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Algar­ve für Ent­de­cker-Buch­be­spre­chung: Fett­näpf­chen­füh­rer Portugal

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PortugalDas neue Buch der Por­tu­gal­ken­ne­rin und ‑Lieb­ha­be­rin Anne­gret Hein­old, Autorin von "111 Grün­de Por­tu­gal zu lie­ben", trägt den Titel "Fett­näpf­chen­füh­rer Por­tu­gal – Die Kunst des Impro­vi­sie­rens im Land der Ent­de­cker" und ist in der Rei­he "Fett­näpf­chen" des Con­book Ver­lags erschie­nen. Es kos­tet 11,95 €.

Das Buch lässt sich nicht ein­deu­tig in eine der gän­gi­gen Kate­go­rien der Rei­se­li­te­ra­tur ein­ord­nen. Es ist eine Mischung aus Kurz­ge­schich­ten­sam­lung, lan­des­kund­li­cher Ein­füh­rung, Rei­se­füh­rer, Sprach­füh­rer, und (por­tu­gie­si­schem) Knigge.

Die fik­ti­ven Haupt­fi­gu­ren Ste­pha­nie und Alex haben beschlos­sen für ein Jahr nach Por­tu­gal zu gehen. Ste­pha­nie hat eine Stel­le als Deutsch­leh­re­rin in Lis­sa­bon. Alex geht ein Jahr zum Stu­di­um nach Avei­ro und freut sich schon auf das Sur­fen. Anhand der Erfah­run­gen, die die Bei­den wäh­rend ihres Auf­ent­halts machen, erhält der Leser einer­seits ein viel­fäl­ti­ges Bild über die Anders­ar­tig­keit des por­tu­gie­si­schen All­tags im Ver­gleich zum All­tag in deutsch­spra­chi­gen Län­dern in ihren zahl­rei­chen Facet­ten und ande­rer­seits sprach­li­ches, kul­tu­rel­les, poli­ti­sches, archi­tek­to­ni­sches und his­to­ri­sches Fak­ten­wis­sen über Por­tu­gal. The­ma­ti­siert wer­den bei­spiels­wei­se das typi­sche Früh­stück und die unter­schied­li­chen Arten Kaf­fee zu ser­vie­ren, die Benut­zung von Anre­de und Titeln in Por­tu­gal, wie geheizt wird, das Kli­ma, Lis­sa­bon und Por­to, Gast­ge­schen­ke, Schlan­ge ste­hen, öffent­li­che Ver­kehrs­mit­tel, der Umgang mit Zeit, Nudis­ten, Hun­den, Alko­hol und Fern­se­her, die por­tu­gie­si­sche Küche, die Bezie­hung zwi­schen Por­tu­gal und Spa­ni­en, die Fami­lie, Stock­fisch und sei­ne Zube­rei­tungs­ar­ten, Port­wein, die Wirt­schafts­kri­se und natür­lich der Fado.

Den 34 Kapi­teln ist jeweils ein zu der geschil­der­ten Situa­ti­on pas­sen­des por­tu­gie­si­sches Mot­to oder Sprich­wort mit deut­scher Über­set­zung vorangestellt.

Die Kapi­tel, bis auf den Epi­log, glie­dern sich in vier Tei­le. Eine Spiel­sze­ne aus dem por­tu­gie­si­schen All­tag von Ste­pha­nie oder Alex mit dem Fett­näpf­chen, einen Teil der "Was ist hier schief­ge­lau­fen?" über­schrie­ben ist und die Situa­ti­on ana­ly­siert und einen wei­te­ren Teil mit Lösungs­vor­schlä­gen, der "Was kön­nen Sie bes­ser machen?" heißt. BuchAm Ende jedes Kapi­tels fin­det sich ein typo­gra­phisch abge­setz­ter, erläu­tern­der Abschnitt, der prak­ti­sche Infor­ma­tio­nen zu den ange­spro­che­nen The­men ent­hält und stel­len­wei­se auf die vom Ver­lag unter­hal­te­ne Samm­lung mit audio­vi­su­el­lem Infor­ma­ti­ons­ma­te­ri­al ver­weist. Erwäh­nens­wert ist auch der Anhang mit Lite­ra­tur- und Film­tipps zu Portugal.

Ste­pha­nie und Alex machen in man­chen Situa­tio­nen einen etwas unbe­hol­fe­nen und nai­ven Ein­druck. Eini­ge der Fett­näpf­chen in die sie tre­ten, haben sie eigent­lich selbst auf­ge­stellt.  Zum Bei­spiel Alex, der wäh­rend einer sonn­täg­li­chen Ein­la­dung zum Mit­tag­essen bei den Eltern sei­ner Freun­din das Essen der Mut­ter, Bacal­hau, nicht ein­mal pro­bie­ren will oder aber ein­fach so, ohne zu fra­gen, den ja in Por­tu­gal fast immer und über­all lau­fen­den Fern­se­her aus­schal­tet. Das hat eher mit schlech­ter Erzie­hung zu tun, als mit inter­kul­tu­rel­len Unter­schie­den. Kaum ein Mensch käme in Deutsch­land auf die Idee, als Gast ohne vor­he­ri­ge Ankün­di­gung nicht zu essen, was auf den Tisch kommt, oder ein­fach die Musik oder das Fern­se­hen des Gast­ge­bers abzuschalten.

Das leicht und ange­nehm zu lesen­de Buch ist eine bun­te und umfang­rei­che Samm­lung von Infor­ma­tio­nen in einer unkon­ven­tio­nel­len Form, die jedem nüt­zen kann, der Por­tu­gal bereist. Beson­ders geeig­net ist es aber auch für Men­schen, die pla­nen, sich län­ge­re Zeit in Por­tu­gal jen­seits der Tou­ris­ten­pfa­de auf­zu­hal­ten, sei es nun beruf­lich oder privat.

 

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0 Gedanken zu „Algar­ve für Ent­de­cker-Buch­be­spre­chung: Fett­näpf­chen­füh­rer Portugal

  • Ach, da sind Sie aber jetzt sehr streng mit dem Buch, lie­be Bere­ni­ke Jacob. Die Rei­he heißt nun­mal "Fett­näpf­chen­füh­rer", des­halb muss man manch­mal etwas poin­tie­ren und dann erscheint es viel­leicht ein wenig über­trie­ben, vor allem in der Häu­fung. Ich den­ke, dass die aller­meis­ten Lese­rIn­nen die Geschich­ten unter­halt­sam und infor­ma­tiv fin­den wer­den, und wis­sen, wo etwas stark poin­tiert und viel­leicht auch über­trie­ben wur­de – um die kul­tu­rel­len Eigen­hei­ten ein biss­chen bes­ser zu illus­trie­ren. Mir geht es jeden­falls so, und ich ken­ne Por­tu­gal auch ein biss­chen und lie­be das Land und die Leu­te sehr.

    Antworten
  • Buch­be­spre­chung
    Ich hielt das Buch von Anne­gret Hein­old mit einer gewis­sen Erwar­tungs­hal­tung in den Hän­den, weil die Autorin über mei­ne seit 33 Jah­ren neue Hei­mat schreibt. Nach­dem ich das Buch gele­sen habe, gab ich es, ohne etwas über den Inhalt oder mei­nen Ein­druck zu verraten,einigen Bekann­ten zum Lesen, die mei­ne Ent­täu­schung über den Inhalt der Lek­tü­re teilen.
    War­um bin ich entäuscht? Weil es der Autorin nicht gelingt, die Poe­sie der por­tu­gie­si­schen Spra­che ins Deut­sche zu trans­por­tie­ren, ist ein Grund, aber nicht der ein­zi­ge. Es hat außer­dem den Anschein, dass bei Frau Hein­hold Por­tu­gal bloß bis zum Alen­te­jo reicht, Algar­ve ist für die Autorin anschei­nend ledig­lich eine Tou­ris­ten­land­schaft, die kei­ner Erwäh­nung bedarf. Ich bin ent­täuscht, weil Frau Hein­hold die offe­ne und herz­li­che Gast­freund­schaft der Por­tu­gie­sen durch gewis­se For­mu­lie­re­un­gen bei­na­he mit Füßen tritt.
    Seit mei­ner Ankunft in Por­tu­gal, füh­le ich mich mit mei­nen Kin­dern will­kom­men wur­de von Nach­barn und Bekann­ten von Her­zen ein­ge­la­den an den Tisch gebe­ten, auch wenn ich allei­ne oder mit mei­nen Kin­dern irgend­wo unan­ge­mel­det zu Besuch kam.
    Ich konn­te immer offen sagen, das ich z.B. kei­ne Süß­kar­tof­fel mag, ich mir aber dafür sehr ger­ne eine Brot­schei­be neh­men wür­de. Und wenn die Essens­men­ge mal nicht reicht, wird schnell ein Spie­gelei auf­ge­tischt. Obst und Kuchen gibt es immer und nach jedem Essen, genau­so eine Tas­se Bica (por­tu­gie­si­scher klei­ner Kaffee/Espresso) oder “Mucke­fuck”. (es wäre schön wenn die Autorin den por­tu­gie­si­schen Begriff hier ein­ge­setzt hätte)
    Ich bin ent­täuscht, weil Frau Hein­hold kli­schee­haft ver­al­te­te Vor­ur­tei­le her­vor kramt, die ich so nie erlebt habe, und die meis­ten mei­ner Bekann­ten sind die­se Ver­hal­tens­wei­sen die von der Autorin beschrie­ben wer­den, eben­so fremd.
    Ich kann mit “mei­nen” por­tu­gie­si­schen Bekann­ten über Spa­ni­en und Spa­ni­er reden, ich bekom­me als Frau in den Gast­stät­ten immer und über­all und als Ers­te eine Spei­se­kar­te gereicht, und ich kann selb­stän­dig bestellen.
    Viel­leicht bin ich auch bloß des­we­gen ent­täuscht, weil mei­ne Erwar­tung an das Buch und an das The­ma, in die­sem Buch nicht erfüllt wer­den. Dar­aus möch­te ich kei­nen Vor­wurf kon­stru­ie­ren, erwar­te aller­dings trotz­dem von einer nach Por­tu­gal Aus­ge­wan­der­ten Deut­schen mehr Fein­ge­fühl für ihre Wahl­hei­mat, als nur anein­an­der gereih­te Worte.
    Es gibt Vie­les, was ich in dem Buch ver­mis­se und ich ste­he mit die­ser Mei­nung nicht allei­ne. Zum Bei­spiel erwähnt die Autorin mit kei­nem ein­zi­gen Satz, wie flei­ßig und hart Por­tu­gie­sen arbei­ten und in wel­chem Lohn­ver­hält­nis. Sie schreibt auch Nichts über die Fröh­lich­keit der Por­tu­gie­sen, trotz schwe­rer Arbeit und klei­nem Gehalt. Laut ken­ne ich Por­tu­gie­sen dann, wenn sie fröh­lich fei­ern, ansons­ten sind es eher schweig­sa­me, beson­ne­ne Menschen.
    Die­se eine letz­te Bemer­kung ist mir noch erlaubt: Egal, wo ich mein Zuhau­se auf die­ser Welt hät­te, wür­de ich es als Respekt­lo­sig­keit, gar Unge­zo­gen­heit emp­fin­den, wenn ein Gast mein Haus betritt und unge­fragt das Fern­seh­ge­rät aus­schal­tet. Mehr als einen hal­ben Stern bekommt die Autorin von mir nicht.
    Bere­ni­ke Jacob

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