte mindestens vier Meter betragen, in maritimen Pinien- und Eukalyptus-Beständen müssen zwischen den Baumkronen sogar mindestens zehn Meter liegen.
- Bäume sind ab einer Höhe von mehr als vier Metern über dem Boden zu beschneiden. Bei Bäumen bis zu einer Höhe von acht Metern ist die unter Hälfte (50 Prozent) zu stutzen.
- Bäume und Sträucher müssen fünf Meter von den Gebäuden entfernt stehen. Äste dürfen nicht über die Dächer ragen.
- Buschwerk darf nicht höher als 50 Zentimeter sein.
- Feuerholz, Bauschutt und anderes entflammbares Material darf nicht in einem Umkreis von 50 Metern ums Haus gelagert werden.
Weitere detaillierte Hinweise gibt es zum Beispiel in einem deutschen Informationsblatt, das von der Webseite einer Anwaltskanzlei heruntergeladen werden kann.
Empfehlungen für besseren Brandschutz
Darüber hinaus gibt es weitere sieben Maßnahmen zum Brandschutz, die das portugiesische Wald- und Naturschutz-Institut ICNF und die britische Organisation Safe Communities Portugal in einem gemeinsamen Merkblatt "A Definite Guide to Rural Fire Prevention and Land Cleaning" in der aktualisierten Fassung vom 8. März empfehlen:
- Sorgen Sie rund um Ihr Gebäude für einen ein bis zwei Meter breiten Streifen Fußweg aus nicht entflammbarem Material.
- Vermeiden Sie in einem Abstand von zehn Metern um Ihr Haus sehr leicht entzündliche Pflanzen und andere Vegetation, die schnell austrocknet. Vermeiden Sie ebenso Hecken aus Material, das viel Trockenholz beinhaltet, ölig oder harzig ist, sowie Umzäunungen, die aus Schilfrohr oder Stroh bestehen.
- Stellen Sie sicher, dass Ihre Wasserleitungen und Schläuche in Ordnung sind.
- Weil das Dach eines der verwundbarsten Teile des Hauses ist, entfernen Sie Graß, Moos, Blätter und Zweige vom Hausdach, von den Dachrinnen und den Abflussrohren. Installieren Sie einen Funkenschutz im Kamin.
- Schützen Sie Türen und Fenster mit Außenjalousien oder Rollläden. Verwenden Sie Doppelverglasung mit Sonnenschutz und entscheiden Sie sich für Schiebefenster.
- Halten Sie den Zugang zu Ihrem Haus von Hindernissen freu und schaffen Sie Platz für das Wenden von Fahrzeugen.
- Halten Sie eine ständig aktualisierte Liste mit Notfall-Kontakten bereit.
Mehr Brandschutz soll Feuersbrünste verhindern helfen
Waldbrände gehören zu den schwerwiegendsten Naturkatastrophen in Portugal, nicht nur wegen der Häufigkeit, mit der sie auftreten, sondern auch wegen ihrer zerstörerischen Auswirkungen auf Menschen, deren Eigentum, die Wirtschaft und die Umwelt. 2017 kamen mehr als 110 Menschen durch die Brände vom Juni und Oktober ums Leben. Über 520.000 Hektar Wald, Sträucher, Weide- und Ackerland verbrannten, Menschen verloren Häuser und Geschäfte. 2003 war ähnlich viel Fläche ein Raub der Flammen geworden: fast 426.000 Hektar.
Zwar bestehen in Portugal schon seit langem Vorschriften zum vorbeugenden Brandschutz, aber diese wurden in der Vergangenheit wenig kontrolliert und oft noch weniger umgesetzt. Darum überarbeitete die portugiesische Regierung ihre Gesetze und Verordnungen. Nunmehr sind Landbesitzer verpflichtet, bis 15. März 2018 definierte Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Die Geldbußen bei Missachtung wurden verdoppelt: Für Einzelpersonen liegen sie zwischen 140 und 5.000 Euro, für Institutionen zwischen 1.500 und 60.000 Euro, so die Steuer- und Zoll-Behörde. Bis zum 31. Mai 2018 müssen die Kommunen in Portugal sicherstellen, dass alle entsprechenden Arbeiten abgeschlossen sind.
Verstärkter Brandschutz ist zwingend notwendig
Im Durchschnitt werden jedes Jahr rund 110.000 Hektar durch Brände zerstört, die zu schätzungsweise 90 Prozent durch Nachlässigkeit, aber auch vorsätzlich verursacht werden. Einige der größten Brände, darunter die Feuer von Madeira und Monchique im Jahr 2015, waren zum Beispiel das Werk von Brandstiftern. Die Kriminalpolizei nahm 2017 allein mehr als 80 Personen wegen Taten in Zusammenhang mit Waldbränden fest.
Nachlässiges Verhalten, das die Entstehung von Waldbränden begünstigt, besteht insbesondere
- im Reinigen des Landes durch Abbrennen während der kritischen Periode vom 1. Juli bis zum 30. September eines jeden Jahres
- im Unterlassen angemessener Vorkehrungen in Zeiten, in denen eine solche Säuberung des Landes grundsätzlich erlaubt ist und
- in anderen fahrlässigen Verhaltensweisen wie dem Wegwerfen von Zigarettenkippen oder dem Grillen im Wald.
Die Ausbreitung von Waldbränden hängt ab von den Wetterbedingungen (Windrichtung und – stärke, relative Luftfeuchtigkeit, Temperatur), vom Grad der Trockenheit und der Art der Bodenbedeckung, von der Lage des Geländes, vom Zugang zum Brandort und vom Zeitpunkt des Bekämpfungsbeginns (Zeit zwischen Alarmierung und Eingreifen der Feuerwehr).
Hilfen beim Brandschutz, der Feuer verhütet
Um einheimische und ausländische Residenten der Algarve dabei zu unterstützen, vorbeugende Maßnahmen gegen Feuer im ländlichen Raum zu ergreifen, veröffentlicht die Organisation Safe Communities Portugal regelmäßig einen umfassenden und aktualisierten Leitfaden. Die aktuelle Version 2018 des Definitive Guide to Rural Fire Protection and Land Cleaning – Current 2018 sowie weitere wichtige Informationen können auf der Webseite der Organisation heruntergeladen werden.
Verwirrung und Missverständnisse rund um den Brandschutz
Die Frist für Grundbesitzer, ihre Flächen frühzeitig vor der diesjährigen "Feuersaison" bis zum 15. März zu säubern, war recht schnell von einigen lokalen Behörden als "nicht umsetzbar" bezeichnet worden. Ein Landschaftsarchitekt, der sich öffentlich zu Wort meldete, hielt die Brandschutz-Verordnung sogar für „möglicherweise illegal". Andere Kritiker sprachen von „einfach unsinnigen“ Vorschriften. Jeder Steuerzahler des Landes hatte die neue Verordnung per E‑Mail zugesandt bekommen. Sie warf aber viele Fragen auf, unter anderem deswegen, weil nicht genügend zwischen verschiedenen Arten von Bäumen unterschieden und nicht auf Spezifika bestimmter Regionen, wie zum Beispiel der "Serra de Sintra" eingegangen wird.
Die Zeitschrift Público veröffentlichte einen Beitrag mit der Überschrift: "Nein, nicht alle Bäume rund um das Haus müssen abgeholzt werden". Die Boulevardzeitung Correio da Manhã brachte eine Doppelseite zum Thema, die aber einige Zweifel noch verstärkte und manche Verwirrung auslöste. Das Blatt und die Polizei erhielten über die Sonder-Telefonnummer „SOS Ambiente“ (808 200 520) daraufhin viele Anfragen. Laut Medienrecherchen verlangen Unternehmen, die bislang rund 1.200 Euro für die Rodung eines Hektars Land in Rechnung gestellt hatten, jetzt dreimal so viel. Es würden sogar Arbeiter aus Spanien für solche Arbeiten angeheuert.
Anfang März hatte Innenminister Eduardo Cabrita bei einem Besuch in Portimão die bessere Vorbereitung des Landes auf die bevorstehende Waldbrand-Saison unterstrichen. Er lobte, wie die Hafenstadt Schutzstreifen rund um Siedlungen angelegt habe. „Was ich im ganzen Land bemerke, ist eine große Anstrengung von Kommunen, der Waldwirtschaft und der Sicherheitskräfte in Sensibilisierungsinitiativen“, erklärte der Minister. Er räumte ein, dass von den für dieses Jahr angekündigten 50 Löschflugzeugen bisher nur zehn einsatzbereit seien. Aber 600 GNR-Rekruten hätten in Portalegre mit der Ausbildung für neue Interventionstruppen begonnen, die als Ersthelfer bei problematischen Flächenbränden eingesetzt werden sollen.
Brandschutz: In wenigen Tagen nachholen, wass viele Jahre lang versäumt wurde
Doch der Bürgermeister von Monchique, Rui André, zeigte sich anlässlich des Minister-Besuchs in der Nachbarschaft grundsätzlich skeptisch: "Es ist unmöglich, in 15 Tagen zu tun, was in 15 Jahren nicht getan wurde", sagte er Anfang März in die Fernsehkameras der RTP-Sendung "Portugal em Direto". Nach seinem Eindruck weicht die Regierung im Wesentlichen dem Thema aus und überlässt Immobilienbesitzern und Kommunen „eine gigantische Aufgabe“, die sie nicht bewältigen könnten.
Wie zu hören ist, interpretierten zwischenzeitlich manche Grundeigentümer die neue Verordnung so, dass sogar sämtliche Bäume in einem Umkreis von 50 Metern rund um Häuser und 100 Meter rund um Siedlungen mit mehr als zehn Häusern im ländlichen Raum beseitigt werden müssten. Mehrere Stadtverwaltungen sollen unterdessen zugegeben haben, dass sie weder das Personal dafür haben, die Ausführung der Arbeiten zu überprüfen, noch sie stellvertretend zu übernehmen.
Grünexperten wiesen darauf hin, dass bei Rodung im März das Gestrüpp bis August wieder Zeit zum Wachsen habe. Würden viele Bäume gefällt, verstärke dies noch das Wachstum brennbaren Strauchmaterials. Andere Kritiker sehen eine Diskrepanz darin, dass Bürger ihre Gärten und Grünanlagen aufräumen müssten, die Regierungsflächen im Wald von Monsanto aber offensichtlich unberührt blieben.